Campo
© Steppenwolf

Campo

Campo
„Campo“ // Deutschland-Start: 28. November 2019 (Kino)

Militärbasen sind, aus naheliegenden Gründen, keine Orte, an denen Normalsterbliche oft zu Besuch sind. Zeit das zu ändern! Oder doch nicht? Zunächst dürften nur die wenigsten realisieren, dass wir in Campo schon mitten drin sind. Wir sehen viel Natur. Schafe zum Beispiel. Von denen gibt es jede Menge. Oder Bienen. Tatsächlich könnte man anfangs glauben, versehentlich doch in Land des Honigs gegangen zu sein, einen Kinosaal weiter. Menschen gibt es natürlich schon in dieser Idylle, selbst wenn sie sich anfangs nicht als solche zu erkennen geben, wenn sie als kleine Punkte vom Himmel fallen. Und doch sind eben diese Punkte erste Anzeichen dafür, wo wir uns befinden.

Nein, Tiago Hespanha ist kein Mann großer Worte. Oder besser: Er ist kein Mann großer Erklärungen. Sein Film ist weniger Aussage als Frage, eine mitunter mysteriöse Reflexion über das, was auf dieser Welt geschieht, vielleicht nicht geschieht, was im Himmel geschehen könnte, weit weg, irgendwo da draußen. Schauplatz, das wird erst nach einer Weile klar, ist dabei eben eine solche Militärbasis. Mehr noch, sie ist die größte Europas, nahe bei Lissabon gelegen. Von dem Trubel der portugiesischen Großstadt ist hier jedoch nichts zu spüren, Campo spielt irgendwo im Nirgendwo.

Der Sinn ist irgendwo da draußen
Verspielt ist der Dokumentarfilm dann auch, nicht zuletzt, weil er nur zum Teil tatsächlich dokumentiert, an vielen Stellen mehr Essay ist. Anders aber als Die Sinfonie der Ungewissheit kürzlich, das ebenfalls zwischen beiden Formen schlafwandelte, verzichtet Hespanha darauf, bei den Themen zu konkret zu werden. Da gibt es die besagten Passagen, wenn die Kamera still die Umwelt betrachtet. Dann kommt vielleicht ein kleiner Exkurs, etwa zu Prometheus. Wir erfahren von Nachrichten, welche die Menschheit ins Weltraum sendet, in der Hoffnung, dass jemand da draußen ist, der sie versteht. Zwischendurch darf aber auch mal Krieg gespielt werden.

Trotz des Settings, Campo ist kein Film, der sich an ein militärisch interessiertes Publikum richtet. Vereinzelte Szenen, in denen das eigentliche Treiben in der Basis thematisiert wird, klar, die gibt es. Doch sie sind nur ein Teil eines Bildes, das Vielmehr ist es das Zusammenspiel aus Simulation und Realität, was in den Mittelpunkt rückt, eine Verbindung von Leben und Tod. Auf der einen Seite der Krieg, auf der anderen Seite ein Schaf, das beim Versuch, ein totgeborenes Lamm zur Welt zu bringen, selbst stirbt. Bienen, die umherschwirren, auf der Suche nach einem Zuhause. Ein junger Mann, am Klavier sitzend, während sich neugierig ein kleines Reh von außen nähert.

Das hört sich verwirrend an, ist es teilweise auch. Bei dem Beitrag der Dok Leipzig 2019 geht es mehr darum, ein bisschen den Horizont zu erweitern, vielleicht ganz grundsätzlich auch einmal über die Welt und die Rolle des Menschen nachzudenken. Wer sich Campo anschaut, wird durch die teils surrealen Kombinationen nicht zwangsweise schlauer. Manch einer wird im Anschluss vielleicht sogar das Gefühl haben, weniger zu wissen als zuvor, zumindest weniger Gewissheit zu haben. Gleichzeitig ist die Flut aus Informationen und Einzelaufnahmen inspirierend, lässt einen träumen und im Geist reisen, dabei doch auch im hier und jetzt sein, bis Himmel und Erde kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind.



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„Campo“ nimmt uns mit auf Europas größte Militärbasis, hat dabei über das Militär gar nicht viel zu sagen. Vielmehr lässt einen die Mischung aus Dokumentation und Essay über die Welt und das Leben nachgrübeln, stellt vieles in Frage und inspiriert doch, den eigenen Platz in all dem zu suchen.