Ocho (Juan Barberini) verbringt allein ein paar Tage in Barcelona. Ohne konkretes Ziel erkundet er die Stadt. Bis ihm eines Tages ein junger Mann auffällt, als er von seinem Apartmentbalkon die Straße unter ihm beobachtet. Wie es der Zufall so will, sehen sich die beiden am Strand, jedoch wagt keiner ein Wort zu sagen und so trennen sich die Wege wieder. Als Ocho ihn allerdings ein weiteres Mal vor seiner Wohnung sieht, ergreift er die Chance und bittet Javi (Ramon Pujol) zu sich nach oben. Dann geht alles ganz schnell. Das erste Bier, der erste Kuss und schließlich schlafen die beiden miteinander. Da sich beide sympathisch finden, verbringen sie auch noch etwas mehr Zeit miteinander. Kaufen Wein, etwas zu essen und suchen sich einen Platz über den Dächern der lebendigen Stadt. Als sie ins Gespräch kommen um mehr voneinander zu erfahren, stellen beide mit Erstaunen fest, dass sich sich bereits vor zwanzig Jahren begegnet sind und dort einen schicksalhaften Moment miteinander teilten …
Urlaub allein in einer der lebendigsten Metropolen Europas. Allein das Flair und den trubelhaften Charme von Barcelona entdecken und aufsaugen. Von niemandem abhängig sein, sich nicht auf Kompromisse einlassen müssen, allein entscheiden zu können, welchen Momenten man sich hingibt und wie lange man in ihnen verweilt. Der Film lebt zu Beginn davon, einfach nur die Umgebungsgeräusche aufzusaugen, dem Zuschauer ungefiltert den Moment des Alleinseins zu präsentieren ohne dabei melancholisch zu werden. Ein wenig erinnert der Film schon jetzt an Richard Linklaters Before Sunrise. Wie eben dieser haftet der Blick der Kamera nicht nur auf seinem Protagonisten, sondern schwenkt auch immer wieder verträumt in die Stadt.
Ein Spiel mit den Zeiten
Bis eben die beiden jungen Männer dann doch aufeinander treffen. Zu Beginn noch zaghaft, schweigsam, fällt der nächste Moment, der alles zu überstürzen zu scheint, fast ein wenig aus dem Konzept. Zumal auch die erste intime Zweisamkeit nicht gerade zimperlich oder gar romantisch daher kommt. Dass der Film danach aber eine deutlich interessantere Richtung einschlägt, sich zusehends von einer Standardromanze unterscheidet und trotz der Bedächtigkeit überraschen kann, liegt an der cleveren Erzählweise, derer sich der Regisseur hier bedient. Denn was zunächst im hier und jetzt beginnt, wird kurz darauf eine Rückblende, um dann sogar in einer Zukunftsphantasie zu enden.
Damit bringt bringt End of the Century das innerliche Gefühlschaos seines Hauptdarstellers überaus authentisch und vertraut auf die Leinwand. Denn wer sehnt sich zunächst einmal nicht nach Nähe, bereut vielleicht Entscheidungen und verfällt, wenn es die Situation zulässt, in Vorstellungen, wie das Leben hätte sein können oder wie es sein sollte? Träume und Wünsche kommen da auf einmal ans Licht, die jedoch nicht nur Gefühle der Freude hinterlassen werden, sondern auch Ernüchterung oder gar Traurigkeit hervorrufen.
Kunstvolle Distanz
Das Zusammenspiel der beiden Männer, die fast ein wenig erschrocken feststellen, dass sie sich schon kannten und irgendwie ihre Chance vor etlichen Jahren vertan haben, funktioniert über den gesamten Film hinweg sehr gut. Die Natürlichkeit und die Vertrautheit, mit der die beiden agieren, lassen die Übergänge der einzelnen Zeitabschnitte manchmal fast zu perfekt in einander fließen, sodass es an machen Stellen fast schwer wird zu unterscheiden, was sich gerade in Ochos Kopf abspielt und was tatsächlich passiert.
Obwohl der Regisseur in der Darstellung dessen ein Händchen beweist, bleiben in seiner Geschichte dann doch zu viele Themen auf der Strecke, die die Charakter durchaus noch interessanter, vielleicht auch noch erfahrbarer für den Zuschauer gemacht hätten. Da hat vergleichsweise die Before-Triologie diesem Werk ein wenig was voraus. Wo Dialoge uns den Charakter der Figuren weit mehr offenbaren könnten, verharren hier gewisse Dinge in einer zu distanzierten Bildsprache, sodass der Film im Ganzen zwar eine angenehme Dynamik entwickelt und auch schön anzusehen ist, dem Zuschauer aber der letzte Schritt zur völligen Nahbarkeit verwehrt wird. Dieses letzte Fünkchen, das fehlt um vollends mit den beiden mitfiebern und mitfühlen zu können, sorgt am Ende leider dafür, dass der Film vermutlich auch wieder schnell in Vergessenheit geraten wird. Als Erstlingswerk des argentinischen Regisseurs Lucio Castro aber trotzdem eine klare Empfehlung.
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