Particles Les particules
© Les Films du Losange

Particles

Particles Les particules
„Particles“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Das letzte Schuljahr hat begonnen, für den 17-jährigen Pierre-André (Thomas Daloz) und seine Freunde bedeutet das, sich langsam auf den Ernst des Lebens vorzubereiten. Ganz einfach ist das nicht, schließlich weiß der Jugendliche noch nicht, was er eigentlich vom Leben will und wer er selbst ist. Er hängt lieber mit seinen Freunden ab, döst ein wenig herum, anstatt groß aktiv zu werden. Alles erscheint ihm noch ein wenig fremd. Die Welt scheint sogar mit jedem Tag noch ein wenig seltsamer zu werden: Immer wieder macht er Beobachtungen, die nicht wirklich real zu sein scheinen, alles ist in Bewegung. Ob der Teilchenbeschleuniger etwas damit zu tun hat, der 100 Meter unter ihnen ist und versucht den Urknall zu simulieren?

Als Heranwachsender kann die Welt schon mal ein bisschen groß und verwirrend wirken, man sich in ihr verloren vorkommen. Dieses Gefühl wird in Filmen gern immer mal wieder dargestellt, oft in Verbindung mit romantischen Erlebnissen oder auch schmerzhaften Abnabelungsprozessen von den Eltern. Einen wirklichen Mangel an sogenannten Coming-of-Age-Geschichten gibt es sicherlich nicht, in denen junge Protagonisten und Protagonistinnen sich selbst kennenlernen und irgendwie versuchen, aus dem ganzen Chaos um sich herum schlau zu werden.

Der Schrecken des Erwachsenwerdens
In den letzten Jahren gab es aber einen offensichtlichen Trend, dieses doch sehr universelle Thema mit Genreelementen zu verbinden. In zahlreichen Horrorfilmen oder auch Thrillern stehen Jugendliche oder größere Kinder im Mittelpunkt, deren unheimlichen Erfahrungen in der Außenwelt mit einem ebenso unheimlichen Wandel im Inneren einhergehen. Eines der schönsten Beispiele war Ava über eine langsam erblindende Teenagerin, die surreale Szenen zu sehen bekommt. Particles geht nun in eine ähnliche Richtung, auch wenn der gelegentliche Horror hier eher einem konstanten Unwohlsein Platz macht – leise, aber durchgängig.

Regisseur und Co-Autor Blaise Harrison, der hier sein Spielfilmdebüt abgibt, verzichtet auf große Worte. Er verzichtet oft sogar auf kleine Worte, lässt seine jungen Figuren durch die Gegend ziehen, ohne miteinander zu sprechen. Und wenn doch mal ein Satz fällt, dann ist er eher knapp und etwas bemüht, so als wüsste niemand, wie Sprache genau funktioniert, als wäre sie ein Fremdkörper, mit dem niemand etwas anfangen kann. Stattdessen erzählt der aus der französischen Schweiz stammende Nachwuchsfilmemacher seine Geschichte allein über die Bilder und die immer etwas unwirkliche Atmosphäre, sofern man bei Particles überhaupt von einer Geschichte sprechen mag. Die Nähe zum Teilchenbeschleuniger lässt auf Science-Fiction-Elemente schließen, vielleicht auch eine Warnung vor den Möglichkeiten der Technik. Doch tatsächlich konkret wird dies nie.

Unfassbare Antworten
Dass der Film nach seiner Premiere bei der Directors’ Fortnight in Cannes 2019 auf diversen Genrefestivals lief, hängt dann auch weniger mit der Handlung zusammen. Die ist überschaubar, bleibt es auch, als die Geschichte später tatsächlich bedrohlichere Züge annimmt. Es ist eher die eigenartige, leicht ins Surreale neigende Stimmung, die Particles für die Freunde düsterer Filme sehenswert macht. Harrison bleibt auch da ein Freund des Subtilen, lässt bei einem flüchtigen Blick die Erde beben oder zeigt einen unheilvollen Vogelschwarm. Etwas ist in Bewegung, so viel ist klar. Aber was? Und weshalb? Wo hat alles angefangen, wohin wird es noch führen?

Klare Antworten sind nicht vorgesehen, der Film gefällt sich in seinem Mysterium. Das wird manche frustrieren, andere hingegen langweilen: Wer angesichts der Andeutungen auf eine Auflösung wartet oder zumindest einen Höhepunkt, eine Belohnung, der wartet hier vergeblich. Kaum ein Film hat zuletzt jedoch ähnlich stimmig und faszinierend dieses besondere Alter auf dem Weg zum Erwachsenen in Bild und Gefühl gepackt wie Particles. Wie die Partikel im Teilchenbeschleuniger, so sind auch P.A. und die anderen Einzelteile, die aufeinandertreffen und sich doch nie wirklich berühren. Die auf der Suche sind, am Ende aber isoliert bleiben, während um sie herum neue Welten entstehen, alles offensteht, alle Möglichkeiten und doch nichts je wirklich greifbar wird.



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„Particles“ stellt uns eine Gruppe von Jugendlichen vor, die in der Nähe eines Teilchenbeschleunigers erwachsen werden und Halt suchen. Der Film mischt dabei klassische Coming-of-Age-Themen mit Mystery- und Sci-Fi-Elementen zu einem sehr ungewöhnlichen Film, der über seine Atmosphäre funktioniert, nicht über Worte und Taten. Eine Welt voller Möglichkeiten, in der aber alles seltsam isoliert zu sein scheint.
8
von 10