The Witcher Netflix
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The Witcher – Staffel 1

Kritik

The Witcher Netflix
„The Witcher – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 20. Dezember 2019 (Netflix)

Eigentlich hätte Geralt von Riva (Henry Cavill) lieber gar nichts mit den Menschen zu tun. Der Hexer zieht es vor, alleine durch die Welt zu streifen, sich auf niemanden einlassen zu müssen. Doch das klappt nur selten, immer wieder wird er in Abenteuer hineingezogen, trifft beispielsweise die mächtige Zauberin Yennefer (Anya Chalotra) oder die Prinzessin Cirilla (Freya Allan). Und immer sind seine Kampfeskünste gefragt, sei es wenn er sich gegen menschliche Angreifer zur Wehr setzen muss oder dämonischen Kreaturen begegnet, die es auf ihn abgesehen haben …

Der Zeitpunkt war auf jeden Fall gut gewählt: Einige Monate nach dem Ende des TV-Überhits Game of Thrones gibt es schließlich genügend Leute, die nach einem Ersatz für die Fantasy-Serie suchen. Umso mehr, da deren Ende überaus kontrovers war, nicht wenige waren entsetzt über das Finale des Dauerbrenners. Warum es also nicht einmal mit The Witcher versuchen? Das ist im selben Genre angesiedelt, hat zudem eine bekannte Vorlage, genauer sogar zwei. Schon die Romanreihe von Andrzej Sapkowski erfreute sich einer größeren Zahl von Fans. Hinzu kommen all die, welche durch die gleichnamigen Computerspiele auf den umherreisenden Hexer aufmerksam geworden sind. Man fand sogar einen passenden Darsteller für die Titelrolle: Henry Cavill, bekannt als Superman (Man of Steel) oder aus Mission: Impossible – Fallout. Der ist nämlich selbst bekennender Gamer, kann daher mit dem Stoff sicher mehr anfangen als die meisten anderen Schauspieler.

Eine mehrfach böse Welt
Er wird vielleicht auch mehr damit anfangen können als das Publikum. Wer nämlich nicht mit der Vorlage vertraut ist, der wird bei The Witcher schon früh vor große Probleme gestellt. Vielleicht sogar zu große, nicht wenige geben noch vor Abschluss der acht Folgen den Versuch auf, aus der verworrenen Geschichte irgendwie schlau zu werden. Genauer ist es die konfuse Erzählweise, die ständig zwischen Parallelsträngen und verschiedenen Zeiten hin und her springt, ohne das erkennbar zu machen. So etwas kann spannend sein, wenn wir nach und nach Figuren und ihre Geschichten kennenlernen. Der kurz zuvor gestartete Netflix-Kollege Soundtrack machte das ebenfalls. Während dort aber der Inhalt so nach und nach in die Tiefe ging und man mehrere Perspektiven hinzugewann, hält sich der Zugewinn in der Fantasywelt in Grenzen.

Das soll nicht bedeuten, dass dort nichts zu erzählen wäre. Immer wieder kehrt zum Thema Rassismus zurück, spricht von Unterdrückung und Ausbeutung. An manchen Stellen gewinnt die Serie sogar eine leicht feministische Note, selbst wenn dies anderweitig durch die offensive Sexualisierung der Frauen wieder zunichte gemacht wird. The Witcher neigt aber dazu, diese Punkte wieder und wieder einprügeln zu wollen, während an anderen Stellen zu viel übersprungen wird, die Serie es so eilig hat, dass man vergisst, an die Leute da draußen vor den Bildschirmen zu denken. Für sich genommen sind die einzelnen Folgen vergleichsweise stimmig. Aus gutem Grund: Sie basieren auf Kurzgeschichten der Reihe. Schwierig ist aber, wenn diese miteinander verknüpft werden sollen.

Ein Bad im Dreck
Licht und Schatten gibt es noch an anderer Stelle. Während Cavill beispielsweise eine eindrucksvolle Präsenz hat, sowohl in den ernsteren wie auch den leichteren Momenten eine gute Figur abgibt – die Auseinandersetzungen mit dem Schwerenöter-Barden Jaskier (Joey Batey) beispielsweise – sind die aus dem Computer stammenden Kreaturen teils ein schlechter Scherz. Glücklicherweise sind sie jedoch relativ selten. Anders als man vermuten könnte, geht es hier eben nicht darum, ständig gegen Monster anzutreten. Stattdessen nimmt uns The Witcher mit in eine Welt, in der die Menschen so sehr damit beschäftigt sind, sich selbst gegenseitig das Leben schwer zu machen, dass es kaum noch Hilfe von fremden Kreaturen braucht.

Dazu passt dann auch der dreckige Look, der Grau als persönliche Lieblingsfarbe bestimmt hat und Kontraste scheut, was zusammen mit den bedeckten Rändern dazu führt, dass alles schnell miteinander verschwimmt und man erst recht keine Orientierung mehr hat. Das ist in der Summe alles noch solide. Den großen Vorab-Hype hat die Serie aber zumindest in der ersten Staffel nicht verdient.

Credits

OT: „The Witcher“
Land: Polen, USA
Jahr: 2019
Regie: Alik Sakharov, Alex Garcia Lopez, Charlotte Brändström, Marc Jobst
Drehbuch: Lauren Schmidt Hissrich, Jenny Klein, Beau DeMayo, Declan de Barra, Sneha Koorse, Haily Hall, Mike Ostrowski
Idee: Lauren Schmidt Hissrich
Vorlage: Andrzej Sapkowski
Musik: Sonya Belousova, Giona Ostinelli
Kamera: Jean-Philippe Gossart, Gavin Struthers
Darsteller: Henry Cavill, Anya Chalotra, Freya Allan, Joey Batey, MyAnna Buring, Royce Pierreson, Eamon Farren, Mimi Ndiweni, Wilson Radjou-Pujalte, Anna Shaffer, Mahesh Jadu

Bilder

Trailer

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Als große Fantasy-Hoffnung angekündigt ist „The Witcher“ letztendlich doch eher ernüchternd. Während einzelne Faktoren wie ein starker Henry Cavill überzeugen, die diversen Geschichten nicht uninteressant sind, sinkt aufgrund der unnötig verworrenen, überhasteten Erzählweise und der schwankenden Optikqualität die Motivation, dauerhaft Teil der Welt zu sein.
6
von 10