Die Bewohner des Dorfes können ihren Augen kaum glauben, als sich die Schlange aufrichtet und in einen mächtigen Drachen verwandelt, der bereit ist, alles und jeden zu verschlingen. Mit ihren kleinen Waffen sind die Menschen hilflos, sie sind der Naturgewalt völlig ausgeliefert. Ihre einzige Rettung: der Adler Musbalak. Nur er ist in der Lage, mit seinen scharfen Krallen den Drachen noch aufzuhalten, so hoffen sie zumindest. Gemeinsam machen sich Shegir und Aktay auf den Weg, um den majestätischen Vogel zu finden und für sich einzunehmen. Tatsächlich können die zwei Musbalak aufspüren. Doch wie wollen sie das wilde Tier zähmen? Darüber herrscht bald Uneinigkeit, das Dorf droht nun endgültig unterzugehen …
Kasachstan ist bislang nicht unbedingt als große Filmnation in Erscheinung getreten. Selten schaffen es Werke aus dem zentralasiatischen Land bis zu uns. Und wenn dies doch mal der Fall, dann hauptsächlich in Form internationaler Coproduktionen, etwa in dem Drama The Wounded Angel, das vor einigen Jahren von vier Jugendlichen und ihrem Leben in einem kleinen kasachischen Dorf erzählte. Ein typisches Werk für die Programmkinos, von dem ein größeres Publikum nie im Leben etwas mitbekommen würde. Aber das Land kann auch anders, will es zumindest, wenn man sich Musbalak, der Adlerheld anschaut, einen sehr klassischen Zeichentrickfilm, den man so vermutlich erst einmal nicht vermutet hätte.
Gemeinsam sind wir stark!
Dass wir das Werk hierzulande sehen dürfen, ist mal wieder dem Kinder- und Jugendfilmfest Schlingel zu verdanken, das seit Jahren schon teils sehr obskure Animationstitel aufspürt und dem hiesigen Publikum vorführt. Musbalak, der Adlerheld richtet sich dann auch an eine klar jüngere Zielgruppe, wenn wir von mutigen Helden erfahren, aber auch fiesen Schurken und gefährlichen Drachen, von Anfang an klar gemacht wird, wer hier böse und wer gut ist. Auch bei der Aussage des Films werden keine Verständnisschwierigkeiten riskiert: Die Geschichte um einen Adler, der die Menschen schützen soll, plädiert explizit für einen respektvollen Umgang mit der Natur. Tiere sollten keine Sklaven sein, kein Besitz. Nur wenn du ihnen vertraust, vertrauen sie auch dir, so die Kernaussage.
Das ist natürlich sympathisch und auch wichtig in einer Zeit, in der Natur von oberster Stelle gern mal mit den Füßen getreten wird. Ein Film, der gut in die aktuellen Diskussionen rund um den Klimaschutz und Klimawandel passt. Ganz so nahe an der Realität ist Musbalak, der Adlerheld dabei natürlich nicht, das verhindert bereits das Setting. Schließlich spielt die Geschichte vor einer langen Zeit, als Magie noch Teil des Lebens war und Drachen die Welt bevölkerten. Das verleiht dem Film eine leicht folkloristische Note, gerade auch im Zusammenhang mit der Optik. Allzu viel sollte man sich in der Hinsicht dennoch nicht erwarten, die Regisseure Turdybek Maidan und Tlek Toleugazy erzählen eine Geschichte, wie man sie früher auch im Westen in einem Zeichentrickfilm hätte finden können.
Klassisch … zu klassisch?
Das stimmt einen auf der einen Seite schon etwas nostalgisch. Auf der anderen Seite bedeutet es eben auch, dass es Musbalak, der Adlerheld nicht wirklich gelingt, sich markant zu positionieren und in irgendeiner Form aufzufallen. Die Figuren geben beispielsweise nicht wirklich viel her: Shegir und Aktay haben jeweils eine Charaktereigenschaft, die Bewohner des Dorfes nicht einmal das. Das ist als Persönlichkeit dann etwas wenig, auch beim Ablauf der Geschichte gibt es relativ wenig, das überrascht. Dafür reicht die Zeit vielleicht auch nicht, mit 67 Minuten kommt man nicht unbedingt weit. Trotzdem: Es wäre schon schön gewesen, mehr in die Figuren oder die Mythologie zu investieren, das ist teilweise schon ein bisschen langweilig hier.
Besser sieht es bei der visuellen Umsetzung aus. Wunderwerke sollte man sich hiervon natürlich nicht erhoffen, dafür war das Budget auch zu gering, was sich gerade bei Spezialeffekten wie dem Feuer zeigt. Doch die Animationen gehen in Ordnung, die ausdrucksstarken Designs können sich sehen lassen. Vor allem aber die Welt an sich ist ganz stimmungsvoll geworden: Musbalak, der Adlerheld zeigt karge Landschaften ebenso wie eisige Szenerien. Auffällig ist zudem die düstere bis psychedelische Farbgebung, die man in einem Kinderfilm so nicht erwarten würde. Zu jung sollten die Zuschauer deshalb nicht sein, zumal es später auch inhaltlich finster wird. Für einen größeren Publikumserfolg wird das vermutlich nicht reichen, ein vielversprechender Einstand für die bislang unbekannte kasachische Animationsszene ist das aber schon.
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