In einer walisischen Arbeiterstadt gehen merkwürdige Dinge vor sich: Ein Stahlarbeiter ist unter mysteriösen Umständen umgekommen. Der Journalist Frazer Truick (Craig Fairbrass) will den Fall lösen, auch um Rachel (Rowena King) zu helfen, der Schwester des Toten. Einen Verdächtigen gibt es bereits, den heidnischen Sektenführer David Keller (Jon Finch), dessen Gruppe archaisch-heidnische Rituale pflegen soll. Doch je mehr Truick ermittelt, umso tiefer gerät er in einen Strudel aus Macht, Intrigen und Nationalismus, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt …
Das England der 90er als industrielles Darkland
Schon durch die erste Kameraeinstellung, die eine Industrielandschaft vor einem düster-nebeligen Sonnenaufgang zeigt, fühlt man sich als Zuschauer in die Darklands versetzt, die schon durch die schottische Band The Jesus and Mary Chain auf ihrem gleichnamigen Album und Titelsong (1987) besungen wurden: „I’m going to the darklands/To talk in rhyme/With my chaotic soul/As sure as life means nothing/And all things end in nothing/And heaven I think/Is too close to hell/I want to move I want to go/I want to go/Oh something won’t let me/Go to the place/Where the darklands are/And I awake from dreams/To a scary world of screams/And heaven I think/Is too close to hell“.
Kulturelle Referenzen an die britischen 80er
Der Zuseher fühlt sich sehr schnell in die düstere und mystische Welt der Wild Boys des Hexenkultes hinabgezogen, auch durch die glaubwürdige Darstellung von Craig Fairbrass als Journalist Frazer Truick, der es hier mit einer Reihe sehr seltsamer und undurchsichtiger Leute zu tun bekommt. Tatsächlich erinnert das Styling und die vermittelte Atmosphäre der munteren Truppe um den Oberbösewicht David Keller, ein obskurer Geschäftsmann mit ebensolchen Praktiken, stark an das gleichnamige Musikvideo der illustren, aus den West Midlands stammenden, Popband Duran Duran. Ihr Smashhit Wild Boys aus dem Jahre 1984 textet denn auch: „Wild boys fallen far from glory/Reckless and so hungered/On the razors edge you trail/Because there’s murder by the roadside.“
Samhain-Fruchtbarkeitsrituale und Nationalismus
Der bizarre Kult um Schweine- und Ziegenopfer orientiert sich an den chthonischen Samhain-Fruchtbarkeitsritualen aus grauen Vorzeiten, mit dem großen Unterschied, dass Oberguru Keller auch noch Nationalist ist und in Wales politische Ambitionen hegt. Dort kontrolliert Keller alles, sogar die örtlichen Zigeuner, die ihm als Schlägertrupp dienen. Die Schlüsselszene von Darklands gemahnt an einen anderen Achtziger Klassiker, nämlich David Lynchs Blue Velvet (1986). Die düstere und geheimnisvolle Atmosphäre ist jedoch einzigartig und man möchte es gerade in Zeiten des Brexits nicht anders sagen: typisch englisch. Und sie ist sehr unheimlich: Die Entourage von David Keller jagt auch weniger zartbesaiteten Zusehern Schauer über den Rücken, Gänsehaut garantiert! Die postindustrielle, apokalyptische Landschaft des walisischen Stahlwerkes tut ihr übriges dazu, aus Darklands einen echten Genre-Geheimtipp zu machen, an dem wohl auch Franz Kafka seine Freude gehabt hätte.
OT: „Darklands“
Land: UK
Jahr: 1996
Regie: Julian Richards
Drehbuch: Julian Richards
Musik: David Hughes, John Murphy
Kamera: Zoran Djordjevic
Besetzung: Craig Fairbrass, Jon Finch, Rowena King
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