The Best of Dorien B
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The Best of Dorien B.

Kritik

The Best of Dorien B
„The Best of Dorien B.“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Bis vor Kurzem lief es eigentlich ziemlich gut bei Dorien (Kim Snauwaert). So dachte sie zumindest. Sie ist seit Jahren glücklich mit Jeroen (Jelle De Beule) verheiratet. Ihre zwei Kinder sind eine einzige Freude für sie. Und auch beruflich hat sie nicht zu klagen, die Tierarztpraxis, die sie von ihrem Vater (Dirk van Dijck) übernommen hat, ist gut besucht. Doch dann trennen sich ihre Eltern plötzlich, als die langjährige Affäre ihrer Mutter (Katelijne Verbeke) bekannt wird. Und auch ihr eigener Mann scheint einer Kollegin nähergekommen zu sein, als sie es gutheißen kann. Als ihr Arzt zudem einen Knoten in ihrer Brust feststellt, ist für Dorien klar, dass sich da etwas ändern muss in ihrem Leben …

Menschen, die sich irgendwo am Scheideweg ihres Lebens befinden, die treffen wir in Filmen natürlich andauernd. Da wäre zum einen der Coming-of-Age-Bereich, der quasi ununterbrochen neue Beispiele dafür ausspuckt, wie ein junger Mensch unsicher zwischen der Welt des Kindes und der von Erwachsenen wandelt. Zuletzt gab es aber auch diverse Titel, in denen Protagonisten und Protagonistinnen eines fortgeschrittenen Alters sich noch einmal neu orientieren, orientieren müssen, wenn irgendwelche einschneidenden Erlebnisse mittenrein grätschen – siehe etwa Britt-Marie war hier oder Tanz ins Leben. In beiden Fällen musste eine Seniorin mit der Untreue ihres Mannes fertig werden, was zum Anlass wurde, sich noch einmal selbst zu suchen.

Es ist immer Zeit für einen Neuanfang
In The Best of Dorien B. gibt es ebenfalls einen hintergangenen Senior, diesmal eben ein Mann. Doch Regisseurin und Co-Autorin Anke Blondé interessiert sich gar nicht so sehr dafür, wie sich die Situation für den Gehörnten anfühlt. Stattdessen beleuchtet sie das Leben der Titelfigur, die in ihren 30ern ist und um die herum alles zerbröckelt, manchmal laut zusammenkracht, was sie bislang als festen Bestandteil angesehen hat. Für eine Midlife-Crisis reicht das noch nicht ganz, obwohl Dorien einige Entscheidungen und Entwicklungen in ihrem Leben rückwirkend in Frage stellt. Vielmehr zeigt der Film auf, dass man ganz unabhängig vom Alter in eine Krise rutschen kann. Dass nichts jemals völlig verlässlich ist.

Das geht mit überraschend wenig Drama-Momenten einher. Selbst als längst alles um Dorien herum kollabiert, bleibt sie ruhig, gefasst, fährt nur selten aus der Haut. Das ist einerseits etwas verwirrend bis befremdlich, fast so, als wäre ihr das alles egal. Wer sich von The Best of Dorien B. große befreiende Heulkrampfszenen erhofft, bei denen man ungehemmt mitschluchzen kann, der ist hier verkehrt. Es gibt nicht einmal eine vergleichbar schmerzhafte Situation wie die inzwischen berühmt gewordene Szene aus Marriage Story, als Jahre der nicht ausgesprochenen Verletzungen und Enttäuschungen in kürzester Zeit eskalieren. Stattdessen ist das hier meistens distanziert, teils sogar humorvoll.

Die Ruhe im Sturm
Gerade die Auftritte der Eltern, die einen späten Rosenkrieg ausführen, taugen gut als Kontrast zur verblüfften Passivität, mit der Dorien durchs Leben stolpert. Allgemein zeigt Blondé eine gewisse Vorliebe für das Skurrile, kaum eine Figur hier, die nicht irgendwo einen Schaden hat und auf die eine oder andere Weise dysfunktional ist. Das ist oft lustig, selbst wenn der Humor ebenso leise ist wie die Titelfigur. Die Tragikomödie, welche auf dem International Film Festival Rotterdam 2019 lief, erzählt vieles auf eine wortlose Weise, ohne dabei gleich auf körperlichen Slapstickhumor zurückgreifen zu müssen.

Das wird sicher nicht allen reichen, The Best of Dorien B. ist weder so komisch noch so dramatisch, wie man vielleicht erwarten könnte. Dafür ist die belgisch-niederländische Coproduktion sympathisch und hat ein feines Auge für Details. Außerdem ist der Film ein schönes Plädoyer dafür, sich nicht unterkriegen zu lassen, sich nicht mit allem abzufinden, was einem andere da vorsetzen, sondern vielmehr einen eigenen Weg zu suchen. Denn das darf man immer, egal ob nun als Teenager oder verlassener Senior oder eben als Frau in den 30ern, die irgendwo zwischen allem steht.

Credits

OT: „The Best of Dorien B.“
Land: Belgien, Niederlande
Jahr: 2019
Regie: Anke Blondé
Drehbuch: Anke Blondé, Jean-Claude Van Rijckeghem
Musik: Rutger Reinders
Kamera: David Williamson
Besetzung: Kim Snauwaert, Jelle De Beule, Katelijne Verbeke, Dirk van Dijck, Robrecht Vanden Thoren

Bilder

Trailer



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„The Best of Dorien B.“ ist eine unaufgeregte Tragikomödie über eine Frau in den 30ern, die nach einer Kette von Vorkommnissen ihr aktuelles Leben überdenkt. Vieles davon geschieht ohne große Worte, zeigt mehr anhand von Details, wie jemand sich sammelt und einen eigenen Weg sucht. Ein Tipp für Fans leiser, leicht skurriler Geschichten.
7
von 10