Ein bisschen komisch ist der Anblick ja schon, liegt da doch tatsächlich eine Meerjungfrau am Ufer des Bodensees. Für den deutschen Kriminalkommissar Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) und seine österreichische Kollegin Hannah Zeiler (Nora Waldstätten) gibt es bei der Leiche aber nur wenig Grund zum Lachen. Wer könnte Sybille Baumgartner ermordet haben? Und weshalb? Die Spur führt das Ermittlungsteam zu einer Gruppe von naturverbundenen Wassersportlern, die in der Nähe ihr Lager aufgeschlagen hat. Aber auch Sybilles Mann Fabian (Sebastian Bezzel) gerät schnell in Verdacht, etwas mit der Geschichte zu tun zu haben …
Als vor ziemlich genau fünf Jahren die Reihe Die Toten vom Bodensee an den Start ging, lebte sie noch von dem Prinzip: Lasst zwei Leute zusammenarbeiten, die so unterschiedlich sind, dass die gar nicht zusammenpassen. Auf der einen Seite der kumpelhafte, etwas chaotische Oberländer, auf der anderen Seite die eiskalte Zeiler, die das mit dem Zwischenmenschlichen so gar nicht interessiert. Solche Leute aufeinander loszulassen, das bedeutet viel Reibung, die gerade zu Beginn auch zu Zwecken der Komik eingesetzt wurde. Ein typischer Buddy Movie eben, nur im Serien-Format und mit etwas europäischer Grenzüberschreitung verbunden.
Was vom Humor übrig blieb
Neun Filme später ist davon praktisch gar nichts mehr übrig. Zwar geraten die beiden auch in Die Meerjungfrau gelegentlich aneinander, aber das Verhältnis ist komplexer geworden. Verständlich, denn die Ereignisse im sechsten Film Der Wiederkehrer, der endlich das Geheimnis um Zeilers Vater lüftete, hat seine Spuren hinterlassen. Humorvoll ist hier nichts mehr an der Begegnung, oftmals ist das Miteinander sehr frostig und distanziert. Gleichzeitig sind sie aber aufeinander angewiesen. Beruflich sowieso, wenn sie als gemeinsames Team den Mordfall lösen müssen. Aber auch privat, wenn die übrigen Bezugspersonen der beiden verschwunden sind.
Allgemein ist es auffällig, wie ernst der Film ist. Natürlich hat die Reihe von Anfang an ernste Inhalte gehabt, wenn jedes Mal Mörder und Mörderinnen ihr Unwesen treiben. Nicht ohne Grund trägt sie schließlich den Titel Die Toten vom Bodensee. Doch von dem makaber-kuriosen Auftakt um das Meerjungfrauenkostüm einmal abgesehen ist das schon sehr trübe. Alle haben sie hier mit Problemen zu kämpfen, alle Beziehungen sind in der einen oder anderen Form kaputt. Drehbuchautor Timo Berndt, der seit dem dritten Teil Stille Wasser an Bord ist, greift hier schon sehr tief in die Dramakiste und mutet sowohl den Figuren wie auch dem Publikum einiges zu.
Viele Wege führen ans Ziel
Der Krimi-Teil ist dafür weniger spektakulär. Die Meerjungfrau bietet solide Kost, wenn das Duo zwei Hauptpfade verfolgt, jeweils mit einigen Nebensträngen. Einiges davon verrät der Film den Zuschauern und Zuschauerinnen schon vorab, sodass sie immer einen kleinen Wissensvorsprung vor den anderen haben. Aber es ist nicht so viel, dass man nicht doch noch ein bisschen grübeln darf bzw. sich gedulden muss, bevor alles eine Aufklärung findet. Zudem wurde auch wieder versucht, durch eine brenzlige Situation Spannung zu erzeugen. Das ist aber wie so oft bei der Reihe nicht ganz geglückt – siehe letztes Jahr bei Die vierte Frau.
Allgemein ist der Plot ein bisschen überkonstruiert, der Beitrag vom Film Festival Cologne 2019 übernimmt sich beim Versuch, Komplexität zu schaffen. Trotzdem gehört der Fall zu den interessanteren der Reihe. Die immer zahlreicher werden Fans – jede Folge zieht inzwischen rund 8 Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen an – dürfen also reinschauen, selbst wenn sich Die Meerjungfrau weit von dem wegbewegt hat, was Die Toten vom Bodensee früher charakterisierte. Aber vielleicht ist das ja auch nicht verkehrt, man wird sehen, was bei den beiden nächsten bereits angekündigten Teilen aus diesem Wandel gemacht wird.
(Anzeige)