Sie wollen ihre Freiheit, endlich unabhängig sein. Und sie haben eine Idee, wie sie das erreichen können: Als 1976 ein Schulbus in Dschibuti entführt wird, dann um damit nach Somalia zu fahren. Doch kurz bevor sie die Grenze erreichen, bleibt das Fahrzeug mitten auf der Strecke liegen. Rasch positionieren sich alle Parteien, um irgendwie die Oberhand zu gewinnen, doch die Terroristen sind schwer bewaffnet, jeder Eingriff würde das Leben der Schüler und der amerikanischen Lehrerin Jane Andersen (Olga Kurylenko) gefährden. Nun liegt es am französischen Scharfschützen André Gerval (Alban Lenoir), die Situation noch irgendwie zu retten …
Unabhängigkeitskämpfe kommen eigentlich nie aus der Mode, weltweit kämpfen Männer und Frauen um ihre Freiheit, mit mal mehr, mal weniger friedlichen Mitteln – siehe Hongkong, siehe die Kurden oder auch die Schotten, die im Zuge des Brexits einen erneuten Anlauf wagen, aus dem Vereinigten Königreich auszutreten. Aus dem Grund ist 15 Minutes of War auch nach wie vor aktuell, selbst wenn es die auf einer wahren Begebenheit basierende Geschichte nicht ist. Seit 1977 bereits ist Dschibuti frei, nachdem es zuvor jahrzehntelang französische Kolonie war. Doch das konnten die Entführer ein Jahr zuvor nicht wissen, weder die im Film, noch die realen.
Einfach nicht drüber nachdenken …
Wobei sich Regisseur und Drehbuchautor Fred Grivois nicht so wahnsinnig für die konkrete Geschichte oder die Umstände interessiert. Abgesehen von dem Verweis auf den Wahrheitscharakter und die obligatorische Texttafel zum Schluss denkt er nicht dran, über Kontexte zu sprechen. Ob der Freiheitskampf gerechtfertigt ist oder nicht, das steht nicht zur Debatte. Bei den Figuren wird ohnehin auf jegliche Ambivalenz oder Schattierungen verzichtet. Die Terroristen sind die bösen. Jeder, der gegen sie kämpft, ist automatisch gut. Das versteht ja wohl jeder!
Dass das heutzutage nicht mehr wirklich zeitgemäß ist, ist klar. Aber das Action-Genre glänzt bekanntlich eher selten mit ausdifferenzierten Charakteren, siehe derzeit Rambo: Last Blood. Ganz so überzogen wie dort geht es in 15 Minutes of War glücklicherweise nicht zu, auch wenn hier eine ähnlich lange Vorbereitungsphase ansteht, bevor es den bösen Buben an den Kragen geht. Zum einen sind die Gegner zwar finstere Gesellen, werden dabei jedoch nicht zu Karikaturen reduziert. Zum anderen ist die Eliteeinheit rund um Gerval dann doch keine strahlende Heldentruppe, was das White-Savior-Syndrom etwas abmildert.
Eine unlösbare Situation?
Vor allem aber setzt 15 Minutes of War auf eine kontinuierliche Spannung, anstatt zwischen Koma und Trashanfall hin und her zu wanken. Die Situation, dass eine Schulklasse mit Terroristen in einem Bus eingesperrt ist, die ist so perfide, dass man sie kaum hätte erfinden können. Auf der einen Seite sind sie auf dem Präsentierteller, zum Abschuss freigegeben. Es kommt aber niemand in die Nähe, ohne selbst beschossen zu werden. Umgekehrt können aber auch die Entführer nicht weg, da jeder Schritt nach draußen der letzte sein kann – eine klassische Patt-Situation bei der man dann doch gespannt sein darf, wie sie am Ende aufgelöst wird.
Dass hier ansonsten vieles wirklich nur Standard und streng nach Schema F funktioniert, macht das Szenario weniger wirksam, da ist schon ein bisschen Langeweile dabei. Genauso hat es ein bisschen was Zynisches, wenn Olga Kurylenko (Mara) als internationales Aushängeschild lediglich zur besseren Vermarktbarkeit eingefügt wird und um den Bus ein Gesicht zu verleihen, während die Kinder selbst kaum mehr als Objektstatus haben. Aber es funktioniert doch ganz gut. Der französisch-belgische Streifen ist ein solider Genrebeitrag, mit dem man sich die Zeit vertreiben kann, zumal nach knapp anderthalb Stunden der Spuk schon wieder vorbei ist und die Welt zu einem besseren Ort wurde.
OT: „L’Intervention“
Land: Belgien, Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Fred Grivois
Drehbuch: Fred Grivois
Musik: Fabien Kourtzer, Mike Kourtzer
Kamera: Julien Meurice
Besetzung: Alban Lenoir, Olga Kurylenko, Kevin Layne, Michaël Abiteboul, Sébastien Lalanne
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