Besser Welt als nie
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Besser Welt als Nie

Kritik

Besser Welt als nie
„Besser Welt als Nie“ // Deutschland-Start: 13. Februar 2020 (Kino)

Als junger Mensch stehen einem heute alle Türen offen. Du kannst werden, was du willst, so wird zumindest immer wieder impliziert. Was aber, wenn man gar nicht weiß, was man werden will? Wenn all das, was man sieht, was um einen herum ist, nicht so recht passt? Dann gibt es immer noch die Möglichkeit, das erst einmal beiseite zu schieben, fortzugehen, sich selbst auszuprobieren. Davon träumen natürlich viele, so eine Weltreise klingt schon recht verführerisch. Offensichtlich gibt es aber doch mehr, die diese Träume auch umsetzen. Diesen Eindruck erweckt zumindest die hiesige Kinolandschaft, die mittlerweile gut gefüllt ist mit allerlei Dokumentarfilmen, die Menschen beim Reisen zeigen, zuletzt etwa Nur die Füße tun mir leid oder Über Grenzen – Der Film einer langen Reise.

Neues Mitglied im Reiseclub ist Dennis Kailing, der irgendwann feststellte, dass das mit dem Studium gerade nicht die spannendste Perspektive ist und sich dazu inspirieren ließ, stattdessen mal mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren. Möglichst weit wollte er kommen, möglichst viel sehen, zweieinhalb Jahre hat er für sein Projekt grob veranschlagt. Das klingt natürlich sehr ambitioniert. Ebenso ambitioniert ist aber, aus einem derart langen Zeitraum einen Film machen zu wollen. Nach einer langen Arbeitsphase und der Beschaffung des nötigen Kleingelds ist das Werk nun vollbracht, der Dokumentarfilm Besser Welt als Nie hält zusammen mit dem begleitenden Buch fest, was Dennis unterwegs alles erlebt hat.

Unterwegs kannst du Leute kennenlernen
Einiges davon entspricht dem Standard solcher Reisedokus. Dass die Menschen da draußen sehr freundlich und hilfsbereit sind, davon berichten fast alle, zumindest wenn sie in entlegenen Gegenden unterwegs sind, in die sich so selten jemand verirrt, dass jeder Fremde eine Besonderheit darstellt. Wenn wir das hier zum wiederholten Male hören, mag das dann zwar für das entsprechend vorbereitete Publikum keine wirkliche Überraschung sein. In der konkreten Situation ist das aber durchaus liebenswürdig. Wenn Dennis immer wieder Leute hinterherlaufen, ihm Wildfremde Sachen zustecken oder zu sich nach Hause einladen, dann ist das schon etwas fürs Herz, zumal die jeweiligen Umstände dann doch immer wieder etwas anders sind.

Ohnehin, die visuelle Abwechslung ist enorm. In mehr als 40 Ländern war Dennis letzten Endes unterwegs, seine Kamera immer im Gepäck. Und auch wenn er eigentlich mit dieser nicht so wahnsinnig viel Erfahrung hatte, so sind ihm doch sehr schöne Bilder gelungen. Ob er nun in einer US-amerikanischen Großstadt unterwegs ist oder in derart abgelegenen Gegenden, dass man schon gar nicht mehr weiß, welches Land das gerade ist, das macht schon gut Lust, selbst wieder ein bisschen mehr von der Welt zu sehen. Das kommt nicht von ungefähr: Besser Welt als Nie ist einerseits der persönliche Bericht eines jungen Reisenden, soll gleichzeitig aber auch Aufmunterung sein, offener durchs Leben zu gehen, keine Angst zu haben vor dem Fremden – ein Plädoyer, das in der heutigen Zeit durchaus aktuell ist.

Mit Charme und Witz
Die größte Stärke, neben den Bildern, ist aber Dennis selbst. Dass er kein Profi ist, weder beim Reifenwechseln noch beim Erzählen, das macht nichts. Es ist sogar Teil des Charmes seines Films, dass das alles so nahbar ist. Zumal er, bei aller Begeisterung für die Offenheit der Menschen, seine weniger glorreichen Momente nicht verschweigt. Mal verzweifelt er an der Eintönigkeit der australischen Wildnis, mal laboriert er Tage lang an einer nicht gut bekommenen Mahlzeit. Und gegen Ende geht ihm mental ohnehin die Puste aus, wenn die Leidenschaft und Neugierde einer Art Pflichtbewusstsein weichen. Denn irgendwann kann man selbst die schönsten Szenen nicht mehr sehen.

Dennis begleitet diese äußeren wie inneren Veränderungen mit jeder Menge Humor, was enorm dabei hilft, Besser Welt als Nie von der umfangreichen Konkurrenz abzuheben. Seine selbstironischen Kommentare, die er als Voice over eingeschoben hat, sorgen immer wieder für unterhaltsame Momente und ein bisschen Auflockerung. Nur weil eine Situation gerade wenig ideal ist, muss man anderen damit schließlich nicht die Laune verderben. Natürlich, wer nichts mit Reisedokumentationen anfangen kann, den wird das hier nicht eines Besseren belehren. Umgekehrt enthält der Film wenig Konkretes, das man anderen Aspiranten mit auf den Weg geben könnte. Punkte wie finanzielle Mittel oder nötige Vorbereitungen? Das muss man schon selbst nachschauen. Aber es macht eben Spaß, hier als stiller Begleiter dabei zu sein, Bekanntes wie Unbekanntes zu sehen und sich daran erinnern zu lassen, dass die Welt da draußen größer ist, als uns immer bewusst ist.

Credits

OT: „Besser Welt als Nie“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Dennis Kailing
Musik: Boris Merkfeld

Bilder

Trailer



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„Besser Welt als Nie“ ist prinzipiell eine der inzwischen sehr zahlreichen Dokus, in denen jemand um die Welt reist und sich dabei per Kamera festhält. Der Film zeichnet sich dabei aber durch die schönen Bilder wie auch den Protagonisten selbst aus, der auch offen über Tiefpunkte spricht und mit viel Humor seine Geschichte erzählt.