Im einen Moment ist Josh (Colin Ford) noch ein ganz normaler 17-Jähriger in einer ganz normalen Highschool. Im nächsten hat er zwei große Sorgen. 1. Alle Erwachsenen haben sich in seltsame blutrünstige Wesen verwandelt, die zwar nicht mehr denken können, dafür aber großen Appetit auf menschliches Fleisch haben. 2. Wo ist eigentlich seine Freundin Sam (Sophie Simnett) hin? Einsam zieht er umher, um sie zu finden, bis sich Angelica (Alyvia Alyn Lind) und der friedliebende Samurai Wesley (Austin Crute) ihm anschließen. Aber nicht alle Überlebenden sind ihm wohlgesonnen, die meisten haben sich zu Clans zusammengeschlossen und machen anderen nun das Leben schwer …
Die Welt ist am Ende. Mal wieder. Das ist sie eigentlich ständig, nicht nur in den Höllenszenarien, die im Einklang mit den Klimawandelprognosen entworfen werden. Sie ist es gerade auch in Filmen, sind düstere Settings doch ein probates Mittel zur Erzeugung von Spannung und erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Und so dürfte auch niemand verwundert gewesen sein, als Netflix mit Daybreak mal wieder eine Serie ankündigte, die von einer finsteren Zukunft erzählt. Das tun beim Streamingdienst schließlich einige. Vieles ist davon im Science-Fiction-Genre angesiedelt, mit Titeln wie Kingdom und Black Summer hat man aber auch einschlägige Erfahrungen im Zombie-Segment gesammelt.
Ein bisschen Spaß muss sein
Bei Daybreak werden diese menschenhungrigen Bestien zwar Ghoulies genannt, haben auch etwas andere Eigenschaften. Vom Prinzip her geben die sich aber nicht viel, weshalb die Serie auch schon mal Zombie-Konventionen aufs Korn nimmt. Allgemein ist der Humoranteil ausgesprochen hoch. Die Adaption einer Graphic Novel aus dem Jahr 2006, geschrieben von Brian Ralph, ist in erster Linie Komödie. Horror kommt hier so gut wie gar nicht vor. Selbst die Momente, in denen es Josh und den anderen an den Kragen geht und sie in höchster Lebensgefahr schweben, sind eher unterhaltsam als spannend, großartig mitzittern muss hier niemand.
Das liegt auch daran, dass die Figuren von Daybreak nicht unbedingt die liebenswürdigsten sind. Charmant ist Josh sicherlich, gerade zu Beginn ist er der nette Junge von nebenan, dem man durchaus die Daumen drücken würde, dass er seine Freundin findet. Doch je mehr Zeit wir mit ihm verbringen, umso ambivalenter wird er. Umso ambivalenter werden auch andere Charaktere. Wie es so üblich ist, wenn das Ende der Welt ansteht, ruft das die weniger schönen Seiten von Menschen hervor. Man ist sich selbst am nächsten, entwickelt psychopathische Züge oder lässt ihnen zumindest jetzt freien Lauf. Wer sollte einen daran auch hindern? Das Ergebnis ist eine Mischung aus Endzeitszenario à la Mad Max und Zombieapokalypse, Comedy und Teenie-Drama. Denn nur weil jetzt alle Erwachsenen weg sind, heißt es nicht, dass du dich erwachsen benehmen musst.
Gefangen in der Vergangenheit
Wobei es natürlich nachdenklichere Momente gibt. Einige davon sind sogar recht schön geworden, wenn inmitten der Kämpfe oder Blödeleien ein paar Zwischentöne gefunden werden. Dafür wird jedoch etwas sehr kräftig auf Flashbacks zurückgegriffen. Ebenso wird das Durchbrechen der vierten Wand irgendwann etwas überstrapaziert und zu einem Gimmick reduziert, das etwas von der Eintönigkeit der Geschichte ablenken soll. Denn streckenweise kommt die Handlung vor lauter Rückblicken oder Meta-Kommentaren nicht vom Fleck, ab der Mitte der zehn Episoden zieht sich Daybreak spürbar. Die Serie ist so sehr mit der Vergangenheit beschäftigt, dass die Gegenwart aus den Ausgenwinkeln verschwindet.
Insgesamt ist die Comic-Adaption aber durchaus unterhaltsam. Matthew Broderick und Krysta Rodriguez machen beispielsweise Spaß als jeweils durchgeknallte Lehrer. Originell ist die Mischung aus Ferris macht blau und Quasi-Zombie-Wahnsinn sowieso, wenn hier Kinder sich selbst retten müssen und eben auch Kinder sind, mit all ihren Macken und nervigen Eigenschaften. Wenn zwischendurch die Waffen ruhen dürfen, um stattdessen über Pokémon zu fachsimpeln, dann ist das doch mal eine wohltuende Abwechslung zu den ernsten Apokalypsen, die sich nur mit einer Extraportion Drama zu helfen wissen – siehe The Society. Daybreak gelingt grundsätzlich die Balance aus Heiterkeit und Ernst, aus Stille und Krawall, wenn Alltägliches auf den Ausnahmezustand trifft. Richtige Begeisterung kommt aber doch nicht aus, der von Brad Peyton und Aron Eli Coleite entwickelten Serie gelingt es trotz vereinzelt guter Ideen nicht ganz, sich aus dem soliden Mittelfeld zu lösen.
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