Hundert Jahre nach dem letzten Kampf zwischen Professor Van Helsing (Peter Cushing) und dem Vampir Dracula (Christopher Lee) ist die Erinnerung an den Grafen und seine blutigen Taten so gut wie völlig vergessen. Im Jahre 1972 haben Jessica (Stephanie Beacham) wahrlich anderes im Sinn, als sich mit Übersinnlichem zu befassen, hält das Nachtleben Londons doch so viel mehr bereit von Alkohol, Drogen bis hin zu Sex und natürlich dem ewigen Klang des Rock ’n‘ Roll in den zahlreichen Clubs. Doch auch dies wird auf die Dauer langweilig, bis der Anführer ihrer Gruppe (Christopher Neame) vorschlägt, eine schwarze Messe abzuhalten, was die Anderen natürlich begeistert, auch wenn Jessica ihre Bedenken hat. Das Ritual gelingt und der Graf erwacht zu neuem Leben, erfüllt von Rachegedanken an die Erben seines Erzfeindes Van Helsing. Als wenig später die ersten Toten gefunden werden und die Ermittler Scotland Yards keinen Rat wissen, holen sie sich diesen bei jemandem, der bereits ein paar Mal der Polizei bei mysteriösen oder okkulten Fällen geholfen hat, bei Professor Van Helsing, seines Zeichens Urenkel des ersten Professors und Großvater Jessicas, auf die es der Graf besonders abgesehen hat.
Ein neues Setting für den Grafen
Nach unzähligen Fortsetzungen war die Dracula-Reihe mit Beginn der 70er Jahre reif für einen Neuanfang. Die kommerziell sehr erfolgreichen Versuche, Vampirfilme in ein modernes Setting, in die damalige Zeit zu verfrachten, wie beispielsweise Bob Kelljans Junges Blut für Dracula (1970), wiesen den Weg, den nun auch die Hammer-Studios beschreiten wollten. Mit Alan Gibson wurde nicht nur ein neuer Mann für die Regie engagiert, sondern man verabschiedete sich nach dem Misserfolg von Dracula – Nächte des Entsetzens auch von Leuten wie Anthony Hindis, der für viele Filme der Reihe das Skript schrieb, sowie von der Musik James Bernards.
Bereits nach wenigen Minuten verschlägt es den Zuschauer durch einen raschen Schnitt ins London der 70er Jahre, eine rauschende Feier mit viel Musik, zu der die jungen Menschen tanzen während sich die ältere Generation befremdet und peinlich berührt wegdreht. Immer wieder gleitet die Kamera Dick Bushs durch die Straßen, die Clubs und die Häuser dieser Stadt, wie um den offensichtlichen Kontrast zu betonen, wenn Charaktere aus einer anderen Zeit sich abermals einen Kampf auf Leben und Tod leisten. Letztlich konzentriert sich Don Houghtons Drehbuch nach wie vor auf die Begegnung Van Helsings mit Dracula, wobei das jenes neue Setting lediglich als Oberfläche enttarnt wird, die keinerlei Relevanz für den Kern der Geschichte besitzt.
Dies ist vielleicht der Hauptkritikpunkt an diesem Film: seine Uninspiriertheit und Mutlosigkeit. Sowohl Lee als auch Cushing geben mit viel Elan etwas routiniert wirkende, aber nichtsdestotrotz sehenswerte Vorstellungen in ihren Paraderollen ab. Alleine die Eröffnungsszene, welche die beiden bei ihrem letzten Kampf auf einer fahrenden Kutsche zeigt, ist ein Beispiel für die Stärken eines Films, der hätte entstehen können. In der Neuzeit wirken beide Figuren eher wie Relikte, die sich in einer Geschichte wiederfinden, die bereits Peter Sasdys Wie schmeckt das Blut von Dracula? erzählte.
Neue Erfahrungen, neuer Rausch
Man kommt nicht umhin, in der Darstellung der 70er, ihren Themen und ihren Menschen Aspekte zu finden, die durchaus lohnenswert für einen Neustart der Dracula-Reihe wären. Wird an einer Stelle der hedonistische Lebensstil der Jugend erwähnt oder der Rausch der Musik und der Drogen, keimen an anderer Stelle Überlegungen hinsichtlich sexuell übertragbarer Krankheiten auf, wird der Vampirismus mit einem Virus gleichgesetzt. Leider bleiben dies bloß ungenutzte Ideen, viele mit Sicherheit aus kommerziellen Gründen. Am Ende bleibt Dracula jagt Mini-Mädchen, ein mittelmäßiger Film mit einem ziemlich albernen deutschen Titel.
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