Sie kommen aus den unterschiedlichsten Ländern, haben die unterschiedlichsten Hintergründe. Eines haben One (Ryan Reynolds), Two (Mélanie Laurent), Three (Manuel Garcia-Rulfo), Four (Ben Hardy), Five (Adria Arjona) und Seven (Corey Hawkins) jedoch gemeinsam: Sie sind tot. Zumindest offiziell, denn das hilft ihnen dabei, auf der ganzen Welt Verbrecher zu jagen. Zusammen bilden sie eine Elite-Einheit ohne Namen und ohne Verbindungen, die überall zum Einsatz kommt, wo sie gebraucht werden. Ihr neuestes Ziel ist Turgistan, wo sie den amtierenden Diktator stürzen wollen, um so für Frieden zu sorgen …
Michael Bay ist bekanntlich kein Mann der großen Worte, zumindest in künstlerischer Sicht. Der Regisseur von Titel wie Armageddon, Pearl Harbor oder Transformers steht wohl wie kein zweiter für ein lautes Blockbusterkino, in dem in spektakulären Explosionen alles, was irgendwie nach Inhalt aussieht, in kleine Stücke gesprengt wird. Al bekannt wurde, dass sein neuester Film bei Netflix erscheint, war das gleichzeitig naheliegend und völlig abwegig. Dümmliche, aber begehrte Filme? Klar, daran ist man bei dem Streamingdienst interessiert, der sich oft genug anhören muss, viel zu viel Schund zu produzieren. Und nachdem das Arthouse-Publikum zuletzt mit Titeln wie Marriage Story, The Irishman und Ich habe meinen Körper verloren verwöhnt wurde, darf dann auch der Rest mal ran. Als Kontrastprogramm zu den derzeit dominierenden Weihnachtsschnulzen ist das ebenfalls nicht verkehrt.
Übergroß im Kleinformat
Die relevantere Frage: Funktioniert das auch im Heimformat? Gerade weil Bays Filme auf Schauwerte setzen und sich nicht im Geringsten für Inhalte interessieren, erfordern die explodieren Bilder eigentlich viel Platz, um entsprechend Wirkung entfalten zu können. Tatsächlich macht der Einstieg sogar richtig Laune, auch weil er etwas untypisch ist. Anstatt komplett auf Brachialaction zu gehen, ist 6 Underground der Fast & Furious Reihe näher. Da gibt es hohes Tempo bei einer rasanten Autojagd durch Florenz, während drumherum alles zu Bruch geht, dazu viele markige Sprüche, welche sich das anonyme Team um die Ohren haut. Nur weil viel Blut spritzt, muss man auf Witze schließlich nicht verzichten.
In der ersten Hälfte des Films macht sich zudem die Handschrift des Drehbuchduos Paul Wernick und Rhett Reese bemerkbar, das dank Deadpool und Zombieland beste Erfahrungen mit humorvoll angerichteten Actionhappen habt. Dann auch noch Ryan Reynolds, ein alter Bekannter der beiden und Spezialist in Sachen Metaspäßen und Selbstironie, doch das ist unterhaltsam. Für den Rest von 6 Underground gilt das jedoch nur eingeschränkt. Der turbulente Auftakt, der kaum Zeit zum Luftholen lässt, ist leider schon der Höhepunkt eines Werks, das zwar aufgeblasen ist ohne Ende, dabei aber nur wenig zu bieten hat.
Wenig Inhalt, wenig Spaß
Klar, Bay-Fans werden die inhaltlichen Luftnummern nicht stören. Es wird sie nicht interessieren, dass die Figuren komplett frei von Persönlichkeit oder einer nennenswerten Vorgeschichte sind. Das ist ja so geplant von One, der als inkognito Verbrecher jagender Milliardär nicht ganz zufällig an einer Stelle mit Bruce Wayne verglichen wird. Selbst die bemerkenswert ignorante Geschichte um Amis, die mal wieder ein fremdes Staatsoberhaupt absetzen wollen, dürfte da auf wenig Widerstand stoßen. Ist ja für einen guten Zweck. Die Welt ist danach ein besserer Ort. Außerdem kriegen wir ein paar schöne Explosionen zu sehen. Eine Win-Win-Situation, also?
Nicht so ganz. Denn ausgerechnet die Actionszenen sind irgendwie nicht so richtig spannend geworden. Klar, wenn die unbekannten Helden und Heldinnen über Dächer springen – einer aus dem Team ist ein Parcours-Spezialist –, dann ist das schon irgendwie witzig. Zu viele andere Szenen verfahren aber nach dem Prinzip: Hauptsache, es knallt irgendwo. Wenn dann noch schnelle Schnitte hinzukommen, das typische Hollywood-Verständnis von Action, ist alles da, was man aus dem Bereich kennt, aber nichts, das wirklich als Argument durchgehen würde, sich das auch anzuschauen. Teilweise kommt es durch den Kontrast zwischen dem Humor und den altmodischen Brandherden zu einer gewissen Spannung. Aber irgendwie ist 6 Underground dann doch nur laute Langeweile, die zwar eindeutig als Franchise angelegt ist, von der man aber schon vor dem Ablauf der Credits genug hat.
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