Birds of Prey
© Warner Bros.

Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn

Kritik

Birds Of Prey The Emancipation Of Harley Quinn
„Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ // Deutschland-Start: 6. Februar 2020 (Kino) // 9. Juli 2020 (DVD/Blu-ray)

Aus, vorbei, fertig. Sicher, so richtig einfach war die Beziehung nie zwischen ihnen gewesen. Und doch sitzt der Schock tief, als Harley Quinn (Margot Robbie) auf einmal vom Joker verlassen und aus dem Haus geworfen wird. Das bedeutet nicht nur viel Liebeskummer und ein kleines bisschen Riesenwut. Es bedeutet auch: Sie ist jetzt Freiwild, ihre vielen Feinde haben sie bislang nur deshalb in Ruhe gelassen, weil sie Angst vor J hatten. Das wird Harley aber erst dann bewusst, als die den Fahrer den sadistischen Gangster-Nachtclub-Besitzers Roman Sionis (Ewan McGregor) außer Gefecht setzt und im letzten Moment von der Sängerin Dinah Lance (Jurnee Smollett-Bell) gerettet wird. Das wiederum ruft Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez) auf den Plan, die hinter Sionis her ist. Aber all das spielt keine Rolle, als die junge Diebin Cassandra Cain (Ella Jay Basco) auftaucht. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, treibt auch noch ein mysteriöser Armbrust-Killer (Mary Elizabeth Winstead) sein Unwesen …

Alles auf Anfang … oder nicht?
Nachdem der Versuch der DC Comics, analog zu Marvel ein Cinematic Universe aufzubauen, einen mehr als holprigen Start hatte und 2017 mit Justice League am Tiefpunkt angekommen war, hat sich die Geschichte auf bemerkenswerte Weise wieder gefangen. Ein Grund: Offensichtlich hat man aufgegeben, ein bestimmtes Konzept zu verfolgen. Konnte man sich vorher nicht entscheiden, die eigene, betont düstere Linie oder die Humor-Variante der Konkurrenz beizubehalten, macht jetzt jeder mehr oder weniger, was er will. Nach dem konventionellen Superheldenfilm Aquaman folgte das unbekümmerte Shazam!, nur um dann mit dem kontroversen Gesellschaftsporträt Joker Geschichte zu schreiben. Eine durchgängige Linie gibt es da nicht. Aber das ist nicht schade, weiß man so doch vorher nie, was einen erwartet.

Jetzt geht es aber erst einmal mit etwas Bewährtem weiter. Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn ist zwar keine direkte Fortsetzung von Suicide Squad, auch wenn es kleine Verweise gibt. Stilistisch knüpft der Film aber durchaus bei dem Erfolgstitel aus dem Jahr 2016 an. Das ist kein Wunder: Während die Reaktionen auf das Antihelden-Kommando sehr gemischt waren, Margot Robbies Auftritt als schlagkräftige, durchgeknallte Harley Quinn sorgte bei den meisten für Begeisterung. Also nahm man die, entfernte den männlichen Rest und fügte stattdessen lauter andere weibliche Figuren hinzu, die trotz sehr unterschiedlicher Auffassungen von der Sinnhaftigkeit von Gesetzen gemeinsam gegen das Verbrechen kämpfen müssen. Oder wenigstens gegen einen Verbrecher, der einzige nennenswerte Mann im Film.

Hier bin ich! Nein, dort, wer da?
Es ist aber nicht allein das Prinzip, dass Figuren mit teils zweifelhaftem Charakter gegen das eindeutige Böse kämpfen, welches übernommen wurde. Auch die Vorliebe für das Schrille und Verspielte wurde beibehalten, sowie der Wille, immer unbedingt cool zu sein, stylisch, ein bisschen schräg und übertrieben, nie um einen markigen Spruch verlegen. Unterstützt wird das betont Lockere durch die bruchstückhafte Erzählstruktur, welche über weite Strecken munter auf der Zeitachse hin und her springt. Erst schießen, dann fragen, heißt die Devise, von der konkreten Action-Sequenz der Gegenwart hüpfen wir munter zur Vorgeschichte und erfahren erst dann, warum da eigentlich wer wie warum was macht. Oder nicht macht.

Das erinnert teilweise frappierend an den kurze Zeit später startenden The Gentlemen. Tatsächlich würde Birds of Prey prinzipiell auch als Werk von Guy Ritchie durchgehen, wenn der sich entschließen würde, seinen Spielplatz von England in die USA zu verlegen und statt der Quotenfrau einen Quotenmann einzufügen. Spaßig ist das durchaus, zumindest in der ersten Hälfte ist die Frauentruppe ebenso schlagkräftig wie schlagfertig, wenn noch jeder gegen jeden kämpft. Und auch die regelmäßigen Meta-Einlagen und die Angriffe auf die vierte Wand bringen einen beträchtlichen Unterhaltungswert mit sich.

Es kann nur eine geben …
Allerdings verlässt sich der Film dann trotz allem zu sehr auf sein Aushängeschild, das im vollständigen Titel prominent hervorgehoben wird. So sehr Robbie in ihrer Rolle aufgeht und als Baseballschläger schwingender Paradiesvogel für gute Stimmung und zerschmetterte Knochen sorgt, so wenig Platz lässt dies den anderen Figuren. Dinah Lance kann ebenso geschickt singen und treten, bleibt aber ohne Persönlichkeit. Die Armbrust-Killerin wird zu spät vorgestellt, um tatsächlich etwas zu bewegen. Renee Montoya ist nicht mehr als der typische Cop in einer solchen Geschichte, was auch innerhalb des Films immer wieder für Spott sorgt. Ein bisschen besser ist da Cassandra Cain, die auf dreiste Weise jeden ausraubt, dem sie begegnet. Dennoch, die Frauentruppe ist trotz hohen körperlichen Einsatzes und sympathischer Diversität letztendlich zu eintönig. Da ist der hier genüsslich dem Overacting frönende Ewan McGregor schon sehenswerter.

Insgesamt hätte dem Film mehr Mut gut getan. Während es bei der Darstellung von Gewalt keine Zurückhaltung gab und die geballte Frauen Power – Regie führte Cathy Yan, das Drehbuch schrieb Christina Hodson (Bumblebee) – sich austoben durfte, das Ergebnis ist nicht so verrückt, nicht so wild, wie man sich das hätte wünschen können. Da wurde zu sehr darauf geachtet, was bewährt und gefragt ist. Das ist grundsätzlich nicht verwerflich, für einen vergnüglichen Abend reicht es. Und wenn Suicide Squad ein Erfolg war, sollte es dieser Film auch sein. Beim dann obligatorischen nächsten Film, der bei Birds of Prey schon einkalkuliert scheint, dürfen alle Beteiligten dann gern aber mal wirklich entfesselt auftreten, anstatt nur so zu tun. Die Raubvögel mehr sein als wild bemalte Tauben.

Credits

OT: „Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Cathy Yan
Drehbuch: Christina Hodson
Musik: Daniel Pemberton
Kamera: Sergey Dyshuk
Besetzung: Margot Robbie, Mary Elizabeth Winstead, Jurnee Smollett-Bell, Rosie Perez, Ella Jay Basco, Ewan McGregor, Chris Messina

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Wer Margot Robbies Auftritt als Harley Quinn in „Suicide Squad“ mochte, für den ist „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ ein Fest. Allerdings wurde die Beförderung der Antiheldin zur Vorzeigeprotagonistin teuer erkauft, die anderen Figuren bleiben zu blass. Und auch der Film selbst ist trotz seiner betont lockeren, verspielten Art nicht wirklich mutig. Spaßig ist der Einsatz der Frauentruppe, auch sympathisch, beim nächsten Mal darf es aber gerne mehr sein.
6
von 10