Nafis Father

Nafi’s Father

Nafis Father
„Nafi’s Father“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Tierno (Alassane Sy), der angesehene Imam eines kleinen senegalesischen Dorfes, hat gerade nicht nur mit seiner Gesundheit zu kämpfen, auch die Hochzeit seiner Tochter Nafi (Aïcha Talla) steht bevor, der er mit Zweifel und Sorge entgegensieht. Nafi selbst aber sieht darin auch eine Chance nach Dakar gehen zu können um dort dann zu studieren. Während sie also dem freudig entgegensieht, weiß ihr Vater um die Gefahr, die von Ousmane (Saikou Lo), dem Vater ihres zukünftigen Ehemanns ausgeht. Ousmane ist nämlich sein Bruder, der nach einiger Zeit wieder ins Dorf zurückgekehrt ist und radikal islamisches Gedankengut mitbringt. Mittels Geld, welches ihm nun zur Verfügung gestellt wird, versucht dieser auch Bürgermeister zu werden. Die Verführung ist groß, und immer mehr Menschen finden sich in Ousmanes Nähe ein und nehmen die Denkweise an. Tierno sieht jetzt nicht mehr nur Gefahr für seine Tochter, sondern auch für seine Heimat. Wie soll er aber seinem eigenen Bruder begegnen, um die Menschlichkeit und friedliche Religion zu wahren?

Das Regiedebüt Nafi’s Father von Mamadou Dia konnte bereits in Locarno größere Erfolge feiern. Dort nämlich gewann der Film auch den Preis „Best First Feature“. Dass dieser Langfilm tatsächlich ein starkes Debüt ist, ist kaum abzustreiten. Thematisch zeitgemäß, ein gutes Auge für Details und überzeugende Schauspieler machen das senegalesische Drama fast zu einem kleinen Geheimtipp. Die Art und Weise wie sich der Regisseur seinem zentralen politisch religiösen Thema nähert ist relativ subtil und tatsächlich zu Beginn noch nicht ganz greifbar, weil er nicht mit der Tür ins Haus fällt, sondern sich zunächst auf die Menschlichkeit seiner Charaktere fokussiert. Sie in ihrem Wesen vorstellt, mit ihren Hoffnungen, Wünschen aber auch Ängsten und Sorgen.

Seine Hauptfigur Tierno wirkt auf den Zuschauer erst einmal wie ein gebrochener Mann, der nicht nur seinen Glauben zu verloren zu haben scheint. Auch sein Lebensmut scheint aus den dunklen, tief traurig schauenden Augen verschwunden zu sein. Man merkt ihm an, dass etwas ganz und gar nicht stimmt und dass seine angeschlagene Gesundheit nicht das größte Problem ist mit dem er zu kämpfen hat. Ehe aber klar wird, dass die Geschichte einen schleichenden Prozess der religiösen Radikalisierung und gleichzeitigem Fanatismus schildert, muss man dem Film ein wenig Zeit geben.

Zwischen Liebe und Zukunftsangst
Das Interessante an der ganzen Entwicklung wird nämlich auch sein, dass es hier nicht vorrangig der Islam ist, der zu dieser Veränderung führt, sondern das Gefühl von Macht und natürlich Geld. Vielleicht ganz ursprünglich aus dem Gedanken heraus, den Menschen dort in ihrer Not zu helfen, lässt sich eben Tiernos Bruder Ousmane mit den Falschen ein. Man bekommt ganz unterschwellig den Eindruck, dass Ousmane geblendet von der Vorstellung selbst Bürgermeister zu werden, um etwa mit den finanziellen Mitteln Saatgut zu besorgen, das dem Dorf schon so lange von der Regierung versprochen worden ist, nicht bewusst ist, auf welchen Weg er sich da eingelassen hat. Ganz anders Tierno. Für ihn baut der Regisseur gleich am Anfang eher etwas unauffällig über eine Popmusikerin zwei Begriffe ein, die ihn und somit auch das Publikum durchweg begleitet werden und die ziemlich gekonnt mit nahenden Bedrohung verflochten sind. Denn als er von seiner Tochter gefragt wird, welches sein Lieblingslied sei, antwortet er mit „Love“ und dann auch mit „Future“. Ihm ist also gleich bewusst, was ihnen bevor stehen könnte wenn sein Bruder die Macht erlangt und weiter Einfluss auf die Menschen nehmen kann. Es ist also nicht nur die Liebe und Zukunft seiner Tochter bedroht, sondern auch die seines ganzen Dorfes.

Der Film zeigt einfühlsam, wie einfach es für Extremismus ist, in den Alltag einziehen zu können und wie schnell Menschlichkeit auf der Strecke bleibt, wenn plötzlich viel Geld vorhanden ist, welches dann wiederum einen Eindruck von Macht bei empfänglichen Personen hinterlässt. Sehr bezeichnend ist dafür eine Szene, in der Geld für das Dorf in der kleinen Moschee landet und sich plötzlich Leute wieder zum Beten einfinden, die dann über die Heuchelei der Regierung schimpfen und das wiedergeben, was ihnen Ousmane predigte. Gekonnt führt Tierno ihnen ihre eigene Heuchelei vor Augen und entblößt deren Blindheit und Gefolgsamkeit.

Vieles macht der Regisseur hier richtig, indem er sich mit einem anderen Blickwinkel oder anderen Aspekt der Radikalisierung auseinander setzt. Allerdings fehlt es der Geschichte manchmal ein wenig an Tempo, was sich dann auch auf die gefühlte Laufzeit des Dramas niederschlägt. Insgesamt bleibt er einfach ein wenig zu zäh, auch wenn es die Schauspieler immer wieder schaffen, das Publikum mitzunehmen und sie die Sorgen, Ängste und Verzweiflung spüren lassen. Ein ruhiges nachdenkliches Debüt, das die Auszeichnung trotzdem allemal verdient hat.



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„Nafi's Father“ besticht durch eine unkonventionelle Annäherung an das Thema Radikalisierung. Nicht die Religion selbst, sondern Machtansprüche, Geld und das Vergessen der Menschlichkeit steht im Vordergrund des bedachten Dramas. Starke Schauspieler und emotionale Nähe verhelfen dem Film zwar zu seiner größten Stärke, das Tempo allerdings bremst die Dramaturgie leider immer wieder zu sehr aus.
6
von 10