Connor Reed (Robbie Amell) ist einer der Menschen, die in der nahen Zukunft besondere Kräfte entwickelt haben. Sonderlich glücklich ist er darüber aber nicht. Die Mutanten werden vom Rest gemieden, teils unterdrückt, viele von ihnen ist ein Leben in Armut vorbestimmt, da es ihnen unter allen Umständen verboten ist, ihre Kräfte einzusetzen. Nur mit Mühe kommen er und seine Mutter (Kari Matchett) daher über die Runden. Als diese schwer krank wird und das ohnehin schon knappe Geld vorne und hinten nicht ausreicht, schließt sich Connor der Gang von Marcus Sutcliffe (Greg Bryk) an, der die speziellen Fähigkeiten seiner Männer und Frauen für kriminelle Machenschaften nutzen will …
Wenn das Besondere plötzlich nicht mehr besonders ist: Zwanzig Jahre ist es her, dass X-Men von einer Gesellschaft erzählte, in der übernatürlich begabte Menschen ausgegrenzt werden – die daraufhin zum Gegenangriff übergehen. Während die Hauptreihe in den folgenden zwei Jahrzehnten ein ziemliches auf und ab erlebte, sowohl auf Kassenerfolg wie auch Kritikerresonanz bezogen, und sich letztes Jahr mit Dark Phoenix selbst zu Grabe trug, gibt es im Low- und Mid-Budget-Bereich zahlreiche Werke, welche die Grundidee aufgreifen. Das muss nicht zwangsweise verkehrt sein, Freaks – Sie sehen aus wie wir kombinierte dieses Szenario mit einigen ungewöhnlichen Mystery-Elementen, die zumindest anfangs darüber hinwegtäuschen konnten, dass man das alles schon anderweitig kennt.
Mutanten als billige Arbeitskräfte
Code 8 tut sich in der Hinsicht schon deutlich schwerer. Versucht hat es Regisseur Jeff Chan, der hier seinen Kurzfilm auf Spielfilmlänge ausdehnt, schon. Interessant ist beispielsweise die Idee, dass diese verhinderten Superhelden als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Der Science-Fiction-Thriller geht also über die übliche gesellschaftliche Komponente der Unterdrückung von Minderheiten hinaus, indem er das Szenario mit der Welt des Kapitalismus verbindet. Chan erzählt damit nicht nur von einigen wenigen, sondern zeigt auf, wie Leute systematisch ausgenutzt werden, oft in ihrer Not. In die Verfolgung dieser Leute wird mehr Geld investiert als in deren Unterstützung, ein kaum zu übersehender Kommentar über die derzeitige soziale Schieflage.
Die Idee selbst ist gut. Leider gelingt es Chan und Drehbuchautor Chris Pare jedoch nicht, diese Idee nennenswert weiterzuentwickeln. Code 8 etabliert das alles recht früh, um sich dann aber lieber in die Action-Richtung aufzumachen. Legitim ist das natürlich schon, tatsächlich spannend aber weniger, da der Film letztendlich zu sehr auf ausgetretenen Pfaden herumballert. Das ist dann alles solide umgesetzt, zumal der per Crowdfunding finanzierte Titel ohne großes Budget auskommen musste. Ein Effektspektakel wie bei der Hollywoodvariante braucht man daher nicht zu erwarten, das gibt der bescheidenere kanadische Verwandte einfach nicht her. Das geben aber auch die wenig kreativen Superfähigkeiten nicht her, die sich aus dem üblichen Arsenal wie Feuer, Eis und Elektrizität zusammensetzen.
Ein Niemand mit besonderen Kräften
Erschwerend kommt hinzu, dass nicht sonderlich viel Arbeit in die Figuren investiert wurde. Connor kommt noch vergleichsweise am besten weg, wenn er zumindest in einem Dilemma steckt – ehrlich den Tod der Mutter akzeptieren oder illegal um ihr Leben zu kämpfen. Denn das ist ein Zwiespalt, an dem er mehrfach zu kämpfen hat. Darüber hinaus erfahren wir aber nichts über ihn. Bei den anderen sieht es noch schlimmer aus: Die sind einfach nur da, unterscheiden sich lediglich durch ihre Fähigkeiten oder das Ausmaß der kriminellen Energie. Das ist dann funktional, spannend eher weniger. Für einen Kurzfilm reicht das, bei einem ausgewachsenen Spielfilm sollte man dann aber doch etwas mehr zu bieten haben – siehe das besagte Freaks, das emotional deutlich packender war und die originelleren Kräfte-Szenen hatte.
Und doch, unsympathisch ist Code 8 nicht. Auch wenn aus dem Stoff nicht so viel herausgeholt wurde, dass eine Fortsetzung heiß ersehnt ist, das Fundament stimmt, die Umsetzung an sich ist solide. Innerhalb dieses Rahmens ist einiges möglich, Elemente wie das Psyke tragen dazu bei, dass die Welt einiges hergeben würde, um spannende Geschichten zu erzählen. Es bräuchte dann nur Leute, die dafür die passenden Drehbücher schreiben und eben mehr machen als nach ein bisschen Kontextlieferung nur das Standardprogramm abzuspielen.
OT: „Code 8“
Land: Kanada
Jahr: 2019
Regie: Jeff Chan
Drehbuch: Chris Pare
Musik: Ryan Taubert
Kamera: Alex Disenhof
Besetzung: Robbie Amell, Stephen Amell, Sung Kang, Alex Mallari Jr., Aaron Abrams, Kari Matchett, Greg Bryk
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