Es ist wieder ein verregneter Abend in Berlin.
Von der herbstlichen Tristheit ist im Cinema Paris jedoch nichts zu merken. Zwischen dem stetig zu hörenden „Bonsoir!“, „ça va?“ und dem munteren Unterhaltungen auf Französisch der vielen Menschen, die sich mittlerweile im Vorraum drängen, möchte man meinen, für einen kurzen Moment etwas Pariser Luft schnuppern zu können. Berlin ist für einen kleinen Augenblick nicht mehr da.
Und das kommt nicht von ungefähr, denn der Filmverleih Prokino hat zur Deutschlandpremiere von Alles außer gewöhnlich im Rahmen der Französischen Filmwoche Berlin geladen. Aber nicht nur der Film, der derzeit fast die 2 Millionen Besuchermarke in Frankreich erreicht hat, wird dem Publikum knapp eine Woche vor deutschen Kinostart gezeigt. Nein, auch haben sich der Regisseur Éric Toledano (Ziemlich beste Freunde), sowie die beiden Hauptdarsteller Vincent Cassel (Gauguin, Black Swan) und Reda Kateb (Django – Ein Leben für die Musik, The Wolf’s Call – Entscheidung in der Tiefe) angekündigt.
Bitte schön lächeln
Ein paar Journalisten haben sich für diese Gelegenheit auch schon ein der kleinen Fotowand eingefunden, ein gutes Foto muss also auf jeden Fall her. Auch einige wenige der bekannten Autogrammjäger sind zur Stelle. Vom großen Fanaufgebot, wie sonst bei einigen Berliner Premieren, ist diesmal allerdings nichts zu sehen.
Gegen 20 Uhr erreichen die drei dann das Kino. Fotos und Autogrammwünsche werden, zur kleinen Enttäuschung der Fans, weniger beachtet. Die jedoch ziehen sodann gleich noch weiter, schließlich hat sich für den selben Abend auch noch Sam Mendes zu einem Screening des im Januar erscheinenden 1917 angekündigt. Im Cinema Paris indes hat die wartende Menge doch noch mitbekommen, wer sich hier gerade fast etwas heimlich zum Fototermin eingefunden hat. Da wird es für einen kleinen Augenblick rund um die Pressefotographen noch ein wenig enger.
Als sich etwas später Regisseur und Hauptdarsteller vor dem Filmbeginn nochmal mit ein paar Worten an das Publikum richten, um auch das Q&A für später anzukündigen, ist der Saal bereits bis auf den letzten Platz gefüllt. Nach dem riesigen Erfolg von Ziemlich beste Freunde im Jahr 2011 erhofft sich hier wohl jeder im Publikum wieder eine rührende und witzige Sozialkomödie. Und tatsächlich schafft es der Film wieder die Zuschauer mitzunehmen, sie den Schwierigkeiten aber auch den Freuden, vor denen die beiden Hauptfiguren Bruno und Malik stehen, näher zu bringen. Herzlich wird gelacht, wenn Bruno mal wieder auf ein „Date“ geschickt wird oder Wortabkürzungsbingo im Restaurant zu einem Wettkampf um Pommespunkte ausartet. Man merkt, die beiden Regisseure wissen was sie tun und womit sie den Zuschauer aus der Reserve locken können. Es wird aber nicht nur gelacht, im letzten Drittel hat der Film das Publikum bereits so in den Bann gezogen, dass die Dramaturgie für einen gehörigen Schreckmoment sorgt, bei den man jeden einzelnen im Kino zusammenschrecken sehen konnte. Es ist immer wieder schön zu sehen, wenn Filme diese Reaktionen hervorbringen können. Nicht umsonst gab es dann auch von den Zuschauern am Ende des Films tosenden Applaus.
Eine echter Herzensangelegenheit
Im anschließenden Q&A erzählt uns Éric Toledano noch ein wenig über den Schaffensprozess um den Film und wie sie Cassel und Kateb für dieses Projekt gewinnen konnten. Denn tatsächlich haben beide Schauspieler, nachdem sie selbst die Arbeit in den Betreuungszentren kennengelernt haben, den Regisseuren zugesagt, ohne dass es zu dem Zeitpunkt bereits ein Drehbuch gab. Es ist also nicht nur ein Herzensprojekt der Regisseure, sondern auch der beteiligten Schauspielgrößen. Dass es dann aber trotzdem noch etwas Zeit brauchte, bevor die Produktion beginnen konnte, lag letztendlich an den beiden Hauptdarstellern. Deren Zeitplan war einfach zu eng gestrickt, sodass Toledano und Nakache die nächste freie Gelegenheit nutzten und sofort loslegten. Und auch das muss man dem Film zugestehen, Cassel und Kateb als Hauptdarsteller waren eine vortreffliche Wahl und beide spielen das, was sie zur Verfügung hatten, durchaus überzeugend.
Am Ende des Abends spürt man, dass die Premiere von Alles außer gewöhnlich ein voller Erfolg war. Ein gut gelauntes und zufriedenes Publikum verlässt den Saal des Cinema Paris am Berliner Ku’damm, besser hätte es nicht sein können.
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