Aquarela
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Aquarela

Aquarela
„Aquarela“ // Deutschland-Start: 12. Dezember 2019 (Kino)

Ohne Wasser ist kein Leben möglich, das ist wissenschaftlicher Konsens. Wir brauchen es in uns, müssen es ständig zu uns nehmen. Mindestens zwei Liter am Tag, so heißt es. Und es ist auch nicht so, als würde es um uns herum an Wasser mangeln. Rund 70 Prozent der Erdoberfläche werden von Wasser eingenommen, von den Ozeanen und Meeren, von Flüssen und Seen. Es könnten sogar noch mehr werden, wenn in Folge des Klimawandels die Gletscher schmelzen und der Meeresspiegel steigt. An anderen Stellen wird Wasser hingegen knapp, manch einer orakelt bereits, dass es in Zukunft zu heftigen Kämpfen um das wertvolle, von vielen aber als zu selbstverständlich wahrgenommene Gut kommen könnte. Ganz klar: Die Welt ist verrückt geworden.

Und sie ist brüchig geworden. Als Viktor Kossakovsky und sein Team die riesige Eisfläche des russischen Baikalsees, bricht das Eis unter der Last eines Autos zusammen. Ein Zwischenfall so tödlich wie unerwartet. Eigentlich ist die Dicke des Eises um diese Jahreszeit so ausgeprägt, dass nichts passieren kann. Eigentlich. Tatsächlich ist es nicht der erste Zwischenfall. Es wird auch nicht der letzte Zwischenfall sein, denn schon längst hält sich die Natur nicht mehr an die Gesetze, die wir aufgestellt haben. Sie ist dabei sich zu verändern, der Menschen mittendrin und doch nur dabei. Als für einen der Männer in dem Auto jede Hilfe zu spät kommt, können die anderen nur zuschauen.

Der Tod als Nebenerscheinung
Aquarela ist aber keine Neuauflage der umstrittenen (Pseudo-)Doku-Reihe Gesichter des Todes, welche mit der Darstellung von menschlichen Todesfällen richtig Kasse machte. Viktor Kossakovsky schlachtet die Tragödie nicht aus, lässt sich zu keinem Kommentar hinreißen, nimmt sie geradezu gleichgültig zur Kenntnis. Denn es gehört zum Konzept dieses Films, den Menschen als letztendlich machtlose, unbedeutende Winzigkeit zu zeigen, welche als Kollektiv die Natur zwar durchaus beeinflusst, diese aber nicht beherrscht. Im Zweifel hat die Natur dann doch das letzte Wort, so furchterregend dieses auch sein mag.

Gesprochen wird dabei relativ wenig. Aquarela, das mit den Filmfestspielen von Venedig 2018 startend auf zahlreichen Festivals lief, ist kein Film des Wortes, sondern des Bildes. Das Team reist durch die Welt, hält dabei Wasser in den unterschiedlichsten Formen fest. Die sind jedes Mal beeindruckend, egal ob nun gefroren oder flüssig, man fühlt sich hier durchweg überwältigt von den Aufnahmen der Naturgewalten. Menschen und ihre Fahrzeuge nicht viel mehr als Details, die zur Veranschaulichung der Größenverhältnisse dienen. Riesige Wellen begraben alles unter sich, Orte gehen in den Fluten verloren, so als hätte es sie nie gegeben.

Ein audiovisuelles Spektakel
Diese eigentümliche Weltuntergangsstimmung wird von der Musik des finnischen Cellisten Eicca Toppinen begleitet, der Teil der – namentlich passenden – Symphonic-Metal-Band Apocalyptica ist. Laut, dröhnend, in einer ähnlichen Weise alles unter sich begrabend verbinden sich die Klänge mit den Aufnahmen zu einem Spektakel, wie es der Dokumentarfilmbereich nur sehr selten bietet. Wo sich die meisten Beiträge doch eher für einen Abend auf der Couch anbieten, wenn der Inhalt im Vordergrund steht, nicht die Verpackung, da ist es im Fall von Aquarela genau umgekehrt. Hier ist ausnahmsweise ein Kinobesuch dringend geraten, um das Meiste aus den Fluten herauszuholen.

Das bedeutet aber auch: Inhaltlich ist der Film relativ dünn. Aquarela will eine Erfahrung sein, weniger eine Lehrveranstaltung. Dass die Änderungen beim Eis mit dem Klimawandel zusammenhängen, das wird zwar schon gesagt, aber nicht sonderlich vertieft. Die späteren Szenen, wenn die spärlichen Dialoge ganz verstummen, lassen dann vollends offen, ob der Film überhaupt noch die Absicht einer Information verfolgt. Und so ist man anderthalb Stunden nach der erschreckenden Einstiegssequenz zwar um zahlreiche Eindrücke reicher, nicht aber um Erkenntnisse. Außer vielleicht der, dass man vielleicht doch besser keinen Eissee mehr betreten oder Kreuzfahrten unternehmen will. Schließlich weiß man nie, was passiert.



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„Aquarela“ ist einer der eindrucksvollsten, gleichzeitig inhaltlich dünnsten Dokumentarfilme, die man je zu Gesicht bekommen wird. Ob die riesigen Eisflächen oder die bedrohlichen Monsterwellen: Die Aufnahmen der Naturgewalten verbinden sich mit passenden Symphonic-Metal-Klängen zu einem Weltuntergangs-Spektakel, das gleichzeitig faszinierend und furchterregend ist.