Aufgrund seiner Herzschwäche wird der griesgrämige Barbesitzer Jacques (Brian Cox) ins Krankenhaus eingeliefert. Dort trifft er auf den Obdachlosen Lucas (Paul Dano), dessen Suizidversuch schief gegangen ist. Da dieser weder ein Heim, noch Freunde oder Familie besitzt, beschließt Jacques ihn bei sich aufzunehmen. Wieder zurück in der Bar, welche gleichzeitig das Zuhause von Jacques ist, beginnt daraufhin eine doch eher untypische Freundschaft der beiden. Für die Benutzung des Gästezimmers und die Versorgung mit warmen Mahlzeiten, muss Lucas in der heruntergekommenen und wenig einladenden Bar mitaushelfen. Wochen später, die hauptsächlich von Jacques’ schlechter Laune und der generellen Verdrossenheit auf das Leben geprägt werden, erscheint eines Abends die junge April (Isild Le Besco), die nicht nur das Leben von Lucas, sondern ebenso das in der Bar, gehörig auf den Kopf stellt. Nicht viel später prallen so die Gutherzigkeit von Lucas und die Verbitterung von Jacques aufeinander.
Zufluchtsort Bar
Das Leiden des Individuums ist sicherlich seit Anbeginn der Filmgeschichte ein zentraler Schwerpunkt im Dramagenre. Dass dies besonders aus ideologischer Sicht überaus interessant mitanzusehen ist, zeigt bildlich besonders schön der isländische Regisseur Dagur Kári, der zuletzt mit Virgin Mountain mehrere Filmfestivalpreise für sich gewinnen konnte. Sein mittlerweile vor zehn Jahren erschienener, als Kammerspiel angelegter Film Ein gutes Herz, ist aber ebenso sehenswert, da hier das teils trostlose, teils bemitleidenswerte Leben in einer Bar im Mittelpunkt steht. Nach dem Motto, dass erste Eindrücke trügerisch sein können, wird aber bald klar, dass die Bar einen wichtigen Ort für die Stammgäste darstellt.
Dabei ist das durchaus nachvollziehbar, welcher Ort bietet sich schließlich besser an als eine Bar, um die eigenen Sorgen zu ertränken, den letzten Streit mit der Ehefrau zu vergessen oder um einfach mal einen Abend vor der Welt zu fliehen? Dadurch, dass dort alle Sorgen abgeladen werden, hat das Leben als Barkeeper aber auch seinen Preis. So wird aus dem einst durch und durch gutherzigen Lucas ein ebenso verbitterter Barkeeper wie Jacques. Durch diese Tiefgründigkeit erfährt Káris Werk nicht nur aus dramaturgischer, sondern ebenso aus sozialer Hinsicht eine sehr gelungene Authentizität.
Eine zweite Chance
Lucas kann sich aufgrund der Umstände dennoch sein gutes Herz bewahren und bringt so, ganz zum Leidwesen von Jacques, ein zunehmendes Mitgefühl in die Bar. Als die junge verzweifelte April eines Abends noch in die Bar stößt, eine ebenso verlorene Seele wie Lucas, verstärkt sich diese Entwicklung dramatisch. Letztlich erhält Jacques, wie sie Lucas am Anfang bekommen hat, aber eine zweite Chance, um nicht nur mit der Bar sondern ebenso mit seiner Vergangenheit und griesgrämigen Einstellung abzuschließen. Dies macht nicht nur nachdenklich, sondern sorgt darüber hinaus insbesondere durch die Bilder, die alle recht kalt wirken, für ein gefühlsbetontes Verständnis, wie wichtig das Bewahren der inneren Positivität und das Ablegen von Reuegefühlen ist.
Dass sich diese Emotionalität eher unerwartet und eher schleichend entwickelt, kann man Káris Werk nur zugutehalten, da vergleichbare Dramen oftmals zu übertrieben wirken und zu sehr auf die Tränendrüse drücken. Ein gutes Herz, der dagegen mehr auf eine sehr präzise Portionierung der Emotionalität setzt und sich durch seinen dezent eingestreuten Humor nie zu ernst nimmt, hebt sich hier von anderen Filmen in dem Bereich deutlich ab. Aus der anfänglich leicht abstoßend wirkenden Bar entwickelt sich so immer mehr ein wundersames Habitat, in dem Menschen zusammen finden, ihre Sorgen miteinander teilen und im symbolischen Sinne gesprochen tagaus, tagein versuchen gegen den Rest der Welt kämpfen. Verbunden mit der recht minimalistischen Ausstattung und der schlichten Farbgestaltung wird bewiesen, dass es nicht viel Glanz braucht, um einen gelungenen Film zu zaubern.
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