Andy Dufresne (Tim Robbins) soll nicht nur seine Frau, sondern auch deren Geliebten brutal ermordet haben. Zwar kann er sich an diese Tat nicht erinnern, auch die Beweislage ist eher dürftig. Aber für den entsprechenden Richter reicht es: Er verurteilt den Banker zu zweimal lebenslänglich und wird ins berüchtigte Shawshank-Gefängnis gesteckt. Dort trifft er auf Mithäftling Red (Morgan Freeman), der sich darauf spezialisiert hat, gewünschte Waren in den Knast zu schmuggeln. Während Andy mit ihm schnell Freundschaft schließt, ist das Verhältnis zu anderen Insassen und auch dem brutalen Leiter Samuel Norton (Bob Gunton) schwierig – bis Andys Kenntnisse von Steuertricks ihre Runde machen …
Einen Mangel an Adaptionen der Werke von Stephen King würde wohl niemand ernsthaft beklagen. Seit der ersten Verfilmung Carrie im Jahr 1976 gab es mehr als hundert Filme und Serien, die auf der Arbeit des King of Horror basieren, aus denen sich Fans bedienen können. Wenn es jedoch um gute Adaptionen geht, da ist die Liste deutlich kleiner. Manch einer würde sogar so weit gehen, dass es wirklich nur eine Hand voll gibt, die dieses Prädikat verdienen. Auffällig ist dabei, dass viele der Höhepunkte entweder deutlich von den Vorlagen abweichen (Shining) oder wenig mit dem zu tun haben, was wir mit dem Autor in Verbindung bringen – siehe Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers. Auf Die Verurteilten trifft beides zu. Nicht nur, dass Regisseur und Drehbuchautor Frank Darabont hier ein Gefängnisdrama gedreht hat, ganz ohne übernatürliche oder andere Horror-Elemente. Seine Fassung unterscheidet sich zudem teilweise deutlich von dem, was Leser in der Novelle Rita Hayworth and Shawshank Redemption vorfanden.
Ein später Hit
Als der Film 1994 in die Kinos kam, wurde der Name Stephen King auch nur zurückhaltend zu Marketingzwecken verwendet. Das mag heute überraschen, war aber durchaus irgendwie verständlich. Schließlich wollte man mit diesem ruhigen Drama eher ein anspruchsvolleres Publikum ansprechen, nicht das übliche King-Klientel. Funktioniert hat das nicht, zumindest anfangs, an den Kinokassen war der Film zunächst eine Enttäuschung. Erst nachdem er für sieben Oscars nominiert wurde, darunter als bester Film des Jahres, wurden die Leute darauf aufmerksam. Die Verkaufszahlen auf Video waren später dann auch beachtlich, bis heute steht der Titel bei imdb auf Platz eins der besten Filme aller Zeiten, mit einer durchschnittlichen User-Wertung von 9,2.
Ob Die Verurteilten nun wirklich diesen Ausnahmestatus verdient, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ein sehr guter Film ist er aber sicherlich, mit einer ungewöhnlichen Mischung aus schönen und sehr hässlichen Szenen. Das ist es vermutlich auch, was vielen so sehr an ihm gefällt: Die Geschichte um eine Freundschaft, die in einem schäbigen, oft menschenverachtenden Gefängnis entsteht, spendet Trost, macht Mut. Lehrt einen, nie die Hoffnung aufzugeben, so schrecklich die Gegenwart auch sein mag. Denn selbst in der größten Finsternis kann das Glück warten, wenn man offen ist. Das klingt ein wenig kitschig, wird hier aber so langsam und natürlich entwickelt, in kleinen Dosen, dass selbst das nachträglich eingeführte Wohlfühlende durchgeht.
Es kann nur schlimmer werden …
Zumal es eben auch die besagten Rückschläge gibt. Das können die brutalen Begegnungen hinter Gitter sein, sowohl mit Häftlingen wie auch Wärtern – da geben sich beide Seiten nicht viel. Ein später wichtig werdendes Thema ist aber auch: Was macht das Gefängnis mit einem? Wer nach Shawshank kommt, der verlässt es niemals so richtig. Zu stark haben sich die Erfahrungen dort in die Seelen der Menschen gebrannt. Selbst wer das Glück hat, irgendwann begnadigt zu werden, ist verloren. Denn nach Jahren und Jahrzehnten hinter Gittern ist oft nicht mehr viel übrig geblieben. Der Versuch im Anschluss noch einmal ein normales Leben zu führen, ist oft vergeblich. Andy ist hier die Ausnahme. Nicht nur, dass er erst durch den Knast kriminalisiert wird, womit der Film ganz beiläufig das gesamte System in Frage stellt. Er findet dabei eine Stärke, die der unscheinbare Banker vorher nicht hatte. Aus einem unscheinbaren Außenseiter wird ein Anführer, eine Art Vorbild auch.
Tim Robbins (Arlington Road) mag für die Rolle damals nicht einmal zweite oder dritte Wahl gewesen sein – ursprünglich wollte man Andy von den seinerzeit angesagtesten Schauspielern verkörpern lassen –, stellte sich mit seiner Mischung aus Unschuld und Abgeklärtheit aber als Idealbesetzung heraus. Morgan Freeman (Angel Has Fallen) hat da ein wenig das Nachsehen, da seine Figur überwiegend die Funktion des Beobachters hat, der Andys Geschichte erzählt. Doch auch wenn es da ein gewisses Ungleichgewicht gibt, verstärkt durch die selten mit dem Publikum geteilten Gedankengänge des Protagonisten, Die Verurteilten zeigt auf eine sehr schöne Weise, wie sich zwei ungleiche Menschen mit der Zeit annähern und einander Halt geben können, ohne groß Worte darüber verlieren zu müssen.
(Anzeige)