Alles was du willst Tutto quello che vuoi
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Alles was du willst

Alles was Du willst
„Alles was du willst“ // Deutschland-Start: 21. November 2019 (Kino)

Arbeit? Das steht auf der Prioritätenliste von Alessandro (Andrea Carpenzano) nicht so sonderlich weit oben. Der 22-Jährige verbringt seine Zeit lieber mit seinen Freunden und damit, eigentlich nichts zu tun. Sein Vater Stefano (Antonio Gerardi) will dem aber nicht länger tatenlos zusehen und drängt den Nichtsnutz dazu, endlich einen Job anzunehmen. Und so erklärt sich Alessandro, wenn auch widerwillig, dazu bereit, künftig den 85-jährigen Dichter Giorgio (Giuliano Montaldo) auf dessen Spaziergängen zu begleiten. Der ist inzwischen in Vergessenheit geraten, leidet auch unter einer zunehmenden Demenz, hat dabei jedoch noch viel zu erzählen – unter anderem von einem persönlichen Schatz, den Alessandros Freunde Riccardo (Arturo Bruni), Tommi (Emanuele Propizio) und Leo (Riccardo Vitiello) nur zu gern hätten …

Wenn in Filmen alte Menschen mit jungen zusammengebracht werden, dann meistens zu dem Zweck, dass der eine von dem anderen etwas lernt. Das kann bedeuten, dass der grimmige Nachbar dank eines Kindes sein Herz öffnet und wieder erkennt, worauf es ankommt. Alternativ darf es aber auch ein jugendlicher Protagonist sein, der von der Weisheit des Alters profitiert. Aber wie ist das, wenn der Alte an Demenz leidet, sich an vieles nicht erinnert und Leute nicht wiedererkennt, der Junge wiederum so gar nichts auf die Reihe bekommt? Das wird dann natürlich ein wenig schwierig, Vorbildfunktion hat auf diese Weise keine der beiden Seiten.

Schön, aber nicht kitschig
Und doch geht es bei Alles was du willst natürlich schon um einen Austausch. Giorgio findet endlich wieder einen Zugang zu der Außenwelt, die ihn vor langer Zeit bereits entsorgt hat. Er findet in dem jungen Mann eine Begleitung, einen Zuhörer, später auch einen Freund. Für Alessandro wiederum ist der Greis der Anlass, sein eigenes Leben mal in Angriff zu nehmen und darin so etwas wie eine Sinnhaftigkeit zu entdecken. Das klingt nach hübschem Berieselungskitsch, der so manch wohligen Seufzer im Kinosaal provoziert. Glücklicherweise ist der italienische Film aber deutlich sehenswerter, als es die Zusammenfassung der Geschichte vermuten lässt.

Zum einen ist Alles was du willst deutlich leiser als erwartet. Regisseur und Drehbuchautor Francesco Brun missbraucht die Erkrankung seines Protagonisten nicht für irgendwelche billigen Gags. Genauso zeigt er bei den emotionaleren Momenten Zurückhaltung, schlachtet die tragischen Komponenten nicht aus. Wenn im Laufe der 100 Minuten die zu erwartenden Veränderungen einsetzen und Alessandro Zuneigung zu Giorgio entwickelt, dann geschieht das beiläufig, fast unmerklich, ohne groß Worte darüber zu verlieren. Und wenn das Thema dann doch mal zur Sprache kommt, dann tut sich gerade der junge Mann damit schwer, weil seine innerliche Reise eher intuitiv erfolgt, weniger rational. Warum Alessandro in dem alten Dichter auf einmal etwas sieht, das weiß er selbst nicht so genau.

Nette Idioten
Neben dieser angenehm unaufgeregten Erzählweise sind es vor allem die Figuren und deren Verkörperungen, die Alles was du willst zu einem kleinen Geheimtipp machen. Auch wenn die jungen Männer letztendlich Großmäuler sind, die fehlende Perspektiven und Ambitionen anderweitig überdecken wollen, es ist eine doch irgendwie sympathische Chaostruppe. Der elegante, stets vornehme und höfliche Giorgio ist ohnehin ein Anblick für sich, der selbst in der größten Bredouille noch ein Lächeln provoziert. Dass er damit immer ein wenig fehl am Platz wirkt, wie ein Relikt einer fernen Vergangenheit und verblasster Orte, verleiht ihm zudem einen gewissen Charme. Zuzusehen, wie er seinen Hut hebt oder Damen die Hand küsst, lässt einen daran glauben, dass am Ende alles gut wird.

So schrecklich originell ist das Ganze natürlich nicht. Im Groben zumindest weiß man hier von der ersten Begegnung an, wie sich das alles abspielen wird. Bruni findet aber immer wieder kleine skurrile Momente und Einfälle oder auch komische Situationen, um den bekannten Ablauf etwas aufzulockern. Vor allem in der zweiten Hälfte, wenn die Truppe eine etwas andere Schatzsuche startet, verwandelt sich das Lächeln gerne mal in ein Schmunzeln. Der eine oder andere Lacher ist auch drin. Dennoch, eine Schenkelklopferkomödie sollte niemand erwarten, Alles was du willst ist kein Crowdpleaser in dem Sinn, dürfte vermutlich auch kein besonders großes Publikum hierzulande finden. Wer aber mal wieder in der Stimmung nach einer Komödie ist, die zu Herzen geht, ohne dabei gleich schrecklich manipulativ zu werden, der sollte dieser hier eine Chance geben.



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„Alles was du willst“ erzählt die Geschichte eines 22-jährigen Nichtsnutzes, der sich unfreiwillig um einen 85-Jährigen mit Demenz kümmert und mit der Zeit Freundschaft mit ihm schließt. Der grobe Ablauf ist wenig originell, zwischendurch finden sich aber ein paar skurrile Einfälle und dazu ein paar sympathische Chaoten, die einem ans Herz wachsen.
8
von 10