Es gibt inzwischen eigentlich nichts mehr, das Yiannis (Adam Bousdoukos) auf Zypern hält. Seine Freundin hat ihn verlassen, einen wirklichen Job hat er auch nicht, weshalb er schon länger seine Wohnungsmiete nicht mehr bezahlen kann. Und so entschließt er sich, die Insel einfach zu verlassen und woanders ein neues Leben zu beginnen. Wäre da nur nicht Jimi, sein Hund, der eines Tages einfach in die UN Pufferzone abhaut. Zwar findet Yiannis seinen entlaufenen vierbeinigen Freund recht bald wieder, steht nun aber vor einem anderen Problem: Ein Gesetz verbietet es, Tiere mit über die Grenze zu nehmen, weshalb er jetzt einen Weg finden muss, Jimi heimlich hinüber zu schmuggeln …
Bei den vielen großen Konflikten, die es derzeit auf der Welt gibt, sind einige in Vergessenheit geraten, obwohl sie schon deutlich älter sind. Beispiel Zypern. Streitigkeiten zwischen der griechischen und der türkischen Bevölkerung, die jeweils die Insel für sich reklamieren möchten und den Anschluss an das Mutterland suchen, schwelten schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Seit 1974 ist das Land geteilt, mit einer größeren Pufferzone dazwischen, um gewaltsame Begegnungen zu verhindern. Initiativen zur Wiedervereinigung gab es zwar eine ganze Reihe, bislang jedoch ohne Erfolg.
Die Monster auf der anderen Seite
Regisseur und Drehbuchautor Marios Piperides ist selbst im griechischen Süden von Zypern aufgewachsen, kennt die Trennung also aus erster Hand. Vor allem kennt er die Vorurteile und Ressentiments, die sich im Laufe der Geschichte in die Köpfe der Menschen gefressen haben. Smuggling Hendrix zeigt diese immer wieder auf, ohne dabei jedoch Partei ergreifen zu wollen. Wenn eine Familie in Folge der türkischen Invasion ihr Haus verloren hat, in dem seit Jahrzehnten nun eine andere Familie wohnt, ist der neuen Familie dann etwas vorzuwerfen, die darin ihre Heimat hat? Im Niemandsland arbeitete kürzlich mit einem ganz ähnlichen Szenario, dort ging es um eine Enteignung in der DDR.
Anders als der deutsche Kollege nimmt Piperides das Ganze aber mit Humor. Schon der Auftakt des Abenteuers, wenn Jimi aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung nicht mehr zurück in den Süden kann, kostet genüsslich die Absurdität der Gesetzgebung aus. Und auch später wird Smuggling Hendrix immer wieder Mittel und Wege finden, sich über die Situation lustig zu machen. Der Fokus verschiebt sich dann jedoch ein wenig. Nicht mehr das Land und die Teilung stehen dann noch im Mittelpunkt, stattdessen begegnet Yiannis fortlaufend Figuren, die alle irgendwie ein bisschen komisch sind – vom einfachen Bürger bis hin zum Drogendealer.
Absurd, aber nicht immer witzig
Das ist natürlich auch alles irgendwo amüsant. Die Komödie, die auf dem Tribeca Film Festival 2018 lief, findet laufend unvorhersehbare Abzweigungen und Missgeschicke. Ein Teil des Spaßes von Smuggling Hendrix ist darin begründet, dass man sich nie sicher sein kann, was der Filmemacher als nächstes für seine Protagonisten bereithält. Ein bisschen schade ist es jedoch, dass im Zuge dieser Eskalierungen die konkrete Situation auf der Insel aus den Augen verloren wird. Der Film wird ausgerechnet durch seine Übertreibungen irgendwie gewöhnlich, ist dabei nicht einmal so durchgängig witzig, dass sich diese Änderung tatsächlich gelohnt hätte.
Dafür sind die Figuren schon recht liebenswert geworden. Yiannis ist der typische Träumer, der endlich ein tolles Leben will, dabei jedoch so völlig überfordert ist. Und auch beim Rest finden sich ein paar Unikate, denen man doch zumindest eine Zeit lang Gesellschaft leisten mag. Das reicht dann aus, um sich mit der sympathischen Low-Budget-Produktion anfreunden zu können, zumal sie ein Plädoyer ist, ohne Vorbehalte auf andere Menschen zuzugehen und sich mit ihnen zu versöhnen. Die ganz großen Begeisterungsstürme löst Smuggling Hendrix vielleicht nicht aus, aber nett ist zwischendurch auch nicht verkehrt.
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