Dass sich niemand um sie gekümmert hat, kann Salma eigentlich nicht behaupten. Und doch, so ganz glücklich wurde die 16-jährige Waise mit ihrer Pflegefamilie nie. Vor allem wurmt es die junge Mexikanerin, dass sie nie etwas über ihre Eltern erfahren hat und am Tag der Toten keinen Altar errichten darf. Wie soll sie denn sonst von ihnen Besuch erhalten? Dann stolpert sie jedoch über ein geheimnisvolles Buch, das ihr vielleicht tatsächlich helfen kann, mehr herauszufinden, und macht sich gemeinsam mit ihren Pflegebrüdern Jorge und Pedro auf den Weg. Tatsächlich erfährt sie während des Abenteuers jede Menge über sich und die Eltern – darunter auch Sachen, die sie nie hätte erfahren dürfen …
Schon wieder? Erst machte Manolo und das Buch des Lebens 2014 den Auftakt, drei Jahre später folgte der umjubelte Pixar-Titel Coco – Lebendiger als das Leben. Nun steht mit Salmas Geheimnis bereits der dritte Animationsfilm an, der von dem Tag der Toten inspiriert wurde. Da sind Vergleiche unvermeidbar. Vergleiche, die der Film gerade in Hinblick auf die Optik überhaupt nicht gewinnen kann, handelt es sich doch um ein mexikanisches No-Name-Projekt, dessen Budget nur ein Bruchteil von dem der US-Kollegen beträgt. Und wir in kaum einem anderen Filmbereich merkt man so etwas derart stark wie bei Animationsfilmen.
Schöne Bilder, bei Tag und Nacht
Und doch schlägt sich Salmas Geheimnis überaus wacker. Vor allem am Anfang, während der längeren Einführungsphase, machen die märchenhaften Bilder richtig was her. Aber auch später bekommen die Augen ganz ordentlich was zu tun. Wie es beim mexikanischen Brauch um den Tag der Toten üblich ist, wird nicht an Farben gespart, egal ob nun im Reich der Menschen oder dem der Toten. Außerdem gefallen die vielen Details, die das Team überall eingebaut hat, etwa in der Stadt Santa Clara, in der das Abenteuer seinen Anfang nimmt. Geht es später raus in die Natur, wird es etwas eintöniger, die gröber modellierten Steine oder Pflanzen verraten dann doch, dass man nicht in der ersten Liga mitspielt.
Auch inhaltlich erzeugt Salmas Geheimnis etwas gemischte Gefühle. Die grundlegende Auseinandersetzung mit Leben und Tod ist sicherlich interessant, gerade auch im Rahmen eines Kinderfilms – ein solcher soll das hier ja sein. Ähnlich zu Coco geht es hier um das Erinnern an die Verstorbenen und deren Würdigung, wie es dieses Fest in Mexiko nun einmal einfordert. Stellvertretend hierfür ist Salma, die diese Verbindung sucht, sie sogar braucht. Hier ist jedoch der Aspekt stärker ausgeprägt, dass es eben auch wichtig ist, Abschied zu nehmen. Der Tod mag schrecklich erscheinen, ist aber ein wichtiger Bestandteil des Lebens, den es als solchen anzunehmen gilt.
Das nicht ganz so große Abenteuer
Das eigentliche Abenteuer macht dafür nicht so wahnsinnig viel her. Da soll es dann zwar um viel gehen, was durch die vielen Spezialeffekte unterstrichen wird. Doch ausgerechnet das Finale lässt einen eher kalt, wenn das Spektakel in den Vordergrund rückt. Und das ist für eine Geschichte, die viel von Emotionen handelt, nicht ganz glücklich. Das mag alles in einem fantasievollen Ambiente geschehen, ist selbst aber nicht wirklich fantasievoll geworden. Es ist auch nicht so unterhaltsam, wie man sich das wünschen würde, nicht so packend, Salmas Geheimnis zieht nicht wirklich mit.
Aber auch wenn der Funke nicht ganz überspringt, im derzeit großen Angebot von Animationsfilmen im Kino ist Salmas Geheimnis durchaus einer der sehenswerteren Titel. Die Beschäftigung mit dem ernsten Thema ist ebenso wie einige tragische Elemente der Geschichte selten genug in dem Segment, dass man das hier durchaus für den Nachwuchs mal in Betracht ziehen sollte. Es ist auch sympathisch, wie man hier mal nicht versucht, durch Slapstick und Pop-Dauerbeschallung die Kinder irgendwie abzulenken, sondern sie ein bisschen nachdenken lassen will.
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