An der Westerburg High School im beschaulichen Sherwood, Ohio regieren die Cliquen das Geschehen in der Schule. Eine besonders mächtige Clique sind die Heathers, Heather Duke (Shannon Doherty), Heather McNamara (Lisanne Falk) und Heather Chandler (Kim Walker), zu denen auch Veronica Sawyer (Winona Ryder) zählt. Alle aus wohlhabenden Familien stammend, spielen sie ihren Mitschülern teils üble Streiche, gehen auf Studentenpartys und unterteilen die Schülerschaft nach einer rigorosen Ordnung von Gewinnern und Verlierern. Eigentlich gehört auch J.D. (Christian Slater) zu jenen „Losern“, doch irgendwie fühlt sich Veronica zu ihm hingezogen. Angeödet und irritiert von den immer gemeiner werdenden Streichen der Heathers gesteht sie ihm ihre tiefe Abscheu, insbesondere gegenüber Heather Chandler, der Anführerin der Clique, die sie erpresst und vor der Schule bloß stellen will. Als J.D. zustimmt Veronica zu helfen, eskaliert ihr eigener Streich und Veronica bemerkt zum ersten Mal, welche tiefen Abgründe sich hinter der Fassade ihres neuen Freundes befinden.
Sprung ins Piranhabecken
Als Drehbuchautor wünscht man sich nichts mehr als das bestmögliche Team für die Verfilmung der Geschichte, die einen eine sehr lange Zeit beschäftigt hat. Daniel Waters, ein Bekannter Michael Lehmanns, wollte sein Skript ursprünglich unter anderem von Regielegende Stanley Kubrick verfilmen lassen. Während das Skript von vielen Regisseuren abgelehnt wurde und den Studios einfach zu düster war, sorgte Lehmanns erster Kurzfilm The Beaver Gets a Boner (1985) für Aufsehen bei vielen Studios. Der Ton dieses Kurzfilms sowie die Herangehensweise an den Mikrokosmos High School fand großen Zuspruch bei Produzenten und als das Skript letztlich wieder in Lehmanns Hände fiel, war er derjenige, der die Verfilmung übernehmen sollte.
Man darf wohl behaupten, dass die 1980er die große Zeit des Teeniefilms sind. Nicht dass diese Altersgruppe nicht vorher bereits thematisiert worden wäre, beispielsweise in George Lucas‘ American Graffiti (1973), doch Regisseure wie John Hughes (The Breakfast Club, Ferris macht blau) trafen einen besonderen Tonfall, der die Sorgen und Nöte Jugendlicher ernst nahm und eine erfolgreiche Mischung aus Komödie und Drama bot. In gewisser Weise kann man einen Film wie Heathers innerhalb dieses Rahmens sehen bzw. einordnen, jedoch trifft die Geschichte rund um das Cliquentum an Schulen, den Generationenkonflikt sowie die rigorose Hackordnung an einer High School einen wesentlich bittereren Ton.
Speziell die Eröffnungsszene in der Schulkantine bietet eine prächtige Einführung in dieses Universum der Schule und ihrer Hierarchien. Daniel Waters‘ Skript versucht gar nicht erst subtile Töne anzuschlagen, sondern präsentiert teils herrlich überzogene Stereotypen, die nach klaren Kriterien von den Heathers eingeordnet, verdammt und beurteilt werden. Betont durch das Voice-over Veronicas, welches aus ihren ätzend kommentierenden Tagebucheinträgen besteht, wirkt die Schule wie ein Minenfeld, ein Raum, in dem Beliebtheit alles ist und welches sich als Abbild der Gesellschaft im Kleinformat betrachtet. Innerhalb dieses Aquariums bilden die Heathers die Piranhas, wie Veronica es an einer Stelle schreibt: gnadenlos, hinterhältig und gemein.
Bester Freund, schlimmster Feind
Innerhalb dieser oberflächlichen Welt ist ein Tabuthema wie Sterblichkeit gleichsam jenes Mittel, welches existenzielle Tiefe verleiht. Das Thematisieren solcher Tabus zeigen Waters und Lehmann als nationale Hysterie, ein Heischen um Aufmerksamkeit, welches nicht nur dem Thema unangemessen ist, sondern gleichzeitig Aspekte wie Hilflosigkeit, Heuchelei und Bigotterie enthüllt. Besonders böse wird dies, wenn einzelne Schüler am Sarg einer verstorbenen Schülerin ihren Gedanken freien Lauf lassen, die sich neben Neid und Eifersucht auch in sexistischen, dummen Witzen ereifern.
Bei all diesen Aspekten darf man Heathers Herangehensweise dennoch nicht als Bloßstellung von Jugendlichen oder Erwachsenen betrachten. Vielmehr offenbart diese sensationelle, teils zynische Darstellung der Schule eine tiefere Wahrheit über eine Gesellschaft, in der die Grenzen zwischen Schein und Sein schon lange verschwommen sind. Bei all dieser erzählerischen Tiefe wirkt nur das brave Ende unpassend versöhnlich.
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