Weihnachten, das bedeutet bei Familie Johnen immer ganz viele liebgewonnene Traditionen. Nur dieses Jahr ist irgendwie alles anders. Anstatt wie sonst auch in Hamburg zu feiern, beordern Gitta (Ulrike Kriener) und Henri (Rainer Bock) ihre drei Kinder nach Norwegen, um die Festtage in einer kleinen Hütte zu verbringen. Ein bisschen verwundert sind Annika (Katharina Schüttler), Sanne (Inez Bjørg David) und Bastian (Anton Spieker) ja schon darüber, machen sich aber trotzdem auf den Weg. Der ungewohnte Ort ist aber nicht das einzige, was für Irritationen sorgt, es dauert nicht lange, bis sich alle so richtig in die Haare bekommen und alte Wunden wieder aufbrechen. Es bieten sich aber auch neue Chancen für die festgefahrenen Konflikte …
Weihnachten, das bedeutet Geschenke, viel zu viel zu essen und eine derart geballte Ladung an Familie, dass da schnell mal die Fetzen fliegen. Das dürfte jeder aus eigenen Erfahrungen kennen, in Filmen und Serien ist es nicht anders. Zuletzt brachte gerade Netflix diverse Serien heraus, in denen das regelmäßige Zusammentreffen von Familienmitgliedern Ende des Jahres zu viel Streitigkeiten führen. Ob nun Zeit der Geheimnisse oder Merry Happy Whatever, unterdrückte Gefühle und eine zeitweilige Enge sind eine Kombination, die sehr zuverlässig in lautstarken Auseinandersetzungen endet. Da braucht es noch nicht einmal den zu dieser Zeit gerne fließende Alkohol, der die Zunge noch ein bisschen mehr lockert.
Ein Streit, wie er in jeder Familie vorkommt
Das ist bei Weihnachten im Schnee nicht wirklich anders. Das Drehbuchduo Claudia Matschulla und Arnd Mayer versammelt hier die typischen Streitpunkte, wie sie in den meisten Familien wohl irgendwie vorkommen. Da sind geschwisterliche Eifersüchteleien, wenn sich die einen vernachlässigt fühlen. Anderen wird vorgeworfen, nichts aus ihrem Leben zu machen und stattdessen nur zu schmarotzen. Auch die Gegensätze zwischen Freigeist und Verantwortung liefern Anlässe: „Du bewegst dich nicht aus der Komfortzone!“ „Du willst dich auf nichts einlassen!“ Und natürlich darf sich jeder auch irgendwann fragen, wer er eigentlich ist und was er genau mit seinem Leben anfangen will.
Der Kernkonflikt ist klar: Die Leute reden nicht genug miteinander, so wie immer. Genauso klar ist aber auch, dass sich das innerhalb der für einen TV-Film obligatorischen 90 Minuten ändern wird, vor allem wenn es sich um einen Beitrag der Reihe „Herzkino“ handelt. An das Herz wird hier dann auch appelliert, in gleich mehrfacher Hinsicht. Es gibt die üblichen tragischen Enthüllungen, ebenso ein bisschen Liebe. Ausgerechnet die so brave Annika, im Gegensatz zu den beiden ungebundenen Geschwistern seit Jahren verheiratet, verliebt sich in den feschen Molten (Carsten Björnlund), der seinen Lebensunterhalt mit Schnitzen und Möbelbauen verbringt, im tiefsten Norwegenschnee. Wenn das nicht herzallerliebst ist!
Hatten wir den nicht schon letztes Jahr?
Nein, Weihnachten im Schnee ist kein Film, der irgendwie an den Gesetzen dieses Genres rütteln mag. Die TV-Produktion fordert zwar von ihren Protagonisten und Protagonistinnen mehr Mut, ihr selbst fehlt dieser aber ebenso sehr wie es an Überraschungen mangelt. Was der Anlass ist für die ungewohnte Zusammenkunft, das kann sich jeder denken. Auch der Ablauf der Konflikte folgt so ausgetretenen Pfaden, dass trotz der hübschen Schneekulisse alles gleich aussieht. Und natürlich darf das grundliegende Plädoyer für mehr Zusammenhalt nicht fehlen, am Ende haben sich alle lieb. Ist schließlich Weihnachten, da will das Publikum nicht mehr als ein bisschen süße Bestätigung.
Im Grunde kann man sich dieses Drama deshalb komplett sparen. Es macht zwar wenig wirklich verkehrt, hat aber auch nichts zu erzählen, das man nicht ohnehin schon weiß und kennt. Wer hingegen die Konzentration klassischer Klischees nicht als einen Mangel empfindet, sie im Gegenteil vielleicht sogar sucht und braucht, für den ist Weihnachten im Schnee sicher nicht die schlechteste Wahl. Ein bisschen Wohlfühlkonstrukt ist um diese Jahreszeit nicht wirklich verwerflich. Zumal der Film im Gegensatz zu so manch anderer Berieselung ein tatsächlich talentiertes Ensemble vorzuweisen hat. Wenn etwa Katharina Schüttler (Freier Fall) und Rainer Bock (Atlas) mitmischen, dann ist immerhin gewährleistet, dass die Schablonenfiguren mit Eigenleben gefüllt werden. Das reicht dann zwar nicht aus, um sich in einem Jahr noch daran zu erinnern. Aber bis dahin dürfte für neuen Ersatz bereits gesorgt sein, der die Traditionen fortsetzt. Wie immer halt.
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