Rotschühchen und die Sieben Zwerge Red Shoes and the Seven Dwarfs
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Rotschühchen und die sieben Zwerge

Rotschuehchen und die sieben Zwerge
„Rotschühchen und die sieben Zwerge“ // Deutschland-Start: 5. Dezember 2019 (Kino)

Eine anmutige Schönheit? Nein, als solche würden wohl die wenigsten Schneewittchen bezeichnen. Sie ist eher klein, etwas pummelig und kann ohnehin mit dem ganzen Glamour der Adligen wenig anfangen. Dafür hat sie das Herz am rechten Fleck und würde deshalb auch alles für ihren Vater tun, der plötzlich verschwunden ist. Dahinter steckt ihre neue Schwiegermutter, die böse Hexe Regina, die sich nichts sehnlicher wünscht, als immer jung und schön zu bleiben. Und sie weiß auch schon, wie sie das anstellt: mithilfe magische Schuhe! Als Schneewittchen ausgerechnet diese mitnimmt, ist Regina überaus erbost und lässt die Prinzessin durchs ganze Land verfolgen. Zum Glück ist die junge Frau durch die roten Schuhe bildschön geworden, weshalb sie niemand erkennt – auch nicht die sieben Zwerge, die in Wahrheit sieben verzauberte Helden sind …

Zum Ende des Jahres tummeln sich in den hiesigen Kinos regelmäßig zahlreiche Animationsfilme, jeder davon in der großen Hoffnung, vom ertragreichen Weihnachtskuchen etwas abzubekommen, wenn Familien wieder vermehrt zusammen etwas unternehmen und dabei kräftig Geld ausgeben. Dieses Jahr gibt es dann gleich zwei Filme, die auf alten Märchen basieren und völlig anders interpretieren. Die meisten Augen werden dabei natürlich auf Die Eiskönigin II gerichtet sein, Disneys überaus erfolgreicher und ebenso freier Version von Hans Christian Andersens Die Schneekönigin. Rotschühchen und die sieben Zwerge wiederum nimmt sich das Grimmsche Märchen rund um Schneewittchen vor und sucht auch hier einen feministischeren, zeitgemäßeren Zugang.

Ein dickes Ding!
Dabei waren die ersten Reaktionen auf den südkoreanischen Film sehr negativ. Eine pummelige Prinzessin, die auf magische Weise schön, sprich schlank wird? Ein typischer Fall von Fatshaming! Doch ähnlich zu Insatiable waren das eher vorschnelle Reflexe. Schließlich wollen beide Titel das Gegenteil aussagen, dass es eben nicht allein auf die Pfunde ankommt. Beide Titel stellen sich dabei nur nicht immer ganz so geschickt an. Denn auch wenn Schneewittchen, die ihr dünneres Alter Ego Rotschühchen nennt, hier mehr sein darf als die passiv-profillose Schönheit in Schneewittchen und die sieben Zwerge, letztendlich wünscht sie sich doch auch, so wie diese auszusehen.

Ob Rotschühchen und die sieben Zwerge deshalb so feministisch ist, wie es tut, darüber darf man sich streiten. Am Ende wird sie zudem die Hilfe eines Mannes brauchen, wird nie so unabhängig wie das Schwesternpaar bei Die Eiskönigin. Andererseits ist schon die bloße Beschäftigung mit dem Thema der rein äußerlichen Schönheit wichtig, gibt dem jungen, weiblichen Zielpublikum in der Hinsicht mehr mit als die meist perfekten Disney-Prinzessinnen. Die Aussage, dass es nur auf die inneren Werte ankommt, die ist zwar sicherlich nicht neu. Sie bekommt aber mehr Gewicht, wenn sie nicht um Figuren gestrickt werden, die trotz allem der Schönheitsnorm entsprechen.

Die sehen komisch aus …
Mit dem Originalmärchen hat das dann nur noch wenig zu tun, da ist der Film Der Froschkönig oder auch den Shrek-Filmen schon näher. Auch Prinz Charming meldet sich an der Stelle im Gedächtnis zurück. Ergänzt wird das Thema durch diverse skurrile Einfälle rund um riesige Kaninchen und baumstumpfähnliche Kreaturen. Das hat dann nicht die technische Finesse etwa von Disney-Werken. Das wäre aufgrund des Budgets, das nur einen Bruchteil von dem der Konkurrenz auf Hollywood ausmacht, auch gar nicht möglich gewesen. Einige der Designs des Studios Locus Animation sind aber ganz witzig, die Stadt selbst ist charmant, muss sich in der Hinsicht wirklich nicht vor dem lieblosen Einerlei des frostigen Blockbusters verstecken. Die Musik wiederum ist typische Pop-Konfektionsware, an die man sich im Anschluss kaum noch erinnert.

Ob das für einen Erfolg an den Kinokassen reicht? Das bleibt abzuwarten. Während in Südkorea immerhin knapp 800.000 Besucher den Weg in die dortigen Lichtspielhäuser fanden, wird man sich bei uns sicherlich mit deutlich weniger zufriedengeben müssen. Aber es ist doch ein mehr als ordentlicher Einstand aus Fernost, der auf weitere Titel aus dem Haus Locus neugierig macht. Selbst wenn der grundsätzliche Ablauf der Geschichte ziemlich genau den Erwartungen entspricht, zwischendurch schlägt Rotschühchen und die sieben Zwerge ein paar abseitige und unterhaltsame Wege ein, für die man die märchenhafte Reise durchaus antreten darf.



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In „Rotschühchen und die Sieben Zwerge“ wird aus der passiven Schönheit Schneewittchen eine pummelige Prinzessin, die mit magischen Schuhen vor der Hexe flieht. Der Einsatz für innere Werte ist sympathisch, auch wenn es an der konkreten Ausarbeitung etwas hapert, die Optik ist gefällig, der Spaßfaktor stimmt. Kein Märchenklassiker, aber doch eine witzige Neuinterpretation.
6
von 10