The Report

The Report

„The Report“ // Deutschland-Start: 7. November 2019 (Kino) // 29. November 2019 (Amazon Prime Video)

Nach den verheerenden Anschlägen am 11. September 2001 sind sich alle in der Führung der USA einig: Etwas Derartiges darf nie wieder geschehen. Also setzen die Geheimdienste alles daran, schon frühzeitig von solchen Terrorakten zu erfahren, um sie auf diese Weise verhindern zu können. Aber was bedeutet alles in dem Fall? Hat die CIA bei ihren Verhören von Verdächtigen Grenzen überschritten? Um das herauszufinden, beauftragt Senatorin Dianne Feinstein (Annette Benning) den gewissenhaften Daniel J. Jones (Adam Driver) mit entsprechenden Ermittlungen. Tatsächlich häufen sich die Anzeichen, dass hier nicht sauber gearbeitet wurde. Obwohl die Verantwortlichen alles dafür tun, um ihm und seinem Team Steine in den Weg zu legen, stößt er zunehmend auf Ungereimtheiten und schockierende Details. Doch davon zu wissen, reicht nicht, diese Erkenntnisse müssen auch entsprechend weitergeleitet werden – was die CIA unter allen Umständen verhindern will …

Zuletzt war das mit dem Bewahren von Geheimnissen nicht gerade eine Stärke des Weißen Hauses, man kommt inzwischen ja schon gar nicht mehr mit bei den vielen Enthüllungen, mit denen wir überschwemmt werden – auch weil gewisse Herren an vorderster Front nicht über den notwendigen Filter verfügen, der eine solche Position mit sich bringen sollte. Das war früher anders, da bedeutete es richtig kämpfen zu müssen, um die Wahrheit ans Licht zu. Einen dieser Kämpfe schildert The Report, das sich eines besonders schäbigen Kapitels in der neueren US-Geschichte ausgesucht hat: die Folterungen von Gefangen durch die CIA, mit dem Ziel, Terroristen ausfindig zu machen und auszuschalten.

Eine Folter mit schönem Namen
Offiziell war das natürlich nicht erlaubt. Folter in einem westlichen Staat? Das geht nicht. Aber es ging doch: The Report zeigt, wie einige besonders fiese und zynische Gestalten die Lage nach den Anschlägen für sich zu nutzen wussten, indem sie Praktiken etablierten, die unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätten. Außerdem fand man einen schönen Namen dafür: enhanced interrogation techniques, verbesserte Verhör-Techniken. Das klang besser als Folter, auch wenn Methoden wie Waterboarding, konstante Beschallung mit Marilyn Manson oder Demütigung eindeutig unter Folter fallen. Oder darunter fallen würden, wüsste jemand davon Bescheid. Was es natürlich unter allen Umständen zu verhindern gilt.

Scott Z. Burns, sonst vor allem als Drehbuchautor bekannt (Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen), wird dann auch nicht müde die Geschichte als klassisches David-gegen-Goliath-Szenario zu inszenieren. Auf der einen Seite der wackere Ermittler, der sich so sehr in seine Aufgabe verbeißt, dass er irgendwann nicht mehr weiß, welcher Monat gerade ist. Auf der anderen Seite die fiesen Mitglieder der Regierung oder auch von Geheimdiensten, die mit immer neuen Schikanen versuchen, die Untersuchung zu verhindern oder zumindest so umzuleiten, dass niemand etwas davon erfährt. Man habe ihn beauftragt, ein Boot zu bauen, wird an einer Stelle gesagt, doch es sei nie beabsichtigt gewesen, dass es am Ende auch davonsegelt. Das ist frustrierend, ohne Frage, man leidet geradezu mit dem einsamen Kämpfer, dessen zunehmende Verzweiflung intensiv von Adam Driver (The Man Who Killed Don Quixote) dargestellt wird.

Wie tief geht dieser Abgrund denn noch?
Dass es Jones schließlich doch gelingt, die Wahrheit aufzudecken, ist nicht nur ein großer Verdienst, sondern auch Grundlage eines spannenden Films. Das Ende ist natürlich bekannt, auch wenn Burns immer wieder versucht, Zweifel am Ausgang zu streuen. Es ist vielmehr der Weg dorthin, der fesselt. Der auch schockiert, wenn nach und nach immer mehr Details bekannt werden, von denen man nicht sicher ist, ob man sie alle wissen wollte. Damit der an und für sich unspektakuläre Ablauf – die Handlung besteht weitestgehend darin, dass Jones durch die Gegend läuft, auf den Bildschirm starrt oder mit Leuten redet – nicht zu trocken wird, wurden zur besseren Veranschaulichung einige der verabscheuungswürdigen Praktiken demonstriert. Auch deshalb ist The Report, das auf dem Sundance Filmfestival 2019 Premiere hatte und frenetisch gefeiert wurde, ein streckenweise nur schwer erträglicher Film – trotz eines „Happy Ends“.

Bemerkenswert ist zudem, wie sehr Burns Schwarzweiß-Zeichnungen zu vermeiden versucht. Während Jones der klare Held ist und die Folterer und Vertuscher verurteilt werden, findet sich dazwischen jede Menge Ambivalenz. Den Report zu verfassen und zu veröffentlichen ist eben mehr als nur moralische Pflichterfüllung. Es ist auch Politik. Und eine solche ist niemals einfach. Das gleiche gilt für die Frage: Was wäre, wenn die Folter Erfolg gehabt hätte? Wenn die Behauptungen der Geheimdienste, dass die Verbrechen der USA solche der Terroristen verhindern, tatsächlich der Wahrheit entsprechen? Wäre das dann trotzdem falsch? Darüber wird in dem Film nicht einmal nachgedacht, vielleicht aus Angst vor der Antwort. Davor, was noch in den Kellern, die es offiziell nicht gab, alles passiert wäre, welche wissenschaftlich verpackten Grausamkeiten man sich ausgedacht hätte, von denen wir nichts hätten erfahren dürfen.



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„The Report“ erzählt die Geschichte eines Teams, das gegen alle internen Widerstände versucht, die vertuschten Folterpraktiken zu enthüllen. Das ist oft nur schwer erträglich, aber eben auch sehr spannend, obwohl die Handlung an sich unspektakulär ist, da man unweigerlich mit dem einsamen Kämpfer mitfühlt und sich vor den nächsten Enthüllungen graut.
8
von 10