Bei den animierten Kurzfilmen, die dieses Jahr für einen Oscar nominiert sind, dominieren die Familienthemen. Das chinesische Sister ist ein erst nostalgischer, dann herzzerreißender Rückblick auf zwei Geschwister, der US-amerikanische Crowdpleaser Hair Love erzählt davon, wie sich Vater und Tochter beim gemeinsamen Frisieren näherkommen. Auch in Daughter geht es um eine solche Konstellation, führt ein Ereignis in der Gegenwart dazu, dass die Tochter auf ihre schwierige Beziehung mit dem Vater zurückblickt.
Visuell beeindruckendes Minidrama
Die Geschichte selbst ist recht überschaubar, mit vielen Leerstellen auch, die das Publikum selbst auszufüllen hat. Daria Kashcheeva, die Regie führte und das Drehbuch schrieb, verzichtet komplett auf Dialoge, lässt die Szenen für sich selbst sprechen. Nicht alles wird dadurch vollständig klar, Daughter funktioniert eher auf einer intuitiven Ebene. Aber auch wenn man nicht ganz genau weiß, was vorgefallen ist, der Film zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her springt, so wird doch grundsätzlich klar, dass es um einen Vater und eine Tochter geht, die sich entfremdet haben und nun am Krankenbett wieder vereint sind.
Eine solche Geschichte kann schnell kitschig werden, wird hier jedoch durch die ungewöhnliche Optik im Zaum gehalten. Kashcheeva nutzt eine Stop-Motion-Technik mit Pappmaschee-Figuren, kombiniert dies jedoch mit einer Handkamera und wechselnden Perspektiven. Da wird durch das Treppenhaus gerannt, wir erhaschen einen flüchtigen Blick durch das Fenster eines fahrenden Zuges. Das hört sich vielleicht nach nichts Besonderem an und ist doch äußerst beeindruckend in der Ausführung. Die tschechische Filmemacherin verleiht Daughter dadurch etwas Dokumentarisches und Rastloses. Aber auch die düstere Atmosphäre und die teils schmutzigen Figuren tragen dazu bei, dass der Kurzfilm visuell einzigartig ist und nicht grundlos von einem Festival zum nächsten weitergereicht wird.
OT: „Dcera“
Land: Tschechische Republik
Jahr: 2019
Regie: Daria Kashcheeva
Drehbuch: Daria Kashcheeva
Musik: Petr Vrba
Kamera: Daria Kashcheeva
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2020 | Bester animierter Kurzfilm | Nominierung |
Annecy 2019
Toronto International Film Festival 2019
Fantoche 2019
Sundance Film Festival 2020
Anima Festival 2020
Filmfest Dresden 2020
Filmschoolfest Munich 2020
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