Nach seiner langen Karriere im US Militär hat sich Harry Mitchell (Roy Scheider) eine Karriere als Geschäftsmann für ein Rüstungsunternehmen aufgebaut, während seine Barbara (Ann Margret) eine Position im Rat der Stadt Los Angeles verfolgt. Beide haben sich über die Jahre ein beträchtliches Vermögen erwirtschaftet und leben in einer guten Wohnung am Stadtrand, jedoch wird dieses Glück durch einen Fehltritt Harrys in Gefahr gebracht. Unbekannte versuchen ihn mit Aufnahmen, die ihn und seine junge Geliebte zeigen, zu erpressen. Da Harry nicht die politische Karriere seiner Frau aufs Spiel setzen will, beschließt er die Sache selbst zu regeln und nicht zur Polizei zu gehen, womit er einen Strudel der Gewalt beginnt, in den er und Barbara immer tiefer hineingesogen werden.
Der Gang in den Abgrund
Bereits 1984 wurde die Vorlage Elmore Leonards unter dem Titel The Ambassador unter der Regie von J. Lee Thompson verfilmt. Vor allem Leonard, der die Vorlagen zu Filmen wie Schnappt Shorty oder Jackie Brown lieferte, war alles andere als zufrieden mit einer Verfilmung, die essenziell seinen Roman ignorierte und war entsprechend skeptisch, als ausgerechnet Menahem Golan und Yoram Globus, die Produzenten hinter dem berüchtigten Cannon Studio, eine weitere Verfilmung planten. Jedoch scheint gerade die Besetzung des Regiepostens mit John Frankenheimer (French Connection II, Der Mann, der zweimal lebte) dazu beigetragen zu haben, dass er sich entschloss, an diesem Projekt selbst am Skript mitzuarbeiten, vor allem da Frankenheimer bereits im Vorfeld großes Interesse am Roman geäußert hatte.
Das Ergebnis nimmt in vielerlei Hinsicht einen Sonderposten innerhalb der Filme des Studios ein. Sind die Cannon-Filme doch eher in Genres wie Action oder Horror zuhause und nicht gerade für ihre inhaltliche Qualität bekannt, beweisen Filme wie 52 Pick-Up, wie vorschnell dieses Vorurteil gefällt wurde. Ausgehend von der Vorlage Leonards zeigt Frankenheimer seinem Zuschauer zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein können, aber nicht weit voneinander entfernt sind, und das nicht nur geografisch. Das saubere Vorstadtleben samt Pool und gepflegtem Garten liegt nur wenige Autominuten weit weg von der Welt der Pornokinos und Stripklubs.
Jene Ambivalenz im urbanen Handlungsort des Films sowie des Romans zeichnet sich konsequent in der Gestaltung der Figuren ab. Gerade jemand wie Mitchell, gespielt von Roy Scheider, passt nie so ganz in diese Welt des Wohlstands, sucht nach Möglichkeiten des Auswegs oder einer Form der Destabilisierung dieses Lebens. Ironisch bemerkt einer der Erpresser, dass Mitchell seine Herkunft immer wieder verrate, wenn er mit einer Flasche Bier in der Hand und im Anzug durch die Hallen eines Hotels streift. Interessant ist auch, wie verhältnismäßig schnell sich Mitchell dem Spiel der Erpresser anpasst, wie viel besser er in die Umgebung eines Stripklubs passt.
Den Spieß umdrehen
Die Spannung in 52 Pick-Up resultiert aus dieser tiefen Dunkelheit eines Charakters wie Mitchell. Wirken die Erpresser schon beängstigend genug, offenbaren sich bei Mitchell moralische Fallgruben, als dieser beginnt, den Spieß umzudrehen, geschickt an ihrem Spiel aus Gier teilnimmt. Für einen Mann, der die Kontrolle über sein Leben gewohnt ist, symbolisiert der Akt der Hilflosigkeit eine existenzielle Krise, was man alleine an Scheiders Mimik sieht, als er gefesselt dabei zusehen muss, wie die Erpresser ihre Videos vor ihm abspielen. Auch mit Blick auf seinen militärischen Hintergrund ist eine Rückeroberung über sein Leben, die Kontrolle darüber, eine wichtige Motivation.
Selbst Ann-Margrets Charakter offenbart diese Dunkelheit. Die Angst, jenes Leben, welches die Eröffnungssequenz zeigt, zu verlieren, wiegt enorm, bildet die Grundlage ihrer Rolle und ihre Motivation, das Spiel der Erpresser mitzuspielen. Ironischerweise nähert sie sich so eben jenem Mann wieder an, der ihr umständlich einen Treuebruch nach über 25 Jahren gestanden hat. „Vor 10 oder 15 Jahren hätte ich dich verlassen“, sagt sie in einer Szene, und man beginnt zu ahnen, warum sie es nicht getan hat.
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