Ashleigh (Elle Fanning) kann ihr Glück noch gar nicht fassen: Sie darf im Auftrag einer College-Zeitung den berühmten Regisseur Roland Pollard (Liev Schreiber) interviewen! Für ihren Freund Gatsby (Timothée Chalamet) ist das ein willkommener Anlass, um mit ihr nach New York zu fahren und dort ein romantisches Wochenende zu verbringen. So der Plan. Doch irgendwie kommt alles ganz anders. Während Ashleigh immer tiefer in die Filmbranche eintaucht, muss Gatsby sich die Zeit notgedrungen irgendwie allein vertreiben. Und so streift er allein durch die Stadt, trifft Familie und alte Freunde – darunter Chan (Selena Gomez), die jüngere Schwester seiner Ex-Freundin …
Es dürfte praktisch keine Rezension von A Rainy Day in New York geben, die nicht in irgendeiner Form die Missbrauchsvorwürfe an Woody Allen wiederaufgreift. Nicht nur, dass der Film einen quasi dazu zwingt, Stellung zu beziehen: Kann man den Künstler von dem Menschen trennen? Darf man einen Allen-Film gar gut finden, ohne dabei die #MeToo-Bewegung zu verraten? Hinzu kommt, dass die bereits vor zwei Jahren gedrehte Komödie im Zuge der neuen bzw. alten Anschuldigungen erst einmal in den Giftschrank wanderte, Amazon als Rechteinhaber sich schlichtweg weigerte, die noch in die Kinos zu bringen, was wiederum für jede Menge Aufmerksamkeit und einen größeren Rechtsstreit sorgte.
Voller Nostalgie für ein altes New York
Nun ist der Film doch da, wird in einigen Ländern in den Kinos gezeigt und läuft zudem auf einigen Filmfesten – in Deutschland feierte er beispielsweise beim Filmfest Hamburg 2019 Premiere. Und das ist eigentlich eine schöne Sache, klammert man die Geschichten drumherum aus. Denn selbst wenn A Rainy Day in New York sicher nicht mit den ganz großen Filmen der Regielegende mithalten kann, so ist er doch besser als die meisten Werke, die Allen in den letzten Jahren so gedreht hat. Das liegt zum einen an der gewohnt fantastischen Besetzung, aber auch daran, dass der Filmemacher hier keine Risiken eingeht oder versucht etwas Neues zu machen. Stattdessen gibt es einen typischen, sehr routinierten Allen.
Dass der Regisseur eine Schwäche für den Big Apple hat, ist altbekannt. Mit einem entsprechend liebevollen, aber auch nostalgisch verklärten Blick läuft er durch die US-amerikanische Großstadt, kehrt in alten Hotels ein, lauscht Jazz-Musik und dem allgegenwärtigen Regen, fährt mit einer Pferdekutsche durch den Park, lässt ein bisschen den Zauber von einst wiederaufleben. A Rainy Day in New York mag in der Gegenwart gedreht worden sein und auch in ihr spielen, zu merken ist davon jedoch kaum etwas. Allen verweigert sich konsequent jeglicher Modernisierung, hat lieber einen Film gemacht, wie er auch vor dreißig Jahren problemlos hätte entstehen können.
Ein bekannter Streifzug
Das kann man nun natürlich kritisieren, ebenso die Vorhersehbarkeit. Wie viele Filme über elitäre Neurotiker kann ein einzelner Mensch drehen? Oder anschauen? Nur ist A Rainy Day in New York eben auch ein sehr charmanter Film geworden, nicht zuletzt aufgrund von Timothée Chalamet (Call Me by Your Name). Der schlaksige Jungdarsteller mit dem verträumten Blick fügt sich wunderbar ein in die Ahnengalerie des Filmemachers, wenn er hier einen Intellektuellen spielt, der trotz Talent, Geld und Bildung nicht wirklich im Leben vorankommt und sich stattdessen etwas treiben lässt. Das wiederum passt sehr gut zu einer Geschichte, die da ganz ähnlich drauf ist. Einen wirklichen roten Faden verfolgt Allen da nicht. Vielmehr nutzt er den regnerischen Tag für jede Menge skurrile Begegnungen und Gastauftritte zahlreicher Stars.
Viele dieser Figuren sind allein schon aufgrund der geringen Zeit, die ihnen zur Verfügung steht, sehr vereinfacht, oft gar Karikaturen. Vor allem die Filmbranche wimmelt vor Leuten, die in erster Linie mit dem eigenen Ego oder amourösen Eroberungen beschäftigt sind. Wenn eine Reihe von Männern, jung wie alt, der hübschen, aber beschränkten Blondine Ashleigh verfallen, wechselt das zwischen komisch und fragwürdig. Ganz dankbar ist diese Rolle dann auch nicht, obwohl Elle Fanning (Maleficent: Mächte der Finsternis) recht viel aus der schnell etwas nervigen Figur herausholt. Mehr Arbeit als in die Figurenzeichnung investierte Allen da in die Dialoge, geschliffen und pointiert, die inmitten der wohligen Gefälligkeit für kleinere Spitzen sorgen, als Gegenmittel, sich nicht vollends in den Träumereien zu verlieren.
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