1941 ist der Zweite Weltkrieg im vollen Gange, zu Lande, zu Wasser und in der Luft wird gekämpft, um jeden Meter. Nach einer letzten Feier der Mannschaft soll auch das U-Boot U 96, angeführt von dem Kommandanten (Jürgen Prochnow), der von allen nur „Der Alte“ genannt wird, in diesen Kampf eingreifen und feindliche Handelsschiffe zerstören, um Großbritannien von der Außenwelt abzuschneiden. Zunächst heißt es dabei, die Moral der rund 50 Männer an Bord zusammenzuhalten, wenn das Leben unter Wasser seinen Tribut fordert. Doch ehe es sich die Crew versieht, ist sie mittendrin im Kriegsgeschehen, es beginnt ein verzweifelter Kampf ums Überleben …
Deutsche Kino oder TV-Produktionen haben es im Ausland tendenziell schwer, werden nur selten wirklich wahrgenommen. Ausnahmen gab und gibt es natürlich schon immer mal wieder. In den letzten Jahren stießen Serien wie Dark und Deutschland 83 international auf viel Resonanz. Und natürlich gab es Toni Erdmann, das weltweit von Kritikern gefeiert wurde und sogar für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert wurde. Letztere Ehrung blieb Das Boot seinerzeit versagt. Dafür war das Antikriegsdrama in insgesamt sechs regulären Kategorien im Rennen, darunter der für den besten Regisseur. Das war nicht nur deshalb bemerkenswert, weil Regisseuren fremdsprachiger Filme eine solche Ehre nur alle Jubeljahre mal zuteilwird, sondern auch weil Wolfgang Petersen zu dem Zeitpunkt international noch keine Rolle spielte – was sich im Anschluss ändern sollte.
Gefangen in einem schwimmenden Sarg
Anders als bei seinem nächsten Film Die unendliche Geschichte, der bis heute sehr umstritten ist, waren sich bei Das Boot Kritiker und Publikum einig. Das Abenteuer einer U-Boot-Besatzung ist nicht nur eine der erfolgreichsten deutschen Produktionen aller Zeiten, hierzulande wie in der Fremde, sondern gilt als einer der besten Kriegsfilme überhaupt. Dabei hat der Unterwassermarathon nur wenig mit dem gemeinsam, was man aus anderen Werken kennt. Das liegt zum einen am Setting: Nahezu der gesamte Film spielt im Inneren des U-Bootes, wodurch er mehr klaustrophobisches Kammerspiel ist als das Spektakel, das einen sonst bei der Thematik erwartet. Es ist aber auch die sehr existenzielle Note, die Petersens Werk von dem der meisten Kollegen unterscheidet: Die Geschichte mag im Zweiten Weltkrieg spielen, hat man diesem aber kaum Berührungspunkte, da wir hier weitestgehend von einer Außenwelt und Kontexten abgeschnitten sind.
Im Gegensatz zu der letztes Jahr gestarteten Fernsehserie, welche die U-Boot-Szenen mit Geschichten aus Nazideutschland verbindet, wüsste man hier oft gar nicht, wann und wo das überhaupt spielen soll. Einzelne Verweise gibt es schon, beispielsweise durch den von Hubertus Bengsch verkörperten, regimetreuen Ersten Wachoffizier. Doch Das Boot konzentriert sich sehr viel mehr auf die Erfahrungen der Besatzung, auf den Horror des Krieges, während die Männer zusammengepfercht in dem schwimmenden Sarg gegen Angst, Verzweiflung und Aggression ankämpfen. Buchheim, der als Kriegsberichterstatter während des Zweiten Weltkriegs an Bord solcher U-Boote war, verarbeitete in seinem Roman die eigenen Erlebnisse. Erlebnisse, die für ihn so traumatisch waren, dass er erst 25 Jahre später in der Lage war, alles auf Papier zu bannen.
Das Opfer des Krieges
Im Film ist es der von Herbert Grönemeyer gespielte Leutnant Werner, der die Ereignisse auf Kamera festhält – sehr zum Ärger der restlichen Mannschaft – und damit zur Identifikationsfigur für das Publikum wird. Durch seine Augen sehen wir, was es heißt, auf Dauer in einem engen, dunklen Raum leben zu müssen, ergänzt durch erzählerische Kommentare. Seine anfängliche Naivität macht mit der Zeit Ernüchterung breit, wenn die Erfahrungen nach und nach Spuren bei dem Neuling hinterlassen. Aber auch beim Rest der Besatzung wird mit der Zeit ein Wandel einsetzen, da vieles nicht spurlos an ihnen vorübergeht: das Leben in Gefangenschaft, die ständige Bedrohung, aber auch das Elend, das vor allem an einer Stelle deutlich wird, als wir Überlebenden begegnen, die sich selbst und damit den unbarmherzigen Fluten überlassen werden.
Atmosphärisch ist das so stark wie es vor bald vier Jahrzehnten war: Das Boot ist ein Albtraum, der sich immer weiter verstärkt, einen nur vom Zuschauen her jeder Kraft beraubt. Und jeder Orientierung. So wie die Besatzung zwischenzeitlich nicht mehr weiß, wo sie eigentlich ist, ist es auch als unbeteiligter Beobachter schwierig, nicht irgendwann den Überblick zu verlieren, in dem Wirrwarr aus Rohren, Sprachfetzen und Dunkelheit. Petersen gelingt dabei das Kunststück, eine gleichzeitig menschliche und unmenschliche Erfahrung zu schildern, wenn die vielen Männer, oftmals ohne Namen und Geschichten, gemeinsam durch eine Hölle gehen. Das hat nichts von den üblichen Heldenverehrungen von Kriegsgeschichten, sondern ist eine bedrückende, (über-)fordernde Erfahrung, die einen an der Sinnhaftigkeit des Seins zweifeln lässt. Fast so verwirrend wie die Erlebnisse in der tiefen Finsternis ist die Veröffentlichungspolitik: Was 1981 als Kinofilm startete, kam 1985 auch als Serie und 1997 als über drei Stunden langer Director’s Cut heraus. Wer alle drei sein eigen nennen möchte: Seit Kurzem sind die unterschiedlichen Versionen in einer Box erhältlich.
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