Nicole Reese (Alisha Wainwright) hat es gerade echt nicht leicht im Leben. Noch immer ist sie nicht über den Tod ihres Mannes Mark (Michael B. Jordan) hinweg, der bei einem Sturm ums Leben kam. Und auch wenn sie immer wieder Hilfe von anderen erhält, beispielsweise Marks bestem Freund Pat (Jason Ritter), sie strauchelt schon sehr. Zu allem Überfluss hat ihr Sohn Dion (Ja’Siah Young), den sie nun alleine aufzieht, eigenartige Fähigkeiten entwickelt. Woher diese kommen ist ein ebenso großes Rätsel wie die Frage, wie sich diese kontrollieren lassen. Nicole muss aber nicht nur darauf Antworten finden. Wichtiger noch ist es, Dion zu beschützen, vor den Menschen da draußen, die seine Kräfte nutzen könnten. Und vor den seltsamen Stürmen, die immer häufiger aufziehen …
Die Zahl an Comic-Verfilmungen, die ins Kino kommen oder die heimischen Bildschirme für sich reklamieren, wird – aller Unkenrufe zum Trotz – nicht wirklich kleiner. Im Gegenteil, immer mehr Adaptionen wird grünes Licht gegeben, in der Hoffnung, irgendwie von dem Boom zu profitieren. Es ist fast so, als wäre schon die bloße Erwähnung des Wortes Comic für so manchen Produzenten Grund genug für die Finanzierung, als wäre Comic-Adaption ein eigenes Genre, das es zu bedienen gilt. Netflix konnte einige Jahre ganz gut von der Zusammenarbeit mit Marvel profitieren. Doch seitdem das keine Option mehr ist, müssen andere Titel her. Chilling Adventures of Sabrina war so einer, The Umbrella Academy ein weiterer.
Früh übt sich, wer ein Held werden will
Nun soll Raising Dion dafür sorgen, dass das Stammpublikum brav daheim bleibt und nicht zur Konkurrenz überläuft. Die Grundlage hierfür soll die 2015 von Dennis Liu veröffentlichte Geschichte liefern, die sowohl als Comic wie auch als Kurzfilm umgesetzt wurde. Mal wieder dreht sich alles um Superkräfte und einen Menschen, der irgendwie mit diesen klarkommen muss. Das gibt es bei der Konkurrenz oft genug. Ungewöhnlich ist allenfalls, dass dieser Mensch hier ein achtjähriger Junge ist und entsprechend ein wenig überfordert. Das erinnert ein wenig an Shazam! vor einigen Monaten. Der Unterschied: Während der Kino-Kollege damit jede Menge Spaß hatte, ist die Serie viel stärker im Drama verwurzelt. Humor gibt es praktisch keinen.
Die von Carol Barbee entwickelte Serie kann sich dabei jedoch nicht so ganz entscheiden, was sie eigentlich sein will. Einerseits ist sie eine typische Superhelden-Geschichte, bei der plötzlich übernatürlich begabte Menschen mit dem Rest der Welt hadern – siehe etwa X-Men. Gleichzeitig ist Raising Dion aber auch das Drama einer alleinerziehenden Mutter. Das geht mit den üblichen Problemen einher, welche diese Aufgabe so mit sich bringt. Woher nehme ich das Geld? Wie schaffe ich es, Beruf und Elternrolle in Einklang zu bringen? Auch Themen wie Mobbing an der Schule und Rassismus plagen die Familie, die Serie fährt so ziemlich alles auf, was man an der Stelle tun kann.
Wenn aus einem Sturm ein laues Lüftchen wird
Prinzipiell funktioniert das, man nimmt Hauptdarstellerin Alisha Wainwright die Last der überforderten Mutter ab. Die Geschichte aus der Sicht der Mutter zu erzählen anstatt des kleinen Superhelden, ist zudem ein ungewöhnlicher Ansatz. Und auch das Geheimnis darum, was nun eigentlich vorgefallen ist und woher diese Kräfte stammen, lassen einen die Fernbedienung neben sich vergessen. Doch je länger die Serie andauert, umso mehr geht von dieser Ungewöhnlichkeit verloren. Zum Ende hin, wenn eigentlich das große Finale ansteht und Raising Dion tüchtig Spezialeffekte aus dem Computer holt, wird es sogar eher ein bisschen langweilig. Da war der Inhalt auf einen Comic oder eben einen Kurzfilm dann doch besser ausgerichtet, auf Dauer fehlt einfach die Spannung – zumal ausgerechnet die Leistung des Dion-Nachwuchsdarstellers zu wünschen übrig lässt.
Für einen Platz im soliden Mittelfeld reicht das noch, da die Kombination aus Sozialdrama mit gesellschaftlichen Untertönen und Superhelden-Saga nach wie vor eher weniger bedient wird. Außerdem ist es angenehm, wenn mal nicht mit dem üblichen One-Liner-Humor gearbeitet wird, der für manche ein festes Kriterium bei Comic-Adaptionen geworden ist. Am besten wird Raising Dion jedoch bei einem jüngeren Publikum funktionieren, das sich noch bei einem großen Gewitter erschrecken und bei den Problemen des Protagonisten mitfühlen kann. Der Rest schaut rein, um ein eigenes verregnetes Wochenende zu überstehen, Begeisterungsstürme wird das hier aber kaum auslösen. Das thematisch ähnlich gelagerte Freaks hat doch doch deutlich mehr zu bieten.
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