16 Jahre ist Ian nun. Doch so richtig zum Feiern ist ihm nicht zumute. Egal was er sich auch vornimmt, ob es nun darum geht, endlich Autofahren zu lernen oder ein paar Freunde an seiner Schule zu finden, nichts davon klappt. Vor allem ist aber die Sehnsucht nach seinem Vater groß, den er nie kennenlernen konnte, weil er vor seiner Geburt schon gestorben ist. Da drückt ihm seine Mutter ein Paket in die Hand, das er und sein Bruder Barley erhalten sollten, sobald beide 16 Jahre sind. In dem Paket befindet sich ein Zauberstab sowie eine magische Formel: Wenn sie diese sprechen, würde ihr Vater zurückkommen, wenn auch nur für einen Tag. Ganz so wie gedacht funktioniert der Zauber aber nicht und ehe es sich die beiden versehen, befinden sich die Brüder auf einem Abenteuer, das mit zahlreichen Gefahren verbunden ist …
In den ersten 15 Jahren ihres Bestehens, da galten die Pixar Studios als ein absolutes Ausnahmestudio, das mit technischer Brillanz und ungewöhnlichen Geschichten die Speerspitze der CGI-Animationskunst darstellten. Ihre Filme waren mehr als nur Hits, sie galten oft als Ereignisse, wie man sie in dem Bereich nur selten findet. In den letzten Jahren ist der Ruhm aber zunehmend schwächer geworden. Die neuen Titel waren oft nur gut statt meisterhaft, sofern man überhaupt von neuen Titeln sprechen durfte: Sieben der elf Filme, welche die US-Amerikaner im letzten Jahrzehnt veröffentlicht haben, waren Fortsetzungen oder ein Prequel. Und von den vier Neukreationen wurden nur Alles steht Kopf und Coco – Lebendiger als das Leben als dem reichen Erbe würdig angesehen – zu wenig, um den Ruf bewahren zu können.
Wo ist die Magie hin?
Es ist daher schon ein klein wenig ironisch, wenn mit Onward – Keine halben Sachen nun Film 22 von Pixar ansteht und dieser bedauert, dass es die Magie von einst heute nicht mehr gibt, die Leute nur noch auf Bequemlichkeit setzen. Also die Vorwürfe, die man dem Studio selbst macht. Immerhin, der Einstieg ist witzig. Wenn die Fabelwesen von einst, darunter Elfen, Einhörner, Zentaur oder Trolle in einer ganz gewöhnlichen Welt zusammenleben, Autos fahren, zur Schule gehen und morgens Cornflakes mampfen, dann ist das natürlich schon ein komischer Anblick. Damit einher geht früh das Gefühl eines Verlustes, davon, die wesentlichen Dinge aus den Augen verloren zu haben, auf dem Weg in eine banal-biedere Wohlstandsgesellschaft.
Die Ausnahme: Barley. Ians älterer Bruder hält derart unbeirrt am Glauben an Legenden und Magie fest, dass er zu einer Karikatur eines Rollenspielers geworden ist, weltfremd, laut und grob. Das ist mitunter etwas nervig, in Kombination mit dem schüchternen Hasenfuß jedoch geht das. Die beste Figur im Film ist ohnehin die von Corey, einem mächtigen Mantikor, der heute ein deutlich geruhsameres Leben führt. Insgesamt ist die Zahl an Charakteren aber überschaubar. Sie bleiben auch nur deshalb in Erinnerung, weil sie eben den Märchen, Legenden und Sagen entnommen sind. Lässt man einmal außen vor, dass es sich um Fabelwesen handelt, sind sie schon sehr gewöhnlich.
Der Zauber aus dem Katalog
Das muss man dann insgesamt leider auch über Onward – Keine halben Sachen insgesamt sagen: Für einen Film, der so viel Wert auf Fantasie legt und sich unentwegt damit schmückt, ist er selbst eher fantasielos geraten. Überraschungen gibt es im Laufe der rund 100 Minuten kaum welche, die meisten Entwicklungen kündigen sich so früh an, dass man sie schon vergessen hat, bevor sie rum sind. Der Mut, der von Ian eingefordert wird, den bleibt Regisseur und Co-Autor Dan Scanlon (Die Monster Uni) selbst schuldig. Er hält sich lieber an das, was bewährt ist, sei es aus dem eigenen Haus oder dem der Konkurrenz, sammelt unterwegs die Erkenntnisse ein, die andere längst hatten, und präsentiert sie als etwas vermeintlich Neues.
Doch das heißt nicht zwangsläufig, dass der neue Pixar-Film misslungen ist. Tatsächlich ist er sogar gut. Eine Reihe von Gags sitzen, die Bilder sind sehr schön, am Ende gibt es zumindest eine kleinere Überraschung, die zu Herzen geht. Überhaupt, da ist schon einiges dabei, das rührend ist, wenn der Film mit der Zeit zu einer Liebeserklärung an die Familie wird. Sofern man dafür empfänglich ist, darf man hier sicherheitshalber ein paar Taschentücher bereithalten. Onward – Keine halben Sachen ist nicht nur eine Erinnerung daran, wieder an die Magie im Alltag zu glauben, sich ein bisschen mitreißen zu lassen, sondern fordert dazu auf, genauer hinzuschauen und das um uns herum zu erkennen, was wirklich wertvoll ist.
OT: „Onward“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Dan Scanlon
Drehbuch: Dan Scanlon, Jason Headley, Keith Bunin
Musik: Mychael Danna, Jeff Danna
Animation: Pixar
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