Das hatte sich Ana (Cassandra Ciangherotti) anders vorgestellt. Ganz anders. Seit Ewigkeiten ist sie nun schon mit Gabriel (Pablo Cruz) zusammen, aber der ersehnte Heiratsantrag will und will nicht kommen. Egal was sie tut, immer windet er sich heraus. Aus einem guten Grund, wie sie eines Tages feststellen muss: Er trifft sich mit einer anderen. Und die will er heiraten. Ana ist anschließend am Boden zerstört. Warum findet ausgerechnet sie niemanden, der mit ihr den Bund der Ehe eingehen möchte? Also greift sie zu verzweifelten Mitteln und belegt einen Kurs mit anderen ähnlich verzweifelten Frauen. Ein Kurs, der den ganzen Ladenhütern beibringen soll, wie man sich den Mann fürs Leben angelt …
Das mit der Liebe ist heute so eine Sache. Auf der einen Seite ist es leicht wie nie, Leute kennenzulernen, allein durch die Vernetzung durch soziale Medien und das Internet. Man muss theoretisch nicht einmal mehr vor die Haustür treten, um den Traumpartner oder die Traumpartnerin zu treffen. Doch dieses leicht verfügbare Überangebot hat die unangenehme Folge, dass es immer schwieriger wird, sich für eine Person zu entscheiden, sowie das mit dem Festlegen heute ohnehin etwas aus der Mode gekommen ist. Langfristige Bindungen? Wozu? Es könnte ja noch jemand Besseres kommen.
Und was, wenn ich niemanden mag?
Eigentlich sollten die Sympathien des Publikums daher bei Ana liegen, die von Gabriel gleich auf mehrere Weise schäbig gedemütigt wird. Zumal Romantikkomödien ja auch davon leben, dass sympathische Protagonist*innen einfach kein Pech haben, obwohl sie es doch unbedingt verdient hätten, glücklich zu sein. Ana ist aber keine dieser Sympathieträger. Allgemein wird man sich schwer damit tun, in dem Netflix-Film Heiratswillig irgendwelche Sympathieträger zu finden. Gabriel ist genauso schlimm, auch seine neue. Die Verwandtschaft von Ana geht einem schon auf die Nerven, noch bevor sie etwas Relevantes tut. Auch die anschließenden Dating-Erfahrungen machen nicht unbedingt Lust darauf, die Welt da draußen noch einmal anzuschauen.
Nun ist es natürlich nicht gesetzlich verboten, Liebeskomödien mit Nervensägen und Arschlöchern zu bevölkern. Man könnte dies beispielsweise mit einem Lernprozess verbinden, wenn der Pechvogel sich selbst hinterfragt und feststellen muss, dass er vielleicht in der aktuellen Form nicht sonderlich liebenswürdig ist. Oder man macht gleich eine Satire draus, die sich mit den zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten auseinandersetzt und sich über alles kräftig lustig macht. Heiratswillig macht beides ein bisschen, aber nicht genug, dass man dem Film das abnehmen würde. Von dem mangelnden Spaßfaktor ganz zu schweigen.
Katastrophen am laufenden Band
Am unterhaltsamsten sind noch die Dating-Szenen, wenn Ana und die anderen von einer unangenehmen Situation in die nächste stolpern. In ihrem gemeinsamen Leid ist die Gruppe Ungeliebter auch eines der wenigen Beispiele in dem Film, dass es überhaupt eine Form von zwischenmenschlicher Bindung gibt. Ansonsten denkt hier jeder erst einmal nur an sich. Das ist nicht nur ärgerlich, es ist auch sehr langweilig. Luis Javier Henaine, der hier Regie führte und das Drehbuch mitschrieb, fällt so gar nichts ein, das mal witzig wäre oder einigermaßen überraschend. Die größte Frage bei Heiratswillig ist die, ob die Komödie nun ihre Protagonistin oder das Publikum mehr quält.
Zudem stellt der Film auch zu keiner Zeit in Frage, inwiefern das mit dem Heiraten überhaupt notwendig ist. Dass sich sämtliche Frauen darüber definieren, ob sie einen Mann an ihrer Seite haben, das ist für eine Produktion aus dem Jahr 2019 schon unglücklich. Wenn sich in Heiratswillig jemand über den Kurs lustig macht, dann nicht wegen der Ziele oder Methoden – darunter dem Mann ein Baby andrehen zu wollen –, sondern dass jemand einen solchen Kurs überhaupt nötig hat. Die durchaus relevanten Themen, etwa zum heutigen Geschlechterverhältnis oder den wachsenden Schwierigkeiten, jemanden zu finden, werden so ignoriert bzw. lächerlich gemacht. Nun muss natürlich nicht jeder Film gesellschaftlich relevant sein, manchmal darf er auch einfach nur Spaß machen. Wenn aber beides nicht gegeben ist, dann kann man sich das Ergebnis auch einfach sparen.
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