Kein Kind mehr, aber auch noch nicht wirklich erwachsen: Ein leichtes Mädchen (Kinostart 12. September 2019) erzählt die Geschichte der 16-Jährigen Naïma, die gerade dabei ist, sich und die Welt neu zu entdecken. Ihre ältere Cousine Sofia, die aus der Stadt zu besuchen gekommen ist, wird für sie mit ihrer unbeschwerten Art und dem glamourösen Leben zum Vorbild der Jugendlichen. Wir haben Zahia Dehar, die im Film die Rolle der Sofia spielt, bei der Deutschlandpremiere auf dem Filmfest München 2019 getroffen und konnten ihr einige Fragen zu dem Film und ihren eigenen Erfahrungen als Jugendliche stellen.
Warum sind Sie Schauspielerin geworden?
Ich hab das Kino und Filme schon immer geliebt, seit ich ganz klein bin. Ich kann bis heute tagelang Filme anschauen und werde der Sache nie überdrüssig. Ich liebe wirklich Kino und Filme über alles. Ich hätte aber nie gedacht, dass ich jemals in die Situation kommen möchte, mich selbst daran zu beteiligen. Marilou Berry hat mir eines Tages eine kleine Rolle angeboten. Ich habe das dann gespielt und hatte großen Spaß daran und so hat sich das dann entwickelt.
Welche Filme mögen Sie gerne?
Ich liebe Luis Buñuel. Ich liebe sein Dieses obskure Objekt der Begierde. Dann gibt es Die Göttliche, ein chinesischer Stummfilm aus den 1930ern von Wu Yonggang. Ich liebe diesen Film, weil er damals schon eine gewisse Kategorie von Frauen verteidigte, die diskriminiert wurden. Der Film war revolutionär und ist es bis heute geblieben. Ich liebe auch Roman Polanski, alle seine Filme, am meisten jedoch seinen Bitter Moon.
Wie war die Erfahrung für Sie, als Schauspielerin zu arbeiten?
Ich hab das total geliebt. Ich hab das Gefühl, ich mache die ganze Zeit nur etwas, das mich unterhält und belustigt. Es ist zwar Arbeit, es erfordert viel Disziplin, Filme zu machen, aber zugleich ist es etwas, das mich komplett begeistert. Ich habe tagelang gar nicht gemerkt, dass ich gearbeitet habe, von den Proben bis zum Dreh, das war für mich ein einziges Vergnügen. Es hat mir vor allem auch viel Leichtigkeit gebracht. Eine Leichtigkeit, die man vielleicht mit der Leichtigkeit eines spielenden Kindes vergleichen könnte. Eine Leichtigkeit, die mir auch geholfen hat, aus dem Alltag auszubrechen, der ja immer eine gewisse Monotonie mit sich bringt. Jedes Mal eine andere Person spielen zu können. Jedes Mal in ein anderes Universum eintauchen zu können.
Wie sehr können Sie sich mit der Rolle der Sofia identifizieren?
Ich glaube, wir sind einander schon sehr ähnlich. Es hat mir eine Menge Spaß bereitet, diese Figur zu spielen, auch wenn sie natürlich komplette Fiktion ist. Wir haben beide diesen Durst nach Abenteuer, diesen Lebensdurst. Wir sind beide stark an der Freiheit interessiert. Sie steht eindeutig für Figuren und Personen, die ich bewundere. Insofern war es für mich etwas ganz Tolles, sie zu verkörpern. Sie steht für mich für Personen, die mich inspirieren können, die völlig frei sind und sich ausleben können. Ich denke, sie gespielt zu haben, hat mich noch ein wenig freier gemacht. Ich merke deutlich, wie ich mir viel öfter Freiheiten nehme, wie ich meine Freiheit viel bewusster wahrnehme. Wie ich mich auch bewusster von dem distanzieren kann, was die Gesellschaft an lächerlicher Moral für uns bereithält.
Man könnte aber auch argumentieren, dass sie nicht wirklich frei ist, weil sie Männer braucht, um sich auszuleben.
Wir sind doch alle lebendig und die Natur hat uns so gemacht, dass wir körperliche und sexuelle Bedürfnisse haben. Dass wir einen Partner oder eine Partnerin brauchen, die uns stimulieren, sonst werden wir hysterisch. Wir brauchen jemanden an unserer Seite. Manche Leute sind sehr stark unterworfen und sehr unfrei und haben vielleicht auch nur eingeschränkt diesen Zugang. Wir brauchen vor allem den anderen, um unser Gehirn zu stimulieren. Sofia verbindet in dem Moment das Nützliche mit dem Angenehmen. Sie hat da ihren Weg gefunden. Es mag Leute geben, die das als weniger frei empfinden. Für mich ist sie aber eindeutig frei und nutzt die Chancen, die sich ihr ergeben. Andere, die diese Chancen nicht nutzen oder nicht verstehen, wie diese Austauschbasis funktioniert, sind dann vielleicht sehr traurig und haben weniger Aufmerksamkeit, die ihnen gewahr wird. Wir sind alle in dieser Welt, um mit anderen ins Gespräch und in den Austausch zu kommen. Und natürlich ganz zentral, um sich anregen zu lassen.
Ein weiteres Thema in dem Film ist der Wert des Menschen. Sofia begegnet mehreren Männern, die ihren eigenen Wert daran festmachen, wie viel sie besitzen. Was bestimmt für Sie den Wert eines Menschen?
Das ist eine interessante Frage. Ich würde sagen, Empfindsamkeit und Mitgefühl für andere, selbst wenn sie weit weg sind. Wenn die Welt mehr Empfindsamkeit und Mitgefühl hätte, wäre sie ein besserer Ort.
Die zweite Hauptfigur in dem Film ist Ihre jüngere Cousine Naïma, die noch ihren eigenen Weg sucht. Als Sie jung waren, was wollten Sie einmal werden? Was war Ihr Traum?
Ich wollte Pilotin werden.
Und wovon träumen Sie jetzt?
Davon gibt es viele. Im Wesentlichen, dass ich mich weiter entwickeln und entfalten kann und ich an weiteren so begeisternden Projekten wie Ein leichtes Mädchen teilnehmen kann. Das ist wirklich schon die Erfüllung eines großen Traumes.
Wenn Sie Ihrem jüngeren Ich einen Rat geben könnten, welcher wäre das?
Ich glaube, der einzige Rat, den ich mir als Kind nicht genug gegeben habe, ist der: Pass auf, es gibt viele böse Menschen da draußen. Diesen Rat hätte ich wirklich gut gebrauchen können.
Und wenn Sie einem anderen jungen Mädchen einen Rat geben könnten, das noch seinen Weg sucht, was würden Sie ihm sagen?
Das hängt ganz davon ab, wer dieses junge Mädchen ist. Ich würde ihm vor allem raten, es selbst zu sein und sich nicht irgendwelchen Vorurteilen zu unterwerfen, die völlig unsinnig sind. Die Mädchen sollen sie selbst und – ganz wichtig – authentisch sein.
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