Franky (Josh Wiggins) und Ballas (Darren Mann) sind seit ihrer Kindheit beste Freunde. Auch in der Schule sind die beiden nur zusammen unterwegs. Gemeinsam im Schwimmteam, zählen sie auch zu denen, auf die die Mädchen stehen. Priscilla (Hailey Kittle) ist da keine Ausnahme und sieht ihre Chance bei Franky zu landen, als er sie zu seiner Geburtstagsparty einlädt. Nach einem durchzechten Abend kommt es jedoch nicht zwischen den beiden, sondern zwischen Ballas und Franky zu einem intimen Moment, der den Status quo grundlegend verändern wird. Während Ballas Hals über Kopf aus der Situation flüchtet, wird Franky am nächsten Morgen mit Verachtung, Häme und Homophobie konfrontiert. Ballas, den er zur Rede stellen will, ist ebenfalls mehr als abweisend. Die einst tiefe Freundschaft scheint Geschichte und das Leben von Franky ist von einem Moment auf den nächsten nicht mehr das was es einmal war …
Giant Little Ones überrascht. Anfangs noch ein ziemlich gewöhnlicher Coming-of-Age-Movie entwickelt sich der zweite Langfilm von Regisseur Keith Behrman (Flower & Garnet) zu einem überaus unterhaltsamen Film mit ungewöhnlicher Erzählweise, der dabei die Herausforderung des Erwachsenwerdens nie aus den Augen verliert. Gleicht Giant Little Ones zunächst einmal Filmen wie Love, Simon oder Lady Bird, so hebt er sich ab dem Moment, in dem die beiden Hauptcharaktere Franky und Ballas einen kurzen Moment der Liebe teilen, zunehmend von den Kollegen ab. Das gelingt Behrman vornehmlich durch seine clevere Erzählkonstruktion. Entgegen der Erwartung, man würde wieder einem Teenager bei seinem Coming-Out verfolgen und dabei zusehen, wie er sich jetzt vor Familie und Freunden behaupten muss, wird es genau das nicht.
Was soll das Ganze?
Während alle in seinem Umfeld mehr oder weniger zwar versuchen mit dem ungewollten und überraschendem Outing umzugehen, Franky sogar zu helfen, ist er der Einzige, der nicht zu wissen scheint was genau eigentlich los ist und warum dieser Moment zwischen ihm und seinem besten Freund jetzt derartige Kreise zieht. Seine Mutter, die von ihrem Mann für einen Anderen verlassen worden ist, versucht sogar den angespannten Kontakt wieder herzustellen, damit Franky aus erster Hand Tipps und Unterstützung bekommt. Dann ist da aber auch noch Ballas Schwester Natasha, die in der Schule aufgrund eines Vorfalls bei einer Party von allen gemieden und verachtet wird. Nur Franky zeigt Mitgefühl und nähert sich ihr wieder an.
Damit gelingt Behrman eine der besten und stärksten Charakterzeichnungen in einem Coming-of-Age Film seit Langem. Seine Hauptfigur selbst macht sich nämlich gar nicht so viele Gedanken über seine oder die Sexualität von anderen. Für ihn muss es sich einfach richtig anfühlen und so ist er einer der offensten, tolerantesten und empathischsten Persönlichkeiten im Jugendalter, die man sich nur wünschen kann.
Unterlegt von einem fantastischen Soundtrack, der ebenso divers ist wie die Figuren im Film, findet Giant Little Ones zu einer beeindruckenden Authentizität und Normalität. Dabei entwickelt die ein oder andere merkwürdige Situation mit Frankys Freundin Mouse, die nicht klar transgender ist, aber dennoch gern einen Penis hätte, zwar eine gewisse Komik, rutscht dabei aber nie ins Lächerliche ab. Auch das hebt Giant Little Ones von anderen Filmen ab. Egal was Behrmann thematisiert, alles wirkt unglaublich natürlich, authentisch und wird mit einer sehr angenehmen Selbstverständlichkeit gehandhabt.
Zusätzlich zu seiner hervorragenden Charakterdarstellung und deren Entwicklung innerhalb der knapp 90 Minuten ist die Wahl des Filmtitels äußerst interessant. Ob beabsichtigt oder nicht, entwickelt er im Verlauf eine bemerkenswerte Zweideutigkeit. Zum einen wenn Jugendliche mit Themen konfrontiert werden, die sie schneller erwachsen werden lassen müssen und sie sprichwörtlich zu den GROSSEN Kleinen werden lässt und andersrum die Erwachsenen, die mit Ihrem Verhalten gegenüber den gereiften Jugendlichen zu den Großen KLEINEN werden. Es gibt diverse Situationen in denen Behrman dieses Wechselspiel gekonnt inszeniert, ohne es dem Zuschauer direkt auf die Nase binden zu wollen, und veranschaulicht dadurch, wie unterschiedlich die beiden Altersgruppen mit Ereignissen umgehen oder sich in Konflikten verhalten. Es sind eben nicht immer nur die Erwachsenen, die wissen, wie man dem Leben und dessen Herausforderungen respektvoll mit seinem Gegenüber umzugehen hat.
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