Das mit der Meinungsfreiheit ist in China bekanntlich so eine Sache. Kritische Stimmen? Die werden in der obersten Etage nur sehr ungern gehört, im Zweifelsfall verunglimpft oder anderweitig zum Verstummen gebracht. Umso bemerkenswerter ist es, wie oft immer wieder Filme im Reich der Mitte entstehen, die sich nicht unbedingt positiv mit Aspekten des dortigen Lebens auseinandersetzen. Bis dann, mein Sohn arbeitete anhand eines Ehepaares mehrere Missstände ab, A First Farewell setzt sich mit der Unterdrückung von Minderheiten auseinander.
Komisch, surreal, tieftraurig
Auch Sister ist ein letztendlich bitterer Blick auf eine der umstrittensten Maßnahmen Chinas in den letzten Jahrzehnten. Dabei wirkt der Kurzfilm zunächst gar nicht so, als würde er sich irgendwie mit der Gesellschaft auseinandersetzen. Stattdessen lässt Regisseurin und Drehbuchautorin Siqi Song ihren Protagonisten zurückblicken auf seine Kindheit, auf Erfahrungen und Erlebnisse, die er mit seiner Schwester hatte. Das wirkt nostalgisch, warmherzig, irgendwie drollig, skurril, nicht zuletzt wegen der verwendeten Stop-Motion-Technik, die mit ihren Stofffiguren an This Magnificent Cake! erinnert. Auch ein klein wenig surreal.
Erst gegen Ende, nach diversen Einzelmomenten, verrät Song, worum es in ihrem acht Minuten langen Werk wirklich geht. Gerade weil dieser Wechsel so aus dem Nichts kommt, ist er sehr wirkungsvoll, zeigt auf bewegende Weise, welche Auswirkungen das Politische auf das Private haben können. Sister lässt einen hier sprachlos zurück, wütend und dabei tieftraurig – was man erst einmal schaffen muss, mit nur einigen unförmigen Puppen als Hilfsmittel.
OT: „Sister“
Land: China, USA
Jahr: 2018
Regie: Siqi Song
Drehbuch: Siqi Song
Musik: Karen Tanaka
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2020 | Bester animierter Kurzfilm | Nominierung |
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