Science-Fiction-Fans, zumindest solche, die dem Blockbuster-Bereich zugetan sind, waren dieses Jahr in erster Linie mit zwei Filmen beschäftigt, welche epische Sagen zu einem Ende brachten: Avengers: Endgame und Star Wars: Episode IX – Der Aufstieg Skywalkers. Zwei Ereignisse, auf die Jahre hingearbeitet wurde und den Abschied von lieb gewonnenen Helden bedeuteten. Dabei ging unter, dass eine andere Genre-Ikone dieses Jahr Jubiläum hatte, das es eigentlich groß zu feiern verdient hätte: Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt startete vor 40 Jahren in den Kinos und lehrte uns das Grauen vor dem, was da draußen im All auf uns warten könnte.
Nach dem erbärmlichen Ergebnis von Alien: Covenant liegt die Reihe aber erst einmal auf Eis, sodass wir auf einen Jubiläumstitel verzichten mussten. Dafür sprang aber Alexandre O. Philippe ein. Der ist ausgesprochen erfahren darin, alte Filmklassiker auszugraben und noch einmal neu zu beleuchten. In 78/52 nahm er sich Alfred Hitchcocks Psycho an, zuletzt sprach er in Leap of Faith über Der Exorzist. In Memory – Über die Entstehung von Alien wiederum schnappte er sich, der Titel verrät es bereits, besagtes Alien und begab sich rechtzeitig zum 40. Geburtstag auf Spurensuche.
Ein Monster, viele Einflüsse
Das Memory im Titel bezieht sich dabei nicht allein darauf, des Films gedenken zu wollen. Stattdessen war dies der Titel des ersten Textentwurfs von Dan O’Bannon, der die Geschichte von Alien entworfen und das Drehbuch geschrieben hatte. Die Begegnung mit dem unheimlichen Monster war dabei kein singuläres Ereignis. O’Bannon hatte beispielsweise selbst Erfahrungen mit dem Genre gesammelt, als er einige Jahre zuvor mit John Carpenter an Dark Star gearbeitet hatte. Außerdem war er ein großer Fan von Science-Fiction-Geschichten, wie der Anfang der Dokumentation klar macht: Eine Reihe von früheren Filmen, aber auch Comics beeinflussten den Autor auf seiner Reise in die galaktischen Abgründe.
Das Nachzeichnen dieser Einflüsse ist einer der interessantesten Aspekte der Doku, die auf dem Sundance Film Festival 2019 Weltpremiere hatte. Spannend sind aber auch die Ausführungen zu der ikonischen Szene, als das Alien-Embryo aus dem Körper von Kane ausbricht. Die Szene selbst hat natürlich jeder vor Augen. Philippe gelingt es aber, bei seiner Zeitreise noch ein paar neue Perspektiven zu bieten, Hintergründe, sowohl inhaltlicher wie auch technischer Art. Ridley Scott an dieser Stelle mit Stanley Kubrick zu vergleichen in Hinblick auf die verwendete Filmsprache, darauf muss man schließlich erst einmal kommen.
Wo sind die Promis
Scott selbst ist in Memory – Über die Entstehung von Alien leider nicht vertreten. Allgemein musste Philippe ohne große Prominenz auskommen. Sigourney Weaver, die in Alien und den Fortsetzungen eine der bedeutendsten Filmheldinnen verkörperte, lässt sich ebenfalls nicht blicken. O’Bannon und H. R. Giger, dem wir die alptraumhaften Designs der Aliens zu verdanken haben, sind schon seit einigen Jahren tot, weshalb deren Witwen einspringen mussten. Die haben natürlich auch ihre Anekdoten zu erzählen. Die befassen sich aber mehr mit den Künstlern, weniger den künstlerischen Prozessen, welche zu dem Film führten.
So richtig in die Tiefe geht der Film ohnehin nicht, dafür reicht die Zeit einfach nicht. Zumal sich zwischendurch auch Filmtheoretiker und Filmschaffende in Interviews verewigen, mit teils schlüssigen, teils etwas gewagteren Thesen. Aber auch wenn man vielleicht nicht alle Infos und Aussagen unbedingt gebraucht hätte, die Philippe in seinen Film packt, so ist Memory – Über die Entstehung von Alien eine lohnenswerte Rückkehr zu einem Klassiker, die nicht nur Lust darauf macht, sich diesen noch einmal anzuschauen, sondern einen auch etwas wehmütig werden lässt, was aus dieser so spannend begonnenen Reihe später geworden ist.
OT: „Memory – The Origins of Alien“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Alexandre O. Philippe
Kamera: Robert Muratore
Was brachte ihn dazu, Memory – The Origins of Alien zu drehen? Und was machte Alien damals so besonders? Diese und weitere Fragen haben wir Regisseur Alexandre O. Philippe in unserem Interview zur Doku gestellt.
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