Threads Tag Null
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Threads – Tag Null

Kritik

Threads Tag Null
„Threads – Tag Null“ // Deutschland-Start: 31. Januar 2020 (DVD)

Ihr ganzes Leben haben Jimmy Kemp (Reece Dinsdale) und seine Freundin Ruth Beckett (Karen Meagher) im nordenglischen Sheffield verbracht. Auch wenn sie immer wieder davon geträumt haben wegzuziehen, haben sie es doch nie weggeschafft und jetzt, da Ruth schwanger ist, sind sie sich beide sicher, dass sie an dieser Situation wohl nie etwas ändern wird. Beide überlegen bereits, wie sie es ihren Eltern sagen werden, dass diese schon bald Großeltern werden und sie nun von zu Hause ausziehen werden. Doch trotz all der Sorgen sehen beide ihre Zukunft positiv und freuen sich auf ihren Nachwuchs, was sie die Welt um sie herum fast vergessen lässt bis diese sich buchstäblich mit einem Knall meldet, der ihr Leben und das ihrer Mitmenschen auf immer verändern wird. Bereits seit Wochen scheint sich der ehemals kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten zusehends zu erhitzen. Während die Stellvertreterkriege, wie im Iran, sich immer weiter ausbreiten, laufen im Rest der Welt die Vorbereitungen auf Hochtouren, denn der Ernstfall eines Atomkrieges ist nun nicht mehr länger nur Theorie.

Der Krieg nebenan
Als der englische Regisseur und Produzent Mick Jackson für die Verfilmung des Skripts aus der Feder Barry Hines’ vorgeschlagen wurde, machten er und sein Team sich sogleich mit einer unglaublichen Akribie an der Arbeit. In zahlreichen Konversationen mit Wissenschaftlern, Ärzten, Psychologen und anderen Experten machten sie sich daran, ein möglichst authentisches Bild einer Welt vor, während und nach einem Atomkrieg zu liefern. Die Arbeit machte sich bezahlt, denn Threads gilt nicht nur als einer der besten und realistischsten Beiträge zu diesem Thema, sondern auch zu einem der wohl schockierendsten, der bis heute nur wenige Male im britischen Fernsehen lief nach seiner Erstausstrahlung im Jahre 1984.

Von der ersten Minute an ist Threads ein beklemmender Film, der durch sein Maß an Realismus den Zuschauer für die Figuren, deren Alltag und deren Sorgen interessiert. Bisweilen erinnert die Erzählweise in den Passagen, die sich sehr mit der Geschichte um die Familien Jimmys und Ruth beschäftigen, an den Sozialrealismus der „kitchen sink“-Dramen eines Lindsay Anderson oder Tony Richardson. Die Banalität dieser Sorgen kommt uns sehr bekannt vor, genauso wie die sich steigernde Angst dieser Menschen, als der Konflikt immer ernster wird und schon bald niemand mehr an die Versprechungen vom Frieden oder einer diplomatischen Lösung glaubt.

Immer mehr versteht man die Brüchigkeit dieser Welt, die stets auf dem Spiel steht, wenn es zu einem solchen Konflikt kommt. Mit einem lauten Knall gefolgt von einem gleißenden Licht geht diese Welt in Flammen auf und mit ihr jenes Leben, welches wir gewohnt sind. Diesen Eindruck verstärkt Jacksons Film durch die Einwürfe seines Erzählers, der den Zuschauer kurz und prägnant über die Vorkehrungen einer Stadt wie Sheffield für einen solchen Fall informiert, aber auch über die Kurz- und Langfolgen radioaktiver Strahlung, der Seuchen und der ersten Ernten nach der Bombe. Selten wurde einem Zuschauer die Welt nach der Bombe in derart drastischen Bildern gezeigt.

Das tote Land
Doch in Threads geht es auch um das Auflösen der Gesellschaft nach der Bombe. Die Fäden (engl. „threads“), welche die Gesellschaft zusammenhalten, unsere Beziehungen zueinander, unsere Freundschaften, Bekanntschaften und Liebhaber sind es, die bei einem solchen Krieg als Erstes veröden. Wenn ein Vertreter der Notregierung von der Wiederkehr des Rechts des Stärkeren spricht, sieht man in den Bildern des Films dies nicht mehr bloß als reine Theorie, sondern als (fiktionale) Schreckensvision eines toten Landes, dessen Bewohner ums Überleben kämpfen und nur noch als Schatten ihres früheren Selbst existieren.

Credits

OT: „Threads“
Land: UK
Jahr: 1984
Regie: Mick Jackson
Drehbuch: Barry Hines
Kamera: Andrew Dunn, Paul Morris
Besetzung: Karen Meagher, Reece Dinsdale, David Brierley, Rita May, Nicholas Lane, Jane Hazlegrove

Bilder

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„Threads“ ist ein drastischer Film über das Entstehen und die Folgen eines Atomkrieges. Spannend und realistisch inszeniert, mit vielen Informationen und Details versehen, ist es schwierig diese Vision einer Welt nach der Bombe zu ertragen. Aber sie soll auch eine Mahnung sein, es nie so weit kommen zu lassen.
8
von 10