Amundsen
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Inhalt / Kritik

Amundsen
„Amundsen“ // Deutschland-Start: 29. November 2019 (DVD/Blu-ray)

Roald Amundsen (Pål Sverre Hagen) ist seit seiner Kindheit fasziniert von den seinerzeit unerforschten Polen der Erde. Schon in jungen Jahren ist er sich sicher, einmal ein großer Entdecker zu werden. Im Laufe seines Lebens wird er auch tatsächlich der erste Mensch am Südpol, obwohl er ursprünglich eine Forschungsreise zum Nordpol unternehmen wollte. Jahre später verschlägt es ihn dann doch noch dorthin.

Wie etwa in Ailos Reise gibt es hier viel weiße Landschaft zu sehen. Während jene schneebedeckten Wälder und Berge in Lappland einladend wirken, majestätisch-würdevoll auf Besucher wartend, geben sich die Eismassen des Südpols unnahbar, faszinieren auf ihre eigene, abweisende Art, bereit, jedem unvorsichtigen Eindringling die Gliedmaßen abzufrieren. Kameramann Pål Ulvik Rokseth muss hier also nicht viel tun, um beeindruckende Bilder einzufangen, doch ruht er sich nicht auf den Naturkulissen aus, sondern inszeniert auch den restlichen Film gekonnt.

Kein Fluss im ewigen Eis

Die Entscheidung, die Geschichte über einen großen Teil in Form von Rückblenden zu erzählen, war hingegen keine gute. Die Gespräche zwischen Roalds Bruder Leon (Christian Rubeck) und Bess (Katherine Waterston) grätschen der Handlung immer wieder rein und bringen sie ins Stocken. Auf den ersten Blick ließe sich fast die These aufstellen, dass es in Amundsen nicht um Roald, sondern um Leon geht, den erfolglosen Mann im Schatten seines jüngeren Bruders. Das ist ein narrativer Kniff, der bis heute nur Amadeus gelungen ist; hier ist die Figur des Leon nicht ausreichend ausgearbeitet dafür und gerade gegen Ende offenbart sich die Unhaltbarkeit dieser These. Die Ausarbeitung findet generell eher in homöopathischen Dosen statt.

Potenziell spannende Szenen (etwa das Stürzen in eine Schlucht am Südpol oder eine Eisbärattacke am Nordpol) sind beinahe schon vorbei, bevor sie überhaupt angefangen haben. Vor allem das Pacing leidet stark unter dieser Entscheidung, die sich schlussendlich nicht einmal auszahlt. Die 125 Minuten Laufzeit sind derart mit Roalds Leben überladen, dass sie übereilt und langatmig zugleich wirken. Eine wesentlich bessere Entscheidung wäre es gewesen, Amundsen als Zweiteiler zu konzipieren, sodass alles in Ruhe und mit der nötigen Zeit behandelt werden kann.

Ein Blick sagt mehr als keine Worte

Schauspielerisch ist alles solide, wobei Pål Sverre Hagen noch einmal besonders hervorsticht. Ähnlich wie bei Arctic findet die Charakterisierung eher im Klappentext statt, aber vor allem in der ersten Hälfte gelingt es Hagen oft, mit einem Blick oder einer Bewegung mehr auszudrücken, als das Drehbuch hergibt. Da die Filmhandlung mehrere Dekaden umspannt, mussten die Rollen notgedrungen mitaltern. Dass der Alterungsprozess glaubwürdig vonstatten ging, ist dem Make-up-Department zu verdanken. Die Authentizität eines Epochenfilms hängt oft zu einem Gutteil von der Ausstattung ab, und auch in diesem Aspekt punktet Amundsen, der sich hierfür ab und zu einiger VFX bedient, welche manchmal ein wenig surreal wirken, aber nie die Immersion stören.

Wer kein Englisch und/oder Norwegisch versteht, muss sich zwischen deutscher Synchronisation und deutschen Untertiteln entscheiden. Letztere weisen dass/das- sowie weitere Tippfehler auf, an einer Stelle sind gar für mehrere Sätze die Formatierungselemente um den eigentlichen Text herum zu sehen, als handelte es sich um einen schlechten Internetrip mit Fansubs. Das fließt natürlich nicht in die Wertung des Films als solchen mit ein, aber wer darüber nachdenkt, ihn sich anzuschaffen, und auf Untertitel angewiesen ist, sollte das wissen.

Credits

OT: „Amundsen“
Land: Norwegen, Schweden, Tschechische Republik
Jahr: 2019
Regie: Espen Sandberg
Drehbuch: Ravn Lanesskog
Musik: Johan Söderqvist
Kamera: Pål Ulvik Rokseth
Besetzung: Pål Sverre Hagen, Christian Rubeck, Katherine Waterston, Trond Espen Seim

Bilder

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„Amundsen“ bietet packende Bilder und überzeugendes Schauspiel, verzettelt sich aber in der Erzählweise und nimmt sich zu viel vor, statt sich auf einen Abschnitt im Leben des norwegischen Forschers zu konzentrieren. Die überdurchschnittlich lange Laufzeit kann dem Vorhaben nicht gerecht werden und wirkt sich als solche eher negativ aus.
6
von 10