Um die steigenden Kriminalitätsraten in den Griff zu bekommen, wird Manhattan Island zu einem gigantischen Hochsicherheitstrakt umfunktioniert, in den die USA alle Verbrecher einsperren. Entkommen ist unmöglich, da alle Brücken vermint sind und alle anderen Wege sowie der Hudson River ständig von der Polizei überwacht werden, die auf alle Versuche eines Ausbruchs mit maximaler Härte reagiert. Ausgerechnet in dieses von Banden regiertes Gebiet stürzt die Maschine des US-Präsidenten ab und es dauert nicht lange, bis die größte Gang, angeführt vom mysteriösen Duke (Isaac Hayes) weiß, was sie da für einen Fang gemacht hat und beginnt, die Regierung zu erpressen. Da der Präsident bei einem internationalen Treffen erwartet wird, setzt Gefängnisleiter Hauk (Lee Van Cleef) auf Infiltration. Dem Kriminellen Snake Plissken (Kurt Russell), einst hochdekorierter Soldat, wird ein Ultimatum gesetzt: Für ein Begnadigung muss er binnen 24 Stunden den Präsidenten aus der Hand der Gangs befreien. So macht sich Plissken auf zu einem Selbstmordkommando, denn völlig auf sich allein gestellt muss er sich mit einer ganzen Stadt anlegen, in der jeder alles dafür tun würde, diese wieder zu verlassen und dafür bereits ist über Leichen zu gehen.
Wie eine Schlange
Schon lange bevor US-Regisseur John Carpenter mit Halloween und The Fog – Nebel des Grauens Filmkritikern und Filmfans ein Begriff wurde, hatte er sich vor allem als Drehbuchschreiber versucht. Vielen von diesen verfilmte er später selbst, wobei andere die Vorlage lieferten für beispielsweise die ersten beiden Sequels zu Halloween, Halloween II und Halloween III: Season of the Witch, Harley Cokeliss Black Moon (1986) und Irvin Kershners Die Augen der Laura Mars. In dieser Zeit entstand auch die Geschichte rund um Snake Plissken und diese düstere Vision der USA, die Carpenter als Reaktion auf den Watergate-Skandal geschrieben hat.
Zu einer der wohl einprägsamsten Kreation dieses Drehbuchs, welches Carpenter vor der Produktion mit Koautor Nick Castle überarbeitete, gehört die Figur des Snake Plissken. Kurt Russell, der zuvor in Carpenters Fernsehfilm über das Leben Elvis Presleys die Rolle des „King of Rock ’n‘ Roll“ höchstpersönlich gespielt hatte, verkörpert diesen Charakter, der bis heute eine der wohl bekanntesten Rollen des Darstellers ist. Inspiriert von Figuren wie ‚Dirty‘ Harry Callahan oder den zahlreichen Charakteren, für die Charles Bronson bis heute bekannt ist, ist Plissken ein Mann weniger Worte, desillusioniert und nicht um einen meist zynischen Spruch verlegen, der seine Tiefe Verachtung für das System ausdrückt, für das Männer wie Hauk oder der Präsident stehen. In einem Staat, der sich scheinbar vorgenommen hat, jeder Art von Rebellion, ob nun offensichtlich oder eher emotional, zu unterbinden oder zumindest streng zu reglementieren, funktioniert und entscheidet Snake nach einem eigenen Kodex, der genauso gnadenlos sein kann wie die Umwelt, die ihn umgibt.
Dennoch ist diese Figur weit entfernt von jenen Übermenschen, zu denen Actionhelden speziell gegen Ende der 90er Jahre oder später noch gemacht wurden. Hinter der stoischen Mine steckt ein wacher Geiste, eine „Schlange“, die blitzschnell zuschnappen kann, aber auch Werte wie Gnade und Loyalität kennt. In einer Gesellschaft, die sich nur auf Befehle beruft, die ihre Probleme unterdrückt oder wegsperrt, verkörpert Russells Figur die Verweigerung des status quo, sodass man, trotz der Zwangslage, in die Hauk ihn bringt, nie so richtig weiß, für welche Seite Snake sich am Ende entscheidet.
Die Welt im Jahre 1997
Hinter einer Figur wie Plissken steckt nicht zuletzt die Idee eines Helden, der sich nicht korrumpieren lässt, der noch Ideale hat. Selbst wenn das Jahr, in welchem der Film spielt, lange der Vergangenheit angehört, so hat die Vision Carpenters nichts von ihrem Schrecken eingebüßt. Diese labyrinthartige Metropole, bei der die Bedrohung sogar aus dem Boden kommen kann und nach einem greift, ist die dystopische Sicht auf eine USA, die durch Machtmissbrauch und Gewalt zu einem faschistischen Staat wurde. Kein Geringerer als „Adlergesicht“ Lee Van Cleef drückt den moralischen Abgrund eines Systems aus, welches mit Versprechungen lockt, aber für das der Einzelne letztlich doch entbehrlich ist.
So dominieren selbst am Tag die dunklen Töne in den Bildkompositionen Dean Cundeys, der den urbanen Moloch einfängt, diese Stadt, die, wie es einst Rainer Werner Fassbinder schrieb, ihre Kinder frisst, wo sie sie findet. Unterlegt ist dies mit einem phänomenal guten Soundtrack aus der Feder Carpenters und Alan Howards, der das perfekte Klangbild für diese Vision Amerikas bietet, voller düsterer Momente und mit Betonung der strengen Hierarchien innerhalb dieses Landes der Zukunft.
OT: „Escape from New York“
Land: USA
Jahr: 1981
Regie: John Carpenter
Drehbuch: John Carpenter, Nick Castle
Musik: John Carpenter, Alan Howard
Kamera: Dean Cundey
Besetzung: Kurt Russell, Lee Van Cleef, Donald Pleasence, Ernest Borgnine, Isaac Hayes, Adrienne Barbeau, Harry Dean Stanton
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