Das kalifornische Küstenstädtchen Anonio Bay sieht seinem hundertsten Geburtstag entgegen und überall in der Stadt laufen die Vorbereitungen für das große Stadtfest auf Hochtouren. Auch Pfarrer Malone (Hal Holbrook) soll eine Predigt zu diesem Anlass halten, hat sich aber in letzter Minuten anders entschlossen, denn ein Zufallsfund, das Tagebuch seines Großvaters, stellt die glorreiche Geschichte der Stadt infrage. So soll die Stadt auf dem Blut anderer aufgebaut worden sein, einem Diebstahl, bei dem die Gründer Antonio Bay, wie auch sein Großvater, unter einer Decke steckten. Parallel kommt es zu merkwürdigen Vorkommnissen in der Stadt: Verkehrsampeln spielen verrückt, elektrische Geräte schalten sich von selbst an. Dazu verschwindet ein Boot mit einer kleinen Besatzung scheinbar spurlos in einem plötzlich aufkommenden Nebel. Als ein Freund der Besatzung, Nick Castle (Tom Atkins), zusammen mit seiner Zufallsbekanntschaft Elizabeth (Jamie Lee Curtis) dem Geheimnis auf die Spur gehen will, machen sie einen grausigen Fund. Erst die Radiomoderatorin Stevie Wayne (Adrienne Barbeu) beginnt zu ahnen, was sich hinter dem geheimnisvollen Nebel verbergen könnte, muss aber hilflos von ihrer Radiostation, einem Leuchtturm aus zusehen, wie die Nebelschwaden erneut ins Land ziehen. Pater Malone vermutet derweil, dass die Sünden jener Nacht vor hundert Jahren in Antonia Bay ihren Tribut fordern wollen, in Gold und Blut.
„… nichts als ein Traum in einem Traum?“
Nach ersten Erfolgen mit Dark Star (1974) und Assault – Anschlag bei Nacht (1976) war Regisseur John Carpenter mit Halloween (1978) ein großer Hit gelungen. Dieser bescherte ihm nicht nur einen bis heute bleibenden Ruf innerhalb der Horror-Fangemeinde, sondern auch eine gewisse Freiheit, als es darum ging, sein nächstes Projekt zu planen. Den Produzenten schlug Carpenter vor, einen Horrorfilm zu machen, der sich auf die Fundamente des Genres bezieht, eine einfache Geschichte erzählt, ohne Monster oder Mörder wie Michael Myers, sondern in dem die Bedrohung von einem der wichtigsten Details vieler Horror- und Gruselfilmes ausgeht, nämlich dem unheimlich wabernden Nebel.
Mit The Fog – Nebel des Grauens hat John Carpenter dann auch konsequent einen sehr altmodischen Horrorfilm geschaffen. Neben dem erwähnten Nebel, der Erinnerungen an die zahlreichen Verfilmungen Roger Cormans der Erzählungen Edgar Allen Poes aufkommen lässt, sind es nicht zuletzt Handlungsorte wie der Leuchtturm oder die Kirche, die eine Atmosphäre des Unheimlichen erzeugen. Die Eingangsszene, die einen Seemann zeigt, der einer kleinen Gruppe Kinder eine Gruselgeschichte erzählt, führt den Zuschauer direkt in die Geschichte ein, bei der man sich, wie die staunend zuhörenden Kinder, immer wieder fragt, ob diese sich nun tatsächlich zugetragen hat, ob vielleicht etwas Wahrheit hinter diesem Seemannsgarn stecken könnte. Doch unterm Bett und im Schrank wird man mit Sicherheit vor dem Schlafengehen noch einmal nachsehen, egal, zu welchem Schluss man kommen mag. Denn ähnlich dem Seemann, der geschickt betont, dramatische Pausen setzt und bestimmte grausige Details der Geschichte hervorhebt, ist man auch als Zuschauer dieses Films in den Händen eines ganz besonders geschickten Erzählers, der sich in der Klaviatur des Genres auskennt.
Wie der Seemann in dieser Eröffnungssequenz hat Carpenter eine einfache Geschichte zu erzählen. Die Vielzahl der Figuren, die diversen Schauplätze, welche Carpenter, wie zuvor schon in Halloween, zu einem einzelnen letztlich zusammenstrickt, ergeben ein Gesamtbild, ein Puzzle, was davon erzählt, wie das Grauen alles Charaktere heimsucht. Doch sind es weder die Charaktere noch die Dialoge, sondern jene Atmosphäre des Unheimlichen und Unerklärbaren, welche Carpenter und Kameramann Dean Cundey in wenigen Bilden erzeugen. Die Impressionen einer normalen Küstenstadt verlieren den Glanz des Normalen in dem Moment als die erste Ampel ausgeht, die Benzinzapfsäule beginnt von alleine Benzin zu pumpen oder Uhren einfach stehenbleiben. In diesem Kontext spielt der kongeniale Soundtrack Carpenters eine wichtige Rolle und ist unerlässlich im Zusammenspiel mit jenen Bildern.
Rückkehr des Unterdrückten
Hinter allen Filmen Carpenters, vor allem seit Assault, verbirgt sich eine andere, viel modernere Komponente. Die bürgerliche Fassade ist bei Carpenter immer nur ein dünner Hauch bestehend aus einer Routine des Verschweigens und Unterdrückens, egal, ob es sich dabei um die wahre Geschichte eines Hauses handelt oder um die Geschichte einer Stadt. Der Nebel ist eine Metapher für eine Vergangenheit, welche diese Normalität zersetzt, einer Rechnung, die noch nicht bezahlt ist, eines Versprechens, was man einlösen will. Die Bedrohung kommt unvermittelt, aber unaufhaltsam und hinterlässt eine Spur des Blutes. Wie passend ist es daher, wenn ausgerechnet eine Kolonie Leprakranker, von jeher Außenseiter, den Blutzoll zahlen müssen, auf dem die Gründerväter ihre Stadt erbauen.
OT: „The Fog“
Land: USA
Jahr: 1980
Regie: John Carpenter
Drehbuch: John Carpenter, Debra Hill
Musik: John Carpenter
Kamera: Dean Cundey
Besetzung: Adrienne Barbeau, Jamie Lee Curtis, Hal Holbrook, Tom Atkins, Janet Leigh
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