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Der Mann, der sich Abel nannte

Kritik

„Der Mann, der sich Abel nannte“ // Deutschland-Start: 3. Juni 1966 (TV) // 21. Februar 2020 (DVD)

Schon seit Jahren lebt Rudolf Iwanowitsch Abel (Carl Raddatz) in den Vereinigten Staaten, immer unter anderen Decknamen. Hinter der Fassade des Malers und Fotografen Emil Goldfuß verbirgt sich einer der wichtigsten sowjetischen Spione, der nicht nur Informationen per Mikrofilm an seine Vorgesetzten weitergibt, sondern generell für die Organisation des sowjetischen Agentennetzes verantwortlich ist. Durch seine Position ist er für das sowjetische Militär unentbehrlich geworden, weshalb er zu einem Rapport und einem wohlverdienten Fronturlaub zurück in die Heimat beordert wird. Damit in seiner Abwesenheit alles weiter nach Plan läuft, übergibt er letzte Anweisungen an seinen engsten Vertrauten Hayhanen (Rolf Boysen), der während Abels Urlaub ein Fotogeschäft eröffnen soll, was ihm als Tarnung dienen soll. Anfangs noch stolz auf die Übertragung dieser Aufgabe, gibt Hayhanen dann aber viel von dem Geld einfach aus und vergisst essentielle Teile der Mission. Als Abel sich dann wieder in den Staaten befindet, ahnt Hayhanen, dass er wegen seines Verhaltens ein Dorn im Auge seiner Vorgesetzten geworden ist. Da sich sein Verdacht zu bewahrheiten scheint, beschließt er zu desertieren.

Abel, das Phantom
Es liegt bekanntlich in der Aufgabe eines Spions, seine Spuren zu verwischen und wenig Konkretes über seine wahre Identität preiszugeben. So verhält es sich auch im Falle des Rudolf Iwanowitsch Abel, einem der erfolgreichsten Agenten im Diente der Sowjetunion, der 1962, fünf Jahre nach seiner Verurteilung in den USA, in Berlin gegen einen abgeschossenen US-Piloten eingetauscht wurde. Abels Spionagetätigkeit wie auch der Prozess gegen ihn in den USA war der Ausgangspunkt des Films Ludwig Cremers, der im Rahmen der Reihe „Die großen Spione“ 1966 im ZDF ausgestrahlt wurde.

Dieser als „Spionagekrimi“ angepriesene Streifen ist eigentlich, wie es auch im Vor- und Abspann heißt, ein „Dokumentarspiel“ wie man es schon oft im Fernsehen gesehen hat. Cremers Inszenierung sowie das Drehbuch geschrieben von Maria Matray und Answald Krüger legen Wert auf überlieferte Fakten über Abel und seine Spionagetätigkeit, was nicht zuletzt durch den gelegentlichen Einsatz eines Erzählers betont wird, welcher über wichtige Daten und Ereignisse informiert. Dennoch ist die Faktenlage, wie man als Zuschauer schnell feststellt, schwierig und bietet viele Leerstellen, welche von den Darstellern, allen voran Carl Raddatz, ausgefüllt werden sollen.

Generell zeigt sich der Film von seiner besten Seite, wenn er sich auf das Dokumentarische der Geschichte bezieht. In Zusammenarbeit mit den Darstellern ergibt sich das Bild eines Mannes, der schwer zu fassen ist und der ohne mit der Wimper zu zucken zwischen seinen Identitäten wechseln kann, der kultiviert und gebildet ist, aber von dem auch immer eine Aura der Gefahr ausgeht. Mit einem guten Auge für die Details kreiert Cremers die (Schein-)Welt dieses Menschen sowie seine zahlreichen Verstecke, wobei die hohle Fünf-Cent-Münze wohl eine besondere Erwähnung verdient hat. Passend zu der nüchtern-spröden Inszenierung spielt Raddatz Abel als ein Phantom, einen Menschen, der gelernt hat, andere einzuschätzen und ihre Handlungen zu berechnen.

Die graue Welt der Spione
Immer wieder blickt die Kamera Georg Krausers auf diese graue Welt der Spionage, in der es keine Wahrheiten gibt, sondern sich jeder ein Netz aus Lügen um die eigene Person spinnt. Doch genauso merkt man, wie sich eben jene, die dieses Netz gesponnen haben, sich in ihm verfangen und die Welt zu ihrem Gefängnis wird. Enge Räume, Nahaufnahmen und eine entsprechende Lichtgebung zeigen Menschen, die sich gejagt fühlen, beobachtet und den Gefahren der Welt ausgesetzt. Leider entzieht die spröde Inszenierung dieser Geschichte die Spannungsmomente, die sich aus diesen Themen ergeben hätten.

Credits

OT: „Der Mann, der sich Abel nannte“
Land: Deutschland
Jahr: 1966
Regie: Ludwig Cremer
Drehbuch: Maria Matray, Answald Krüger
Musik: Hans-Martin Majewski
Kamera: Georg Krause
Besetzung: Carl Raddatz, Rolf Boysen, Ida Krottendorf, Heinz Weiss, Harry Riebauer

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„Der Mann, der sich Abel nannte“ ist ein sehr solides Fernsehspiel, auch wenn dem Film für einen Krimi die nötigen Spannungsmomente fehlen. Dank einiger interessanter inszenatorischer Einfälle sowie hervorragende Darsteller bietet der Film einen desillusionierten Blick in die Welt der Spionage und einen aufsehenerregenden Fall.
7
von 10