Die 12-jährigen Zwillinge Kal (Ved Rao) und Dru (Vrund Rao) sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Wäre da nicht die Brille, die beide unterscheidet, keiner könnte sie wohl wirklich auseinanderhalten. Das ist manchmal ganz praktisch, wenn der eine sich für den anderen ausgeben soll. So wie an dem Tag, als an der Schule der Zahnarzt kam und Kal einfach zweimal hinging. Nur dass es sich dabei um keinen normalen Termin handelte, wie sie später feststellen. Kal hat plötzlich riesige Kräfte, dafür aber auch so eigenartige Trance-Anfälle, wie der Rest der Klasse. Nur Dru wird davon verschont. Was genau haben die während dieser Untersuchung eigentlich getan? Und aus welchem Grund?
Netflix reist bekanntlich ganz gerne um die Welt, um überall Filme und Serien einzukaufen und das eigene Angebot damit zu vergrößern. Auf den ersten Blick könnte man meinen, bei The Unlisted hätte mal wieder Indien auf dem Reiseplan gestanden, wenn wir hier eine indische Familie in den Mittelpunkt stellen. Dort hat sich der Streamingdienst ja auch solche Werke wie Leila oder Soni gesichert, von den Eigenproduktionen ganz zu schweigen. Stattdessen stammt die Serie aber aus Australien. Down under ist die Serie dann auch bereits angelaufen, Netflix bringt sie nun zum Rest der Welt.
Familie ist Trumpf!
Diese indische Note bleibt aber weiterhin, ist eines der Merkmale von The Unlisted. Immer wieder kehrt die Serie zu der Familie der beiden Brüder zurück, zeigt sie bei Feierlichkeiten, spricht von indischen Bräuchen und Speisen. Das ist manchmal ganz witzig, vor allem bei den Auftritten der leicht übergriffen Großmutter, die ihre Lieblinge unentwegt Wombats nennt und für die alle Frauen eines gewissen Alters Tanten sind. Es kann aber auch ein wenig an den Nerven kratzen, wie hier immer etwas bemüht für Leichtigkeit gesorgt werden soll, als Ausgleich für das düster-dystopische Szenario.
Worauf das Ganze hinausläuft, das wird ziemlich früh klar. Selbst wer den offensichtlichen Hinweis überhört – das Titellied ist ein Cover von Pink Floyds Another Brick in the Wall –, der weiß während der frühen Schulszene, dass jemand versucht, Kinder zu manipulieren und zu kontrollieren. Das sorgt zunächst für eine unheimliche bis mysteriöse Stimmung, vor allem beim betroffenen Zielpublikum, das ebenfalls jünger angelegt ist. Und sobald das auf den erwarteten Freiheitskampf hinausläuft, bei dem – logisch – nur Kinder mitmachen können, kommt noch ein wenig David gegen Goliath hinzu. Riesen gibt es heute zwar keine mehr, dafür aber riesige Unternehmen. Und die sind, wie wir alles wissen, mindestens genauso böse.
Mann, seid ihr doof
Das ist dann alles schön und gut. Allerdings krankt The Unlisted an mehreren Problemen. Das erste ist, dass die Geschichte dermaßen over the top ist, dass man sie kaum ernstnehmen kann. Sie erfordert auch sehr viel Gutgläubigkeit von den Zuschauern und Zuschauerinnen, wenn das Unternehmen einerseits so mächtig und hinterlistig ist, dass niemand etwas mitbekommt, außer den Kindern, sich dessen Angestellte gleichzeitig aber unheimlich doof anstellen. Das macht es ein klein wenig schwierig, sich vor ihnen zu fürchten, was bei einer Dystopie ja eigentlich der Fall sein sollte. Außerdem kommt die Serie nur schwer vom Fleck, dreht sich zu oft im Kreis. Auch wenn die 15 Folgen recht kurz sind, jede ist nur wenig mehr als 20 Minuten lang, das wäre schneller gegangen.
Interessant ist dafür das Verhältnis zwischen den Zwillingen, das sich im Laufe der Zeit verändert. Während der eine nun mit Superkräften ausgestattet ist, ist der andere ein Niemand. The Unlisted hat damit nicht nur etwas zu Hierarchien zu sagen, die an der Schule auch gern gepflegt werden, sondern lässt auch das Zwischenmenschliche nicht außer Acht. Was macht das mit zwei Brüdern, wenn der eine plötzlich sehr viel besser ist? Zusammen mit den Ausführungen zu Uniformität, die von allen Kindern verlangt wird, gibt es also schon ein bisschen, worüber das Zielpublikum nachdenken kann. Richtig gut ist die Serie aber nicht, auch bei den Figuren selbst gibt es Defizite, die von der Oma einmal abgesehen ein bisschen arm an Persönlichkeit sind.
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