Ad Vitam

Ad Vitam: In alle Ewigkeit – Staffel 1

Ad Vitam
„Ad Vitam: In alle Ewigkeit – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 8. November 2019 (TV)

Sterben? Einfach so? Das war einmal. Die Wissenschaft ist mittlerweile so fortgeschritten, dass die Menschen mithilfe der Regeneration den Tod wieder und wieder hinauszögern können und dabei ihren Körper jung halten. Eine neue Phase des menschlichen Lebens hat begonnen. Umso verstörender und rätselhafter, als eine Reihe von Jugendlichen Selbstmord begeht. Was könnte sie dazu veranlasst haben? Der 119-jährige Polizist Darius (Yvan Attal) soll dieses Rätsel lösen und erhält dabei Unterstützung durch die 24.jährige Christa Novak dit Nora (Garance Marillier), die früher einer Aktivistengruppe angehörte, welche die Unsterblichkeit bekämpfte. Dabei müssen sie feststellen, dass diese Gruppe bis heute ziemlich aktiv ist …

Werden wir irgendwann ewig leben können? Lernen die Menschen, Krankheiten zu eliminieren, durch einen Eingriff in die DNA? Die Fortschritte der Wissenschaft sind so rasant, dass wir noch gar nicht wirklich zu einem Schluss gekommen sind, ob wir das überhaupt wollen. Und ob wir es dürfen: Wenn Moral auf Technik stößt, ist das Verhältnis nicht immer ganz eindeutig. Im Fall von Ad Vitam: In alle Ewigkeit ist die Entscheidung bereits gefallen. Hier ist es zwar ein bloßes Bad in einer Hightech-Flüssigkeit, die uns von allen Wehwehchen und dem Alterungsprozess befreit. Doch das Ergebnis ist dasselbe, die französische Serie beschreibt eine Zukunft, in der das Sterben nach und nach zu den Akten gelegt wird.

Was kommt nach der Ewigkeit?
Das hört sich erst einmal nicht schlecht an. Vom ewigen Leben haben schließlich schon viele geträumt, sei es in der Realität oder fiktiven Werten. In Letzteren gab es oft die Einschränkung, dass ein solches Leben sehr einsam ist, wenn um einen herum allen sterben. Da aber auch das in Ad Vitam kein Thema ist, dürfte bei so manchen die Reaktion sein: Klar, warum nicht? Aber selbst wer keine solche Verluste mehr zu befürchten hat und damit quasi für immer den Status Quo beibehalten kann, wird eventuell irgendwann ins Grübeln kommen, ob das alles so richtig ist und auch überhaupt wünschenswert. Denn selbst wenn der Körper keine Spuren mehr zurückbehält von Verletzungen oder Alterungsprozessen, ist da ja immer noch die Seele. Regelmäßig werden die Menschen umgeschult oder vergessen die Vergangenheit, unterstützt durch die Wissenschaft. Anders wäre das wohl alles nicht zu ertragen.

Ad Vitam ist aber nicht allein eine sehr theoretische Auseinandersetzung mit dem für und wieder von Unsterblichkeit, die uns vielleicht irgendwann in der Zukunft zur Verfügung steht. Stattdessen hat die von Thomas Cailley (Liebe auf den ersten Schlag) und Sébastien Mounier entwickelte Serie eine Menge über das Leben von heute zu erzählen. Wenn in den Fridays-for-Future-Protesten Jugendliche auf die Straße gehen, um gegen den Raubbau der Alten zu demonstrieren, die für den Nachwuchs nichts mehr übrig lassen, dann werden die hier angesprochenen Themen auf einmal sehr aktuell. Nicht nur, dass die Alten alles bestimmen wollen und sich über die Jugend hinwegsetzen, sie wollen ihnen erst gar nicht mehr den Platz überlassen. Stattdessen bewahren sie sich ihren jungen Körper und haben ein Gesetzesvorhaben in Gang gebracht, das strenge Geburtenkontrollen vorsieht: Der eigene Tod wird verhindert, neue Geburten verboten.

Ruhige Reflexion
Das Team hinter der Serie packt diesen schweren Stoff in unterkühlte Bilder, die oft im bläulich-gräulichen Umfeld angesiedelt sind. Dazu gibt es einen zurückhaltenden Score, mit melancholischen Tönen. Beides gilt auch für Ad Vitam insgesamt. Wer angesichts des dystopischen Science-Fiction-Settings von rasanten Actionszenen träumt, sieht sich getäuscht. Die Geschichte wird sehr ruhig erzählt, verlässt sich auf Worte und eine Atmosphäre der traurigen Leere, weniger auf die Handlung. Zwar stellt das ungleiche Duo, eine interessante Variation des Buddy Cop Prinzips, zahlreiche Ermittlungen an, befragt Leute und fährt durch die Gegend. Es passiert nur nicht so wahnsinnig viel dabei.

Spannend ist die Serie, die letztes Jahr auf Arte lief und nun nach mehreren Verschiebungen endlich im Netflix-Sortiment erschienen ist, auf andere Weise. Ad Vitam regt dazu an, über vieles nachzudenken: über sich selbst, das Leben. Was ist es, dass das Leben auszeichnet? Kann ein Leben ohne den Tod sinnvoll sein? Aber eben auch: Welche Verantwortung tragen wir den Menschen gegenüber, die nach uns kommen? Antworten gibt es keine, dafür kleine Hoffnungsschimmer und ein wunderbar kaltes bis leicht surreales Ambiente. Wer also mal wieder in der Stimmung für Science-Fiction ist, der sich mehr mit dem Existenziellen befasst ist als mit bombiger Unterhaltung, sollte sich diesen ruhigen Vertreter nicht entgehen lassen.



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Was wenn niemand mehr sterben muss? „Ad Vitam: In alle Ewigkeit“ nimmt eine nachdenklich stimmende Zukunftsvision, um ganz allgemeine Fragen zu stellen und auch etwas über die Generationenverteilung zu sprechen. Das ist stimmungsvoll und unheimlich, aber auch sehr ruhig, richtet sich an ein anspruchsvolleres Publikum.
8
von 10