Das Wohnung soll verkauft werden, jedoch wissen die Geschwister Sumin (Seunga Moon) und Jinho (Joon-woo Choi) noch nicht so richtig, was hier vor sich geht. Erst als die Eltern (Hyeyoung Kim und Hojun Lim) den beiden eines Abends offenbaren, dass sie nicht länger zusammen sein werden, ist den beiden Kindern klar, was auf sie zukommen könnte. Noch glauben zwar beide, dass ihre Eltern sich vielleicht doch nochmal zusammenraufen und es nicht dazu kommt, durch eine Scheidung auseinander gerissen zu werden. Als sich dann die Hinweise verdichten, versucht jeder auf seine Art, ein Elternteil davon zu überzeugen, sich mit zu sich zu nehmen im Fall der Fälle. Allerdings führt das auch dazu, dass gerade Sumin das Gefühl nicht mehr loswird, im Grunde gar nicht mehr in das Leben der Eltern reinzupassen und unerwünscht zu sein.
Was wenn die Eltern unvermittelt offenbaren, dass sie sich trennen werden, aber noch nicht entschieden haben, wie die Familie zukünftig leben wird und die Kinder vor der Frage stehen was mit ihnen passiert? Scattered Night dreht sich genau um die Frage und rückt das Geschwisterpaar in den Fokus der Erzählung, bleibt dabei aber weitestgehend leider zu abgeklärt und viel zu unnahbar. Unnahbar sind dabei jedoch nicht mal nur die Figuren, sondern tatsächlich der Film in Ganzen. Das südkoreanische Familiendrama ist zunächst einmal unglaublich ruhig. Lediglich das Zikadenzirpen wird manchmal so dominant, dass es sogar fast die spärlichen Dialoge zu übertönen droht und mitunter etwas unangenehm werden kann, wenn die Regisseure Sol Kim und Jihyoung Lee ihre Szenen etwas länger ausdehnen.
Wer liebt mich?
Eigentlich sind die beiden stilistisch mit ihrem Film auf einem guten Weg, denn die Gefühlslosigkeit, die die Eltern aufgrund ihrer Trennung ausstrahlen, stellt die Kinder vor eine emotionale Herausforderung, mit der sie sehr schlecht umgehen können. Dass sich allerdings die Gefühlstaubheit auch zu sehr auf den Zuschauer überträgt, tut dem südkoreanischen Werk nicht unbedingt gut. Mitfühlen mit den Kindern? Fehlanzeige. Dabei hätte man die zwei charakterlich so viel intensiver darstellen können. Vor allem in den Momenten, in denen sie verzweifelt versuchen herauszufinden, ob die Mutter oder der Vater sie lieber bei sich haben wollen oder sie überhaupt bei sich haben wollen. Oftmals macht das nämlich nicht den Anschein.
Und da treten die eigentlich ausgezeichneten aber sehr subtilen Stärken des Dramas zu Tage. Welche Mittel bleiben einem Kind um einen Elternteil davon zu überzeugen zusammen zubleiben oder sich bei der Trennung für den einen und gleichzeitig gegen den anderen zu entscheiden? Es ist schön zu sehen, wie unterschwellig die Kinder sich bestimmte Aspekte ihrer Eltern zu eigen machen um sie zu beeindrucken. Dabei wird der Zuschauer auch erkennen, dass gerade Sumin sich mit der Situation viel mehr auseinander setzt als es die Erwachsenen tun. Vielleicht kann man in der Hinsicht sogar den Schritt wagen und zumindest die Handlungsebene von dem kleinen Mädchen als Coming-of-Age betiteln. Augenscheinlich mit kindlicher Naivität und Direktheit bringt sie ihre Eltern bei ihren Überzeugungsversuchen immer wieder in Situationen, in denen diese dann gar keine Antwort parat haben und lieber ausweichen anstatt zu versuchen, mit ihrer Tochter einen Dialog zu führen geschweige denn die Wahrheit zu sagen und über die eigenen Gefühle zu sprechen. Erkennt dabei aber, dass ihr etwas vorenthalten wird und sie von beiden Seiten belogen wird.
Es fehlen die Gefühle
Obwohl hier mit einer durchaus klugen Charakterentwicklung gearbeitet wird, bleibt eben benannte Unnahbarkeit bestehen und erschwert oftmals den Zugang zu dem doch relativ kurzen Film. Dass sich die unbequeme Situation, bei denen sich alle schweigend gegenübersitzen oder nach Ausflüchten suchen Gespräch zu beenden, zwar genauso unbequem auf den Zuschauer überträgt, lässt zumindest erahnen, welche Möglichkeiten der Film gehabt hätte, um das Publikum wirklich mitzureißen. Allerdings wird im Verlauf einfach vieles eher anstrengend und strapaziert mehr oder weniger die eigene Geduld.
Emotionslosigkeit als Mittel zum Abbild der elterlichen Trennungssituation zu nutzen mag für gewisse Momente durchaus passen, wird aber hier insgesamt zum Fallstrick des Films, der sich dadurch selbst das Potenzial nimmt ein richtig gutes Drama zu werden.
(Anzeige)