The Limey
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The Limey

„The Limey“ // Deutschland-Start: 6. Januar 2000 (Kino) // 12. Dezember 2019 (Mediabook)

Nachdem er die Neuigkeit vom Tod seiner Tochter erfahren hat, reist Wilson (Terence Stamp), ein verurteilter Dieb und Verbrecher, nach Los Angeles um die Hintergründe zu erfahren. Auch wenn man offiziell von einem Unfalltod ausgeht, vermutet Wilson einen Mord und kann mithilfe einer ihrer Freunde namens Eduardo (Luis Guzmán) einige der Männer ausfindig machen, die eventuell hinter ihrem Tod stecken könnten. Zuletzt führen ihn seine Nachforschungen zu dem Imperium von Terry Valentine (Peter Fonda), ein Musikproduzent, der noch viele andere, weniger legale Geschäftszweige unterhält. Jedoch bleiben Wilsons Nachfragen nicht ohne Folgen, denn Valentine hat über einen seiner Gefolgsmänner (Barry Newman) bereits Auftragskiller auf den Briten angesetzt. Zudem findet Wilson schon bald heraus, dass er nicht der Einzige ist, der es auf Terry und seine Geschäfte abgesehen hat.

They call me the seeker.
Nachdem US-Regisseur Steven Soderbergh 1989 mit seinem Film Sex, Lügen und Video zu einem Wegbereiter einer ganzen Generation amerikanischer Independentfilmer wurde, verbrachte er einen großen Teil der 90er damit, an den Erfolg dieses Erstlings anzuknüpfen. Nach vielen ambitionierten, aber kommerziell erfolglosen Projekten war es dann ein Genrefilm, der 1998 gedrehte Out of Sight, der den den Regisseur wieder auf die Erfolgsspur zurückführte. Dieser Wendepunkt in Soderberghs Karriere kam allerdings nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen, sondern nicht zuletzt, weil er selbst, wie er 2008 in einem Gespräch mit Interview Magazine verriet, befürchtete, zu einem Filmemacher zu werden, für den die formalen Kriterien seiner Werke wichtiger sind, als alles andere.

Ausgehend von dieser Aussage bleibt ein Film wie The Limey in vielerlei Hinsicht verwunderlich, denn vieles an ihm deutet auf einen erhöhten Fokus der Form über den Inhalt hin. Gerade die Schnitttechnik Sarah Flacks, die mit Soderbergh bereits an dessen Filmen Kafka und Schizopolis arbeitete, zeichnet sich durch ein sporadisches Hin- und Herspringen zwischen den Zeitebenen des Filmes aus, so dass am Ende einer Szene immer wieder für einen kurzen Augenblick in eine vorherige oder eine zukünftige gesprungen wird. Zudem nutzt Soderberghs Film Szenen aus Ken Loachs Debütfilm Poor Cow, in dem Terence Stamp die Hauptrolle spielt, welche die Vergangenheit seines Charakters, seiner Karriere als Verbrecher sowie seine problematische Beziehung zu seiner Tochter beleuchten sollen.

Jedoch sollte man diese formalen Aspekte keinesfalls als reinen Selbstzweck abtun, führen sie doch geradewegs auf das Wesen einer Figur wie Wilson zurück. Der britische Schauspieler Terence Stamp stellt Wilson als einen Menschen dar, der zu einer wahren Naturgewalt werden kann, der mit allen Wassern gewaschen ist und jeder Situation gewachsen zu sein scheint. Ein Mann wie Wilson definiert sich durch die Suche nach etwas, nicht umsonst unterlegt der Film sein Erscheinen in Los Angeles mit The Seeker von The Who, ein musikalisches Motiv, welches mehrere Male im Film verwendet wird. Hinter dieser Maske des harten Kerls steckt aber auch ein sensibler Geist, der gar nicht so richtig ankommt, der nirgendwo zu Hause ist und unbeständig bleibt, auch zeitlich gesehen, was eine mögliche Erklärung für die Zeitsprünge des Films sein kann.

Fragmente Hollywoods
Allerdings ist es auch die Glitzerwelt Hollywoods, die unwirkliche Schönheit von Big Sur, die ein diffuses Gefühl von Zeit und Ort vermittelt. Figuren wie der von Peter Fonda gespielte Terry Valentine stehen für das Maskenhafte dieser Welt, in der ein Charakter schwierig auszumachen ist. Nicht umsonst wird Valentine von seiner jungen Geliebten als „Stimmung“ angesehen, die viel zu unspezifisch ist um eine Person zu sein. Die unruhigen Bilder Edward Lachmans sowie die Musik von Komponist Cliff Martinez betonen diese losgelöste Unwirklichkeit der Blase, in der sich eine Figur wie Terry befindet, aber zudem die Brutalität, mit der Wilson sie mit der Zeit zerstört.



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„The Limey“ ist ein erzählerisch und stilistisch sehr interessantes Rachedrama. Neben den formalen Aspekten sind es nicht zuletzt die Darsteller, allen voran Terence Stamp als Wilson, die den Film sehenswert und spannend machen. Man darf nur hoffen, dass zukünftige Veröffentlichung des Films dessen Status und vor allem erzählerische Finesse betonen und vielen weiteren Cinephilen zugänglich machen.
8
von 10