Lorenzos Öl Oil
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Lorenzos Öl

Lorenzos Öl Oil
„Lorenzos Öl“ // Deutschland-Start: 22. April 1993 (Kino) // 27. September 2019 (Blu-ray)

Augusto (Nick Nolte) und Michaela Odone (Susan Sarandon) verstehen die Welt nicht mehr. Ausgerechnet ihr Sohn Lorenzo (Zack O’Malley Greenburg), der immer so brav und nett gewesen ist, soll in der Schule ausgerastet sein. Glauben wollen sie das nicht, bis sie auch selbst ein eigenartiges Verhalten an ihm entdecken. Als sie einen Arzt aufsuchen, erhalten sie eine niederschmetternde Diagnose: Der Fünfjährige leidet an einer schweren Nervenkrankheit, für die es bislang keine Heilung gibt. Sein Zustand, so die Aussage, wird sich weiter rapide verschlechtern, ihm bleiben auch nur wenige Jahre. Augusto und Michaela wollen das aber nicht einfach so hinnehmen, konsultieren Ärzte wie Professor Gus Nikolais (Peter Ustinov), suchen Rat bei anderen Betroffenen. Doch nichts scheint zu helfen, bis Augusto eine Idee kommt …

Die Karriere des Regisseurs und Drehbuchautors George Miller ist sicherlich eine der eigenartigsten Hollywoods, zumindest wenn es um den reinen Output geht. Wo andere eine klare Vorliebe für eine bestimmte Richtung zeigen, gibt es bei ihm zwei Extreme: auf der einen Seite seine düstere Reihe rund um Mad Max, auf der anderen die Kinderfilme Happy Feet und Ein Schweinchen namens Babe. Viel gemeinsam haben diese Werke natürlich nicht. Es gibt auch nur wenige Filme des Australiers, die irgendwo dazwischen liegen. Eine dieser wenigen Ausnahmen ist Lorenzos Öl, ein hoch gelobtes, jedoch nur wenig beachtetes Drama aus dem Jahr 1992.

Ein Arzt hinter der Kamera
Darin erzählt Miller die Geschichte eines Ehepaares, das sich partout nicht mit dem Todesurteil der Ärzte zufriedengeben will und sich auf der Suche nach einer möglichen Heilung mit jedem anlegt, dem es begegnet. Weshalb Miller von diesem Thema fasziniert war, das ist nicht schwer zu erkennen. Nicht nur, dass er selbst einen medizinischen Hintergrund hat – er studierte an der medizinischen Fakultät der University of New South Wales und arbeitete als Unfallarzt – und deshalb das berufliche Wissen und Interesse mitbringt. Zu dem Zeitpunkt, als er den Film drehte, lebte Lorenzo zudem noch und das im Titel angesprochene Öl schien tatsächlich die Lösung für den Zustand zu sein, was die Geschichte seinerzeit sehr bewegend machte. Ein Paar findet ein Mittel, um nicht nur dem eigenen Sohn zu helfen, sondern vielen anderen auch. Wie soll man dazu schon nein sagen können?

Inzwischen wird an der Wirksamkeit des vermeintlichen Wundermittels gezweifelt, neuere klinische Tests haben keine positiven Auswirkungen nachgewiesen. Das mindert natürlich den Schluss, der hier als Triumph des Willens verstanden werden soll, und verleiht dem Öl einen kleinen Beigeschmack. Davon muss man abstrahieren können, um dem Drama heute noch etwas abgewinnen zu können. Doch glücklicherweise ist die Überwindung aller Hindernisse, mit der Lorenzos Öl wirbt, nicht der einzige Grund, sich den Film anschauen zu wollen. Er funktioniert genauso als Porträt zweier Eltern, deren Kampf um das Leben des Sohnes derart manische Ausmaße annimmt, dass sie alles andere vergessen.

Ein Paar voller Ambivalenz
Miller gelingt es dabei, die Balance aus Mitgefühl und Ablehnung zu halten. Auf der einen Seite schlägt das eigene Herz für ein Paar, das im Begriff ist, alles zu verlieren. Und es schlägt natürlich auch für den Jungen, der am Anfang so lebendig ist und nur kurze Zeit später kaum mehr wiederzuerkennen. Auf der anderen Seite machen es einem Augusto und vor allem Michaela dem Publikum schwer, wenn sie alle angreifen, die nicht so wollen wie sie selbst. Selbst Michaelas Schwester Deirdre (Kathleen Wilhoite) bekommt den Zorn der verzweifelten Mutter zu spüren, obwohl sie sich eigentlich nur um deren Wohlergehen sorgt. Sarandon (Mit besten Absichten), die hierfür zum dritten Mal für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert wurde, wird in dieser Rolle zu einer echten Naturgewalt, gegen die am Ende niemand ankommt.

An manchen Stellen neigt der Film zu einer recht groben und inzwischen altmodisch wirkenden Dramatisierung, will mit aller Macht Gefühle erzeugen, wo es auch deutlich weniger getan hätte. Kurios ist auch der italienische Akzent, mit dem Nolte (Angel Has Fallen) im englischen Original spricht, in Anlehnung an den echten Augusto. Doch diese gelegentlichen Mängel beeinträchtigen das Vergnügen nur zum Teil, lassen sich wie auch das angesprochene Ende verschmerzen. Lorenzos Öl ist noch immer ein packendes Werk über einen aussichtslosen Kampf und zwei Menschen, die in ihrer Liebe für das Kind alles tun würden, was geht – und auch alles, was nicht geht.



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Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt „Lorenzos Öl“ von zwei Eltern, die sich nicht mit dem Schicksal ihres totgeweihten Sohnes abfinden wollen und für ihren Kampf um eine Heilung alles opfern. Das ist noch immer packend, auch wegen einer herausragenden Susan Sarandon, selbst wenn der Film manchmal zu unnötigem Drama neigt und das Ende heute einen etwas unangenehmen Beigeschmack hat.
7
von 10