Zuletzt hatte Netflix viel Stoff für Anhänger und Anhängerinnen der beliebten True Crime Dokus, von der Mord (Geständnisse eines Mörders) über Vergewaltigung (Bikram: Yogi, Guru, Raubtier) bis zu Drogen (Die Welt der Drogen: Dope Stories) war da so ziemlich jedes Thema dabei, welches der Bereich so hergibt. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass jeder folgende Titel es ein bisschen schwieriger hat, sich noch von der Menge abzuheben. Irgendwann hat man das Gefühl, doch alles gesehen zu haben.
Da sehen wir nicht tatenlos zu!
Don’t F**k with Cats – Die Jagd nach einem Internet-Killer geht in der Hinsicht tatsächlich aber noch einmal einen etwas anderen Weg und präsentiert sich damit als echte Alternative zu den obigen Titeln. Da betrifft einerseits die Art des Verbrechens: Ein Unbekannter tötet auf grausame und abscheuliche Weise kleine Kätzchen, filmt das und stellt es ins Internet. Dass ein solches Verhalten widerwärtig ist, versteht sich von selbst. Der interessantere Part ist, dass diese Verbrechen im Internet für so viel Empörung sorgen, dass zahlreiche Leute sich zusammentun, um als Gruppe die Identität des Katzenmörders herauszufinden.
Wo üblicherweise also Polizei oder andere Ermittler dem Verbrechen auf der Spur sind, folgen wir hier diversen Amateurdetektiven, die jedes noch so kleine Detail in den Videos analysieren, auf der Suche nach verräterischen Spuren. Darüber könnte man sich, dem Titel folgend, lustig machen, die als eine Truppe von Spinnern verunglimpfen, die nichts Besseres zu tun haben, als stundenlang auf den Bildschirm zu starren und das Leben aufs Virtuelle verlagert hat. Gleichzeitig ist es aber doch beeindruckend, mit welcher Ausdauer die Leute an die Arbeit gehen. Es ist zudem erschreckend, wie viel sich tatsächlich von zu Hause mittels Mausklicks bewegen lässt, ohne je einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen.
Nicht bloß Zuschauer
Tatsächlich interessant wird Don’t F**k with Cats – Die Jagd nach einem Internet-Killer jedoch vor allem später. Der unbekannte Täter begnügt sich nicht länger damit, Katzen zu töten. Er will mehr. Vor allem will er noch mehr Aufmerksamkeit. Und so beginnt er, längst im Bilde darüber, dass ihm die Internetgruppe auf den Fersen ist, das Spiel zu intensivieren. Das bedeutet nicht nur mehr Nervenkitzel, weil die Einsätze höher sind, was auch recht reißerisch ausgebeutet wird. Die Doku hat auch einiges über virtuelles Verhalten und wechselseitige Auswirkungen zu sagen. Das wird gerade zum Ende deutlich, wenn die Amateurdetektive sich fragen, wie viel Verantwortung sie selbst an der Eskalation haben. Denn auch sie haben ihre Spuren hinterlassen, indem sie in die Geschichte eingriffen.
Während die meisten True Crime Dokus allein der Unterhaltung dienen oder skandalöse Missstände aufdecken, bezieht Don’t F**k with Cats – Die Jagd nach einem Internet-Killer das Publikum mit ein, regt dazu an, eigenes Verhalten im Internet zu hinterfragen. Diese Nachdenklichkeit steht ein wenig im Widerspruch zu der besagten effekthascherischen Inszenierung. Die schrecklich dramatische Musik beispielsweise hätte es nun wirklich nicht gebraucht. Und auch die Bilder gehen mit der Zeit auf die Nerven. Einerseits ist es schön, wenn Regisseur Mark Lewis nach Alternativen sucht, um nicht nur die übliche Mischung aus Interviewszenen und alten TV-Nachrichten zu zeigen. Die regelmäßigen Desktop-Bilder und Chat-Verläufe verlieren im Laufe der drei Folgen aber doch recht viel Spannung. Ein paar andere Szenen sind dafür überdramatisiert. Dennoch, wer diese wenig subtilen Manipulierungsversuche ignorieren kann oder gar dafür empfänglich ist, darf sich auf einen ungewöhnlichen Genre-Vertreter freuen.
OT: „Don’t F**k with Cats“
Land: UK, USA
Jahr: 2019
Regie: Mark Lewis
Musik: Andrew Skeet
Kamera: Stefano Ferrari
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