Winterherz Tod in einer kalten Nacht
© ZDF/ Barbara Bauriedl

Winterherz – Tod in einer kalten Nacht

Winterherz Tod in einer kalten Nacht
„Winterherz – Tod in einer kalten Nacht“ // Deutschland-Start: 2. Dezember 2019 (ZDF)

Inhalt / Kritik

Nach einem feuchtfröhlichen Discobesuch will der 17-jährige Finn (Jeremias Meyer) eigentlich nur noch nach Hause. Doch als der Jugendliche in der Dunkelheit auf die Straße läuft, wird er von dem angehenden Richter Maxim Vollert (Franz Pätzold), der gerade mit seiner Frau Sylvie (Laura de Boer) auf dem Heimweg ist, angefahren. Da die beiden alkoholisiert unterwegs waren und der Teenager scheinbar ohne Verletzungen davon kam, beschließen sie, ihn an einer Bushaltestelle abzusetzen und weiterzufahren. Alles nicht so schlimm. Aber der Eindruck trügt, am nächsten Morgen ist Finn tot. Während Sylvie mit Schuldgefühlen zu kämpfen hat und Maxim den Vorfall einfach nur vergessen will, macht sich Polizist Mike (Anton Spieker), der Bruder des Verstorbenen, auf die Suche nach den Tätern, um sein eigenes Gewissen zu beruhigen. Denn eigentlich hätte er seinen jüngeren Bruder in der Nacht sicher nach Hause bringen sollen …

Wie geht man damit um, den Tod eines anderen Menschen verursacht zu haben? Das ist eine Frage, mit der sich in Winterherz – Tod in einer kalten Nacht nahezu jede Figur auseinandersetzt, die irgendwie mit der Geschichte zu tun hat. Da wäre Sylvie, die nichts für die Rettung getan hat, Mike, der nicht bis zum Schluss da war. Aber auch die Eltern, Mikes One-Night-Stand, selbst ein unbeteiligtes Pärchen, das in der Nähe des Unfallorts wohnt, sie alle haben auf die eine oder andere Weise damit zu kämpfen, dass sie wenn schon nicht Schuld tragen, so doch zumindest einen Anteil haben, wie es gekommen ist. Hätte auch nur einer aus diesem umfangreichen Figurenensemble anders gehandelt, Finn wäre vielleicht noch am Leben.

Schuld ist … wer?

Tatsächlich konsequent ist der Film in dieser Hinsicht aber nicht. Die meisten dieser Schuldfragen werden in nur einem Satz mal angesprochen, dann wieder fallen gelassen. Hinzu kommt, dass ausgerechnet Maxim, derjenige also, der den Jungen überhaupt anfuhr, bei diesen Überlegungen nicht mitmachen will. Sein Credo: Warum sollte er sein eigenes Leben zerstören? Das macht den Jungen auch nicht lebendig. Das mag man nun abscheulich finden oder nachvollziehbar. Spannend ist das nicht unbedingt. Winterherz macht aus dem Täter einen selbstsüchtigen, reichen Schnösel, ein ideales Feindbild, das keinerlei Raum für Ambivalenz lässt. Dass er ausgerechnet Richter ist, ist dabei prinzipiell ein potenzielles interessantes Konfliktgebiet, wird aber kaum genutzt. Der Beruf spielt schlichtweg keine Rolle.

Es ist aber nicht allein der langweilig undifferenzierte Gegenspieler, der dem TV-Drama zusetzt. Auch sonst strotzt der Film vor Klischees. Die werden brav durchgezogen, gleichgültig, ob das nun passt oder nicht, glaubwürdig ist oder nicht. Wenn Mike und Sylvie sich beispielsweise näherkommen, dann wird das zu keinem Zeitpunkt plausibel. Die Vorstellung, die gemeinsame körperliche Nähe zu nutzen, um den Tod zu verarbeiten, die ist nicht ohne Reiz. Wirklich genutzt wird diese Kuriosität aber nur, um viel nackte Haut zu zeigen: Der von Johannes Fabrick (Stumme Schreie) inszenierte Film baut regelmäßig Sexszenen ein, sei es des Kribbelns wegen oder um die Attraktivität der beiden schön vorführen zu können.

Mit wenig zufrieden

Daraus alleine wird aber noch keine Spannung, weder zwischenmenschlich noch auf die Handlung bezogen. Da wird zwar geschrien und geweint und an den Haaren gerissen, und doch wird Winterherz nie so wirklich bewegend und emotional mitreißend. Dafür bleiben die Figuren selbst auch zu sehr auf Distanz. Dann und wann versucht der Film zwar schon, ein bisschen Charakter in die Charaktere hineinzubringen. Doch dafür reicht die Zeit nie aus. Ein paar Sätze müssen jeweils reichen, um Konturen zu schaffen, sowohl beim Opfer wie auch den anderen, das TV-Format lässt nicht mehr zu. Die Wirkung hält sich entsprechend in Grenzen, neben dem Vorfall selbst gibt es fast nichts, das zur Figurenzeichnung taugt.

Das wird manchen Zuschauern und Zuschauerinnen sicher reichen. Die Vorstellung, das eigene Kind zu verlieren, die ist beispielsweise so furchtbar, dass der Rest des Films überdeckt wird. Außerdem darf man sich so richtig aufregen, wenn ein Mörder frei rumläuft, ohne vom Gesetz behelligt zu werden. Da muss man doch was tun können! Aber auch da schreckt Winterherz – Tod in einer kalten Nacht vor einer echten Auseinandersetzung zurück, stellt etwa die Grenzüberschreitungen von Mike nie wirklich in Frage, da er ja der Gute ist. Insgesamt wäre es wünschenswert gewesen, das Drama hätte es sich nicht so einfach gemacht, sondern tatsächliche Grautöne und schmerzhafte Überlegungen zugelassen, anstatt mit wild wedelnden Armen durch die Gegend zu laufen – das Thema hätte es verdient.

Credits

OT: „Winterherz“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Johannes Fabrick
Drehbuch: Susanne Schneider
Musik: Manu Kurz
Kamera: Helmut Pirnat
Besetzung: Anton Spieker, Laura de Boer, Franz Pätzold, Ulrike Kriener, Bernhard Schütz, Jeremias Meyer

Bilder

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Winterherz – Tod in einer kalten Nacht
Fazit
Ein 17-Jähriger stirbt an den Folgen eines Autounfalls, eine Reihe von Leuten hätten es verhindern können. Die Auseinandersetzung mit der Schuldfrage findet hier jedoch nur sehr oberflächlich statt. „Winterherz – Tod in einer kalten Nacht“ versteckt sich lieber hinter Klischees und einem einseitigen Gegenspieler, garniert das Ganze mit überflüssigen Sexszenen, um die Illusion einer Spannung zu erzeugen.
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